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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Rückenschlächtig; Rückenschmerz; Rückenschwimmer; Rückenwirbel; Rückert

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Rückenschlächtig - Rückert.

Rückenschlächtig heißen Wasserräder, bei denen das Wasser in die zwischen Mitte und Scheitel liegenden Zellen eintritt.

Rückenschmerz, ein Symptom der verschiedenartigsten Krankheiten, deren Beurteilung in jedem Fall nur auf Grund genauer ärztlicher Untersuchung möglich ist. Vgl. Nervenschmerz, Rheumatismus, Spinalneuralgie.

Rückenschwimmer, s. Wanzen.

Rückenwirbel, s. Wirbelsäule.

Rückert, 1) Friedrich, hervorragender deutscher Dichter, wurde 16. Mai 1788 zu Schweinfurt geboren, von wo sein Vater, ein Rentbeamter, 1792 nach dem Dorf Oberlauringen in Unterfranken versetzt ward. Die Eindrücke seiner dort verlebten Frühjugend hat R. in dem 1829 entstandenen Cyklus "Erinnerungen aus den Kinderjahren eines Dorfamtmannssohns" in poetisch-humoristischen Genrebildern dargestellt. Nachdem er auf der lateinischen Schule zu Schweinfurt die akademische Vorbildung erhalten, bezog er 1805 zum Studium der Rechte die Universität Würzburg, wo er bis 1809 verweilte, sich jedoch bald ausschließlich den Studien hingab, zu denen ihn sein innerster Beruf zog: philologischen und ästhetischen, von denen er erstere in solcher Ausdehnung trieb, daß er später von sich selbst sagen durfte: "Mir lebt jede Sprache, die Menschen schreiben". Nach einer kurzen Verfolgung der Dozentenlaufbahn in Jena (seit 1811) und nach einem darauf in Hanau unternommenen, aber gleichfalls bald abgegebenen Anlauf, als Gymnasiallehrer zu wirken (vgl. Duncker, F. R. als Professor am Gymnasium zu Hanau, 2. Aufl., Wiesb. 1880), zog sich R. für eine Weile ganz von amtlicher Thätigkeit zurück, ließ sich als Privatgelehrter zu Würzburg nieder und lebte in den nächsten Jahren teils hier, teils in Hildburghausen, teils wieder im Elternhaus. An den großen Kämpfen der Befreiungsjahre nahm er durch die "Geharnischten Sonette" und kriegerische "Spott- und Ehrenlieder" Anteil, welche zuerst in den "Deutschen Gedichten" von Freimund Reimar (Heidelb. 1814) hervortraten. Die poetisch-idyllische Existenz, welche der Dichter führte, mancherlei Herzenserlebnisse in Leid und Freud' förderten seine poetische Fruchtbarkeit. Die Cyklen: "Agnes", "Amaryllis" u. a., welche später veröffentlicht wurden, entstanden schon in dieser Zeit. 1815 ging R. auf Anregung des Ministers v. Wangenheim nach Stuttgart, wo er die Redaktion des poetischen Teils des Cottaschen "Morgenblatts" übernahm, den "Kranz der Zeit" (Stuttg. 1817) und "Napoleon, eine politische Komödie in zwei Stücken" (das. 1816-1818) erscheinen ließ und sich mit dem Plan einer Reihe von Hohenstaufenepopöen trug, den er später jedoch fallen ließ. Im Herbst 1817 reiste der Dichter nach Italien, wo er den größten Teil seiner Reisezeit in fruchtbarem Verkehr mit den deutschen Künstlern zu Rom verbrachte, und kehrte 1819 über Wien in die Heimat zurück. Hier wohnte er während der nächsten Jahre abwechselnd bei seinen Eltern zu Ebern in Franken, zu Koburg, Nürnberg und an andern Orten, bis ihm durch seine Verheiratung (mit Luise Wiethaus-Fischer, der Tochter des Archivars Fischer) in Neuses bei Koburg ein stilles und anmutiges Poetenasyl beschieden wurde, in welchem er den größten Teil seiner spätern Tage verlebte. 1826 folgte er einem Ruf als Professor der orientalischen Sprachen u. Litteraturen nach Erlangen (vgl. Reuter, F. R. in Erlangen, Hamb. 1888). Seine Muse wie seine wissenschaftlichen Studien hatten sich inzwischen, hauptsächlich auf Anregung Joseph v. Hammers, dem Orient mit Vorliebe zugewendet. Als Ergebnisse dieser Studien traten zunächst seine Dichtungen "Östliche Rosen" (Leipz. 