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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Rolandssäulen - Rolle.

dichts ist im wesentlichen folgender: Kaiser Karl d. Gr. von einem Engel gemahnt, zieht nach Spanien gegen die Heiden. Fast das ganze Land ergibt sich ihm bis auf Saragossa, wo König Marsilie thront. Auf seines Neffen Roland Rat sendet Karl dessen Stiefvater Genelun als Abgeordneten an den königlichen Gegner. Genelun, hinter Rolands Vorschlag schlimme Absicht vermutend, beschließt, jenen zu verderben. Er rät dem Heidenkönig, sich scheinbar dem Kaiser zu unterwerfen, um dann seine Feinde desto sicherer zu vernichten, heuchelt bei Karl guten Erfolg der Botschaft und überredet ihn, abzuziehen und Roland als Statthalter im eroberten Land zurückzulassen. Die Absicht gelingt. Roland, zurückgeblieben mit dem Kreuzheer, wird im Thal Roncesvalles von den Heiden verräterisch überfallen. In furchtbarem Kampf thut er mit seinem Schwert Durendart, seinen Freund Olivier und den Erzbischof Turpin zur Seite, Wunder der Tapferkeit, erliegt aber der Übermacht. In der höchsten Not stößt er in sein elfenbeinernes Heerhorn Olifant, daß der Schall das mächtige Getümmel der Schlacht weit übertönt und bis zum fernen Kaiser dringt. Eilig zieht dieser herbei, doch zu spät; er trifft seine Paladine als Leichen, unterwirft die Heiden im Kampf und rächt dann den Verrat an Genelun, welcher zu Aachen, wie der Schluß des Gedichts berichtet, von Pferden zerrissen wird. Das R. bleibt in der Form hinter den bedeutendern epischen Erzeugnissen einer spätern Zeit zurück, ist aber reich an gewaltigen, echt volksmäßigen Zügen; die Glaubensfreudigkeit der Zeit spricht sich darin in oft großartiger Lebendigkeit aus. Ein Bruchstück des Gedichts wurde zuerst in Schilters "Thesaurus antiquitatum teutonicarum", Bd. 2 (Ulm 1727), veröffentlicht. Vollständige Ausgaben besorgten W. Grimm (mit Einleitung über die Geschichte der zu Grunde liegenden Sage, Götting. 1838) und Bartsch (Leipz. 1874). Das Gedicht des Pfaffen Konrad erfuhr um 1250 durch den Stricker (s. d.), einen österreichischen Dichter, welcher dabei jedoch auch noch französische Gedichte über Karl d. Gr. benutzte, eine verbreitende und poetisch abschwächende Bearbeitung, welche unter dem Titel: "Karl" bekannt ist und sich gleichfalls bei Schilter findet (hrsg. von Bartsch, Quedlinb. 1857). Eine treuere Umarbeitung enthält das dem Anfang des 14. Jahrh. angehörende, in niederfränkischer Sprache geschriebene cyklische Gedicht "Karlmeinet" (hrsg. von Keller, Stuttg. 1858). Vgl. W. Wald, Über Konrad, den Dichter des deutschen Rolandsliedes (Halle 1879).

Rolandssäulen (Rulandssäulen, Rutlandsbilder), roh gearbeitete Bildsäulen von Stein, die sich in norddeutschen Städten, besonders in Niedersachsen, Holstein und der Mark Brandenburg, z. B. in Wedel, Müchel, Bremen, Halle, Nordhausen, Magdeburg, Brandenburg, Perleberg, Zerbst, Stendal etc., finden und gewöhnlich einen geharnischten oder manteltragenden, aber barhäuptigen Mann mit dem Schwert in der Hand darstellen. Wahrscheinlich waren sie bei dem altsächsischen Stamm Zeichen der befriedeten oder eingegrenzten Ding- oder Gerichtsstätten. Auch erscheinen sie nicht selten als Symbole städtischer Freiheit, namentlich als Zeichen des Blutbanns. Der Name wurde wohl erst später mit dem Helden Roland der Karlssage in Beziehung gesetzt. Vgl. Deneken, Die Rolandssäule in Bremen (Brem. 1828); Stappenbeck, Über die R. (in den "Märkischen Forschungen", Bd. 4, Berl. 1847); Zöpfl, Altertümer des Deutschen Reichs etc., Bd. 3 (Leipz. 1861); L. Schneider, Der Roland von Berlin (Berl. 1878).

Rolandswerth, Dorf im preuß. Regierungsbezirk Koblenz, Kreis Ahrweiler, in herrlicher Gegend am Rhein und an der Linie Kalscheuren-Bingerbrück der Preußischen Staatsbahn (Bahnhof Rolandseck), hat Weinbau, mehrere Villen und (1885) 459 Einw. Dazu die Rheininsel R. oder Nonnenwerth mit einem 1122 gegründeten, 1802 aufgehobenen Nonnenkloster, seit 1850 mit Damenpensionat unter Leitung von Franziskanerinnen; die östlich liegende Insel Grafenwerth gehört zu Honnef. Über R. auf einem Basaltfelsen die Ruinen des 1120 vom Erzbischof Friedrich I. von Köln erneuerten Schlosses Rolandseck; mit prachtvoller Aussicht auf das Siebengebirge. Vgl. Floß, Das Kloster R. (Köln 1868).

Rolin-Jacquemyns (spr. roläng-schack'mäng), Gustave, belg. Politiker, geb. 31. Jan. 1835 zu Gent, studierte die Rechte, erwarb sich die juristische Doktorwürde und ließ sich in seiner Vaterstadt als Advokat nieder. Gleichzeitig widmete er sich wissenschaftlichen Studien. Er schrieb: "Des partis et de leur situation actuelle en Belgique" (Brüss. 1864), "De la réforme électorale" (das. 1865), gab mit Osser und Westtake die "Archives de droit international et de législation comparée" (das. 1874 ff.) und als Generalsekretär des Instituts für Völkerrecht dessen "Annuaire" heraus. Die Akademie der Wissenschaften zu Brüssel ernannte ihn hierfür zu ihrem Mitglied. Nachdem er 1878 als liberaler Kandidat in Gent zum Deputierten gewählt worden war, erhielt er in dem neugebildeten liberalen Kabinett das Ministerium des Innern, das er bis 1884 bekleidete.

Rolla, Dorf im nordamerikan. Staat Missouri, Grafschaft Phelps, 150 km südwestlich von St. Louis, mit Hochöfen, Bergbauschule und (1880) 1582 Einw.

Rolla, Alessandro, ital. Violinspieler und Komponist, geb. 22. April 1757 zu Pavia, war lange Zeit als Musikdirektor am Scalatheater sowie als Lehrer am Konservatorium in Mailand thätig und starb dort 15. Sept. 1841. Er veröffentlichte Quartette, Solo- und Studienwerke sowohl für Violine als für Bratsche, welche sich durch Gelegenheit des Inhalts und Formvollendung vor vielen andern Arbeiten dieser Gattung vorteilhaft auszeichnen. - Sein Sohn Antonio R., geb. 18. April 1798 zu Parma, gleichfalls ein bedeutender Violinvirtuose, war seit 1823 Konzertmeister an der königlichen Kapelle zu Dresden, wo er 19. Mai 1837 starb.

Rollaffe, s. v. w. Rollschwanzaffe.

Rollansas, s. v. w. Hulman, s. Schlankaffe.

Rollatlas, schwerer seidener Atlas, der sich an den Enden von selbst aufrollt.

Rollblei, s. Bleiblech.

Rollbrücke, bei Festungswerken eine Brücke, deren beweglicher Teil mittels Rollen auf den stehenden Teil zurückgeschoben werden kann. Vgl. Brücke, IV.

Rolldistel, s. Eryngium.

Rolle, eine der sechs einfachen Maschinen oder mechanischen Potenzen, besteht aus einer kreisförmigen, in einem Gehäuse, dem Kloben, drehbar angebrachten Scheibe, um welche ein Seil gelegt wird, so daß ein an dem einen Seilende in der Richtung desselben ausgeübter Zug sich über die R. hinweg auf das andre Seilende in entsprechend veränderte Richtung fortpflanzt. Man unterscheidet feste und bewegliche (lose) Rollen. Bei der festen R. (Fig. 1, S. 895) sind beide Seilenden a u. b lose, dagegen der Kloben c der R. d an irgend einem Gegenstand befestigt, so daß bei genügend starkem Ziehen am Ende b das am andern Ende hängende Gewicht Q gehoben wird, während die R. d nur um ihren feststehenden Mittelpunkt rotiert. Es