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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Siebenjähriger Krieg

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Siebenjähriger Krieg.

wurde, begann er den Krieg, indem er 29. Aug. mit 60,000 Mann die sächsische Grenze überschritt.

Sein Plan war, auf diesem kürzesten Weg in Böhmen einzufallen. Aber der Kurfürst von Sachsen, August III., wies alle Anträge Friedrichs, sich mit ihm zu verbinden oder neutral zu bleiben, zurück und flüchtete auf den Königstein, von wo er seine Bundesgenossen und das Reich um Beistand anrief, während sich die sächsischen Truppen, 17,000 Mann, rasch in einem befestigten Lager bei Pirna zusammenzogen. Friedrich, der am 9. Sept. in Dresden eingezogen war, mußte nun die Sachsen einschließen, um sie durch Hunger zur Ergebung zu zwingen. Er wehrte zwar einen Versuch der Österreicher unter Browne, die Sachsen zu befreien, durch den Sieg bei Lobositz (1. Okt. 1756) ab und nötigte die Sachsen zur Kapitulation von Pirna (15. Okt.), worauf Unteroffiziere und Gemeine der sächsischen Armee der preußischen einverleibt, Sachsen überhaupt als eroberte Provinz ausgesogen ward, während der Kurfürst mit dem Hof nach Warschau ging. Aber in Böhmen hatte er sich nicht festsetzen können, und nun bildete sich die europäische Koalition gegen ihn, die er hatte verhindern wollen. Das Deutsche Reich beschloß 17. Jan. 1757 die bewaffnete Hilfe für Sachsen; Rußland sicherte 22. Jan. Österreich ein Hilfsheer von 100,000 Mann zu; Frankreich verpflichtete sich 1. Mai, 150,000 Mann gegen Preußen aufzustellen und jährlich 12 Mill. Gulden Subsidien zu zahlen, und auch Schweden, dessen Reichstag von französischem und russischem Geld bestochen war, erklärte als Garant des Westfälischen Friedens an Friedrich den Krieg. Von den zu erobernden preußischen Landen sollte Österreich Schlesien, Glatz und Krossen, Sachsen Magdeburg, Halberstadt und den Saalkreis, Schweden Vorpommern, Kurpfalz Kleve und Obergeldern, Rußland Ostpreußen erhalten, während Frankreich ein Teil der österreichischen Niederlande zugesichert wurde. Friedrich II. sollte also auf die Mark und Hinterpommern beschränkt und als ohnmächtiger Marquis de Brandebourg für immer unschädlich gemacht werden.

Dem verbündeten Mitteleuropa hatte Friedrich, dessen Staat kaum 5 Mill. Einw. zählte, außer seinem eignen Heer von 200,000 Mann nur die Truppen seiner wenigen Verbündeten, Hannover, Braunschweig, Hessen-Kassel und Sachsen-Gotha, entgegenzustellen; diese letztern, 40,000 Mann unter dem Herzog von Cumberland, waren bestimmt, Hannover zu schützen. Der König selbst beabsichtigte, den 1756 nicht gelungenen Plan wieder aufzunehmen und in Böhmen einzufallen, in der Hoffnung, Österreich so schnell und so entscheidend niederzuwerfen, daß dessen Verbündete vom Krieg abgeschreckt würden. Der Anfang des Feldzugs von 1757 schien seine Erwartungen zu bestätigen. Er errang 6. Mai nach mörderischem Kampf den Sieg von Prag und schloß die geschlagene österreichische Armee unter dem Prinzen Karl von Lothringen in Prag ein. Aber dies hielt sich, bis Daun mit einem neuen österreichischen Heer von 54,000 Mann herankam und den ihm entgegengeschickten Herzog von Bevern zurückdrängte. Nun eilte Friedrich selbst herbei, vereinigte sich 15. Juni mit Bevern und griff 18. Juni mit 34,000 Mann die Stellung Dauns bei Kolin an, erlitt aber eine völlige Niederlage; 14,000 Mann u. 43 Geschütze gingen verloren. Die Folgen der Schlacht bei Kolin waren verhängnisvoll und gaben dem Feldzug, ja dem ganzen Krieg die entscheidende Wendung. Nicht bloß mußte Böhmen unter beträchtlichen Verlusten geräumt werden, sondern nun drangen auch die ermutigten Feinde von allen Seiten auf den dem Untergang geweihten Gegner ein. Ein französisches Heer unter d'Estrées besetzte die preußischen Gebiete westlich der Weser, besiegte den Herzog von Cumberland bei Hastenbeck (26. Juli), eroberte Hannover und Hessen und zwang die Cumberlandsche Armee durch die Konvention von Kloster-Zeven (8. Sept.) zur Auflösung. Die Russen unter Apraxin drangen in Ostpreußen ein und nötigten den preußischen Feldmarschall Lehwaldt durch die Schlacht bei Großjägersdorf (30. Aug.) zur Räumung desselben. Die Österreicher setzten sich in Oberschlesien und der Lausitz fest, erfochten hier 7. Sept. einen Sieg bei Moys und machten sich dadurch den Weg nach Breslau und Berlin frei, das im Oktober auch von einem Streifkorps unter Haddik auf kurze Zeit besetzt wurde. Das preußische Heer war geschwächt, erschöpft und entmutigt, die Generale ohne Vertrauen auf neue Erfolge; selbst seine nächsten Verwandten gaben Friedrichs Sache verloren. Dieser jedoch, entschlossen zu siegen oder zu sterben, wandte sich mit der kleinen ihm gebliebenen Schar zuerst gegen die vereinigte französische und Reichsarmee, die bis Weißenfels vorgedrungen war, und brachte ihr am 5. Nov. bei Roßbach eine vernichtende Niederlage bei; dann brach er nach Schlesien auf, das durch den Sieg der Österreicher über Bevern 22. Nov. und die Einnahