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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Prasnysch - Prätigau.

Paris, vermählte sich 1824 mit der Tochter des Marschalls Sébastiani, die ihm ein bedeutendes Vermögen zubrachte. Als dieselbe 17. Aug. 1847 in ihrem Haus im Faubourg St.-Honoré zu Paris ermordet gefunden ward, fiel der Verdacht der Thäterschaft bald auf den Herzog selbst, welcher deshalb 21. Aug. nach dem Luxembourg abgeführt ward, um vom Pairsgerichtshof abgeurteilt zu werden, hier aber 24. Aug. infolge genommenen Gifts starb. In der That ist die Schuld Praslins festgestellt: er ermordete seine Gattin, die ihn leidenschaftlich liebte, der Gouvernante seiner Kinder, Henriette Deluzy-Desportes, wegen; daß sein Selbstmord (oder, wie man damals sagte, seine Flucht) ihn der gerechten Strafe entzog, machte die öffentliche Meinung der Juliregierung zum Vorwurf und schädigte deren Autorität im höchsten Grad. Gegenwärtiges Haupt der Familie ist sein Sohn Gaston Louis Philippe, Herzog von Choiseul-P., geb. 7. Aug. 1834.

Prasnysch, Kreisstadt im russisch-poln. Gouvernement Plozk, an der Wengierka, hat Tuch- und Lederfabrikation, Ochsenmärkte und (1885) 8025 Einw.

Prästabel (lat.), leistbar; leistungsfähig.

Prästabilierte Harmonie (Prästabilismus, Harmonia praestabilita), bei Leibniz die Hypothese, daß Gott als die unendliche Monas alle endlichen Monaden, aus denen die Erscheinungswelt zusammengesetzt ist, zu einer durchaus harmonischen Reihe von Veränderungen von Ewigkeit her voraus bestimmt habe, worauf insbesondere auch die Verbindung von Geist und Körper zurückgeführt werden müsse. Vgl. Leibniz.

Prästant, in der Orgel s. v. w. Prinzipal 4 Fuß.

Prästanz (lat.), Vorzüglichkeit, würdevolles Ansehen; Vorsitz, Vorrang; Leistungsfähigkeit.

Prästieren (lat.), etwas leisten, eine Obliegenheit erfüllen; Prästation, Leistung.

Prästigien (lat. praestigiae), Gaukeleien, Blendwerk (vgl. Prestige); Praestigiator, bei den Römern Gaukler, Taschenspieler.

Prästö, dän. Amt, den südöstlichen Teil Seelands, die Inseln Möen, Bogö etc. umfassend, 1675 qkm (30,4 QM.) mit (1880) 101,169 Einw. Die gleichnamige Hauptstadt, an der Südostküste Seelands, hat (1880) 1460 Einw.

Präsumtion (lat.), Voraussetzung, Annahme von etwas Unbekanntem oder Zukünftigem aus bloßen Gründen der Wahrscheinlichkeit. Daher präsumtiv, was wahrscheinlich oder unter gewissen vorausgesetzten Bedingungen eintreten wird, wie ein präsumtiver Thronerbe. In der Rechtssprache versteht man unter P. die Annahme einer an sich nur wahrscheinlichen Thatsache als juristisch gewiß, solange das Gegenteil nicht bewiesen ist (Rechtsvermutung, praesumtio juris, im Gegensatz zur praesumtio facti s. hominis, der bloßen Wahrscheinlichkeit). Ist z. B. die Entstehung eines Rechtsverhältnisses zugestanden oder erwiesen, so spricht die gesetzliche P. für die Fortdauer desselben. Macht also jemand eine Schuldforderung geltend, so braucht er nur die Entstehung und Begründung derselben nachzuweisen; die Fortdauer des Schuldverhältnisses wird "präsumiert", wofern nicht der Schuldner die Tilgung der Schuld durch Zahlung, Erlaß etc. darthut. Ausnahmsweise wird sogar im gemeinen Recht eine an und für sich bloß wahrscheinliche Thatsache kraft gesetzlicher Bestimmung in der Weise für juristisch gewiß erachtet, daß selbst der Gegenbeweis ausgeschlossen ist (praesumtio juris et de jure). P. von sich selbst, s. v. w. Eigendünkel. Präsumieren, vermuten, als juristisch gewiß annehmen.

Prätendieren (lat.), beanspruchen; Prätendent, jeder, der auf etwas Anspruch erhebt; insbesondere ein Prinz, welcher wirkliche oder vermeintliche Erbansprüche auf einen vorenthaltenen Thron geltend zu machen sucht.

Praeteritio (lat.), rhetorische Figur, s. Paralipse; im Rechtswesen s. v. w. Enterbung.

Praeteritum (lat.), in der Grammatik Bezeichnung für die "vergangene" Zeit; s. Verbum.

Prätermittieren (lat.), vorbeilassen, übergehen, unterlassen; Prätermission, Übergehung.

Praeter propter (lat.), s. v. w. ungefähr, etwa.

Prätext (lat.), Vorwand.

Praetexta (lat.), s. Toga.

Praetextata fabula (lat.), s. Fabula.

Prati, Giovanni, ital. Lyriker, geb. 27. Jan. 1815 zu Dasindo unfern Trient als Sohn eines altadligen Grundbesitzers, bezog 1830 die Universität zu Padua, um sich dem Studium der Rechte zu widmen, erlangte auch die Doktorwürde, verzichtete aber auf die Praxis, um in der Heimat seinen poetischen Neigungen zu folgen. Als er nach fünfjähriger Ehe seine jugendliche Gattin durch den Tod verloren, ging er, um sich zu zerstreuen, wieder nach dem ihm lieb gewordenen Padua und schrieb hier, angeregt durch ein damals vielbesprochenes Ereignis (die unglückliche Liebe der Schwester des nachmaligen Diktators Manin zu Venedig), die rührende Erzählung "Edmenegarda", ein Gedicht in Byrons Manier, das ungeheuern Erfolg hatte und den jungen Poeten mit Einem Schlag an die Spitze der lyrischen Talente Italiens brachte. Nun ging P. nach Mailand, später nach Turin (1843), wo er zu dem König Karl Albert in persönliche Beziehungen trat und mit der Begeisterung seines feurigen Naturells sich zum Verkündiger der großen Mission des savoyischen Königshauses machte. Inzwischen folgte der "Edmenegarda" eine Sammlung lyrischer Gedichte (Mail. 1843), originelle Kunstbriefe unter dem Titel: "Lettere a Maria" (1843), "Nuovi canti" (1844, 2 Bde.), 100 Trauersonette: "Memorie e lagrime" (1844), die erzählende Dichtung "Vittore Pisani" und die "Passegiate solitarie" (1847), Werke, welche die Popularität des Dichters als des begabtesten Lyrikers seiner Zeit befestigten. Dem Erwachen des nationalen Geistes und den Kämpfen desselben von 1848 bis 1860 zollte P. seinen Tribut mit wirkungsvollen Tendenzgedichten; doch ging die schwärmerische, ein wenig von nordischer Träumerei angehauchte Natur des südtirolischen Poeten aus den Schranken bloß ideeller Bethätigung an jenen Kämpfen nicht hinaus. Nach den Revolutionsjahren bot P. neue lyrische Spenden: "Nuove poesie" (1856, 2 Bde.), das interessante satirische Gedicht "Satana e le Grazie" (1855) sowie Episches: "Conte Riga" (1856), "Rodolfo" (1858) und den besonders erfolgreichen "Ariberto" (1860); ferner: "I due sogni" (1861), die poetische Erzählung "Armando" (1868), den Sonettenkranz "Psiche" (1876) u. einen Band vermischter Poesien unter dem Titel: "Iside". P. starb 9. Mai 1884 in Rom als Mitglied des Consiglio superiore des Unterrichtsministeriums. Seine Werke sind häufig aufgelegt, auch mehrmals teilweise gesammelt worden, unter anderm in "Opere edite ed inedite di G. P." (Mail. 1862-65, 5 Bde.). Vgl. De Gubernatis, Giovanni P. (Turin 1861).

Prätigau (roman. Val Pratens, "Wiesenthal"), das Alpenthal der Lanquart in Graubünden, nach dem Rheinthal durch die schmale Felsenpforte der Klus geöffnet, ein herrliches, aber enges Thalgelände,