Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Lotheißen; Lothian; Lothringen

923

Lotheißen - Lothringen.

der Hand des von ihm mit Waffengewalt zurückgeführten Papstes Innocenz II. erhielt und die Mathildischen Erbgüter von demselben zu Lehen nahm. Unterdessen hatte Heinrich der Stolze die hohenstaufischen Brüder Friedrich und Konrad III. mit solchem Erfolg bekriegt, daß ersterer auf dem Reichstag zu Bamberg 18. März 1135 und letzterer auf dem Fürstentag zu Mühlhausen 30. Sept. sich dem Kaiser L. unterwarfen. Die Herrschaft über die slawischen Fürsten an der Ostsee von der Elbe bis zur polnischen Grenze hatte er durch die Besiegung der Obotriten und Liutizen (1131), durch die Beförderung der Missionen daselbst und durch die Erteilung der Nordmark an den tapfern Albrecht den Bären 1134 fest begründet. Auch mußte Herzog Boleslaw von Polen ihm wegen Pommern und Rügen 1135 huldigen, und Erich von Schleswig empfing in demselben Jahr zu Magdeburg aus Lothars Händen die dänische Königskrone als Lehen. 1136 zog L. zum zweitenmal über die Alpen, unterwarf die lombardischen Städte, hielt einen glänzenden Reichstag auf den Roncalischen Gefilden (6. Nov.), vertrieb König Roger aus Unteritalien, wurde aber an der gänzlichen Unterwerfung dieses Landes durch eine Meuterei des Heers und einen Streit mit dem undankbaren Innocenz II. gehindert. Auf seiner Rückkehr aus Italien überraschte ihn der Tod in einer Alpenhütte zu Breitenwang bei Reutte in Tirol 4. Dez. 1137. Sterbend belehnte er seinen Schwiegersohn Heinrich mit dem Herzogtum Sachsen und überreichte ihm die Reichsinsignien. L. liegt begraben zu Königslutter im Braunschweigischen in dem von ihm daselbst gestifteten Kloster. Vgl. Jaffé, Geschichte des Deutschen Reichs unter L. dem Sachsen (Berl. 1843); Bernhardi, Jahrbücher des Deutschen Reichs unter L. von Supplinburg (Leipz. 1879).

3) L. II., fränkischer König, zweiter Sohn von L. 1) und seiner Gemahlin Irmengard, erhielt bei des erstern Abdankung 855 die Lande zwischen Rhein, Maas und Schelde nebst Friesland, welche von ihm den Namen Lotharingien (Lothringen) bekamen. 863 teilte er mit seinem Bruder Kaiser Ludwig II. das Erbe seines Bruders Karl, die burgundischen Lande. Seine Stellung zwischen den feindlichen Oheimen Ludwig dem Deutschen und Karl dem Kahlen war eine schwierige. Sinnlich wie sein Vater, zog er sich auch noch einen Ehestreit zu, der sein Ansehen völlig untergrub. Er verstieß nämlich seine Gemahlin Theutberga, die Schwester des Grafen Hucbert von St.-Maurice, mit der er sich 855 vermählt, 857 unter schändlichen Beschuldigungen, um Waldrada, mit welcher er vor seiner Ehe gelebt, zu heiraten, und ließ sich unter Zustimmung seiner Geistlichkeit auf einer Synode zu Aachen 862 mit Waldrada trauen. Papst Nikolaus I. zwang ihn durch Drohung mit dem Bann, 865 sich mit Theutberga auszusöhnen; indes die Unterwerfung Lothars war nur eine äußerliche, und durch die größten Demütigungen suchte er vom Papste die Trennung der kinderlosen Ehe mit Theutberga und die Anerkennung der Kinder Waldradas zu erlangen. Noch bevor er dies erreicht, starb er auf der Rückreise von Italien 8. Aug. 869 in Piacenza. Da er keine legitimen Erben hinterließ, teilten sich Karl der Kahle und Ludwig der Deutsche in sein Reich.