1822) hervor; dann folgten "Die Verwandlungen des Abu Seid von Serug oder die Makamen des Hariri" (Stuttg. 1826, 7. Aufl. 1878); "Nal und Damajanti, eine indische Geschichte" (Frankf. 1828, 5. Aufl. 1874); "Hebräische Propheten", übersetzt und erläutert (Leipz. 1831); "Schiking, chinesisches Liederbuch, gesammelt von Confucius, dem Deutschen angeeignet" (Altona 1833); "Sieben Bücher morgenländischer Sagen und Geschichten" (Stuttg. 1837, 2 Bde.); "Erbauliches und Beschauliches aus dem Morgenland" (Berl. 1837-38, 2 Bde.); "Rostem und Suhrab", Heldengeschichte in 12 Büchern (Erlang. 1838; 2. Aufl., Stuttg. 1846), "Brahmanische Erzählungen" (Leipz. 1839; daraus als Sonderabdruck "Sawitri", das. 1866); "Leben Jesu, Evangelienharmonie in gebundener Rede" (Stuttg. 1839); "Amrilkais, der Dichter und König" (das. 1843); "Hamâsa, oder: Die ältesten arabischen Volkslieder, gesammelt von Abu Temmâm, übersetzt und erläutert" (das. 1846, 2 Bde.) u. a. Nach Friedrich Wilhelms IV. Thronbesteigung in Preußen wurde R. 1841 nach Berlin berufen, wo er, sich wenig heimisch fühlend, mit häufigen Unterbrechungen bis 1848 wohnte, um dann auf immer nach seinem Ruhesitz in Neuses zurückzukehren. In den Jahrzehnten vor und nach der Berufung in die preußische Residenz blieb der Dichter, wovon seine "Haus- und Jahreslieder" Zeugnis ablegten, gleich produktiv. Seinem Volk wurde er durch die schönsten seiner Gedichte, namentlich durch die Lieder des 1821 entstandenen "Liebesfrühlings" (Sonderabdruck, Frankf. 1844; 14. Aufl. 1888) und das tiefsinnige und reiche Lehrgedicht "Die Weisheit des Brahmanen" (Leipz. 1836-39, 6 Bdchn.; 12. Aufl. 1886), beständig teurer. Von geringer Bedeutung sind und darum fast völlig unbekannt blieben die dramatischen Versuche des Dichters: "Saul und David" (Stuttg. 1844); "Herodes der Große" (das. 1844); "Kaiser Heinrich IV." (Frankf. 1844, 2 Tle.) und "Cristofero Colombo" (das. 1845). Nach ruhigem, an Ehren reichem Alter starb der Dichter 31. Jan. 1866 in Neuses, wo ihm 1869 ein Denkmal (Kolossalbüste von Conrad) errichtet ward. Rückerts Bedeutung liegt in der seltenen Verbindung unmittelbarster, tief aus dem Herzen quellender Lyrik und lehrhafter Beschaulichkeit, so zwar, daß er, beide Gebiete beherrschend, auf beiden eine Fülle der Produktion entfaltet hat. Allen Rückertschen Gedichten eigentümlich sind der Gedankenreichtum u. die unvergleichliche Sprachgewalt. Die Gabe poetischer "Sinnigkeit", das Vermögen, in großen und kleinen Dingen dieser Welt die lebendige Idee zu schauen, haben wenige Dichter in gleichem, hat wohl keiner in reicherm Maß besessen als R. und wiederum in Bezug auf die Fähigkeit, die mit dem Auge der Seele erschauten Ideen in das Gewand der Sprache mannigfaltig einzukleiden, findet sich unter allen Poeten der europäischen Litteratur schwerlich einer seinesgleichen; in sprachlicher Meisterschaft dürften ihm nur die durch den Reichtum und die Fülle ihrer Sprachformen dem deutschen Dichter gegenüber begünstigtern orientalischen zu vergleichen sein. Beide Eigenschaften, der Ideenreichtum und die Sprachvirtuosität, in ihrer Vereinigung erklären die große Fruchtbarkeit Rückerts. Diese entfaltet sich in fast jeder der von dem Dichter versuchten poetischen Gattungen, zumeist aber in der eigentlichen Reflexionsdichtung, wie denn die "Weisheit des Brahmanen" allein schon eine wahrhaft unermeßliche Fülle geistvoller und tiefsinniger Gedan-^[folgende Seite]