4) König von Frankreich, geb. 941 zu Laon, Sohn Ludwigs IV., des Überseeischen (d'Outre-mer), und Gerbergas, Tochter Heinrichs I. von Deutschland, wurde 952 zum Mitregenten angenommen und nach dem Tod seines Vaters 954 von Hugo d. Gr., der dafür das Herzogtum Aquitanien erlangte, zum alleinigen König eingesetzt. Mündig geworden, führte er unglückliche Kriege gegen Richard, Grafen der Normandie, und andre Große. 965 vermählte er sich mit Kaiser Ottos Stieftochter Emma, Tochter Lothars von Italien. Als Unruhen in Lothringen nach Ottos I. Tod ausbrachen und Aussicht auf Erwerb des Herzogtums vorhanden schien, überfiel L. 978 Otto II. in Aachen; doch entkam dieser und rächte sich für die von L. angerichteten Verwüstungen durch seinen Verheerungszug bis in die Vorstädte von Paris im Spätherbst 978. Auf einer Zusammenkunft mit Otto in Chiers 980 entsagte L. allen Ansprüchen auf Lothringen. Er starb 986. Ihm folgte sein Sohn Ludwig V., der Faule, unter Leitung Hugo Capets.

5) König von Italien, Sohn König Hugos von Niederburgund, erhielt von diesem, als er 945 aus Italien flüchtete, dies Königreich abgetreten und wurde auch 946 in Mailand von den Großen als König anerkannt. 947 vermählte er sich mit der Tochter Rudolfs II. von Burgund, Adelheid, starb aber schon 22. Nov. 950 in Turin, wie gesagt wurde, vergiftet von Berengar von Ivrea.

Lotheißen, Ferdinand, kulturhistor. Schriftsteller, geb. 20. Mai 1833 zu Darmstadt, studierte in Göttingen und Berlin klassische Philologie, wurde 1859 als Gymnasiallehrer in Büdingen angestellt und ging 1863 nach Genf, um die Mitdirektion einer großen Unterrichtsanstalt zu übernehmen. Seitdem widmete er sich mit besonderer Vorliebe dem Studium der französischen Litteratur, machte zu Studienzwecken häufige und längere Reisen in die verschiedenen Teile Frankreichs und wurde 1870 als Professor an eine Oberrealschule in Wien berufen, wo er zugleich Dozent für moderne französische Sprache und Litteratur sowie Vorstand des französischen Seminars an der Universität ist. Er veröffentlichte: "Litteratur und Gesellschaft in Frankreich zur Zeit der Revolution 1789-94" (Wien 1872); "Geschichte der französischen Litteratur im 17. Jahrhundert" (das. 1778-84, 4 Bde.); "Molière, sein Leben und seine Werke" (Frankf. 1880); "Königin Magarete ^[richtig: Margarethe] von Navarra" (Berl. 1885); "Zur Sittengeschichte Frankreichs." (Leipz. 1885).

Lothian (spr. lóh-), Landschaft in Schottland, die Grafschaften von Linlithgow, Edinburg und Haddington umfassend, die auch als West-, Mid- und Eastlothian bekannt sind.

Lothringen, Bezirk des deutschen Reichslandes Elsaß-L., umfaßt 6222 qkm (113 QM.) und hat (1885) 488,905 Einw., überwiegend Katholiken und etwa 180,000 französischen Sprachstammes. Er besteht aus den acht Kreisen: Bolchen, Château-Salins, Diedenhofen, Forbach, Metz (Stadt), Metz (Landkreis), Saarburg und Saargemünd. Weiteres s. Elsaß-Lothringen (mit Karte). Vgl. Lang, Der Regierungsbezirk L. (Metz 1874); Huhn, Deutsch-L., Landes-, Volks- und Ortskunde (Stuttg. 1875); This, Die deutsch-französische Sprachgrenze in L. (Straßb. 1887).

Lothringen (franz. Lorraine), ehemals ein deutsches Herzogtum, war zu verschiedenen Zeiten von sehr verschiedenem Umfang. Die selbständige Geschichte des Landes beginnt mit Lothar II., Sohn des Kaisers Lothar I., der 855 in der Teilung mit seinen Brüdern Ludwig und Karl Austrasien, also das eigentliche L. des spätern Mittelalters, Elsaß und Friesland, im allgemeinen das Land vom Rhein bis jenseit der Maas, im NW. bis zur Schelde, erhielt. Nach Lothars Tod (869) bemächtigte sich Karl der Kahle des Landes und ließ sich zum König krönen. Ludwig der Deutsche nötigte jedoch Karl im Vertrag von Mersen 8. Aug. 870, den östlichen, bei weitem größern Teil von L. und Friesland an Deutsch-^[folgende Seite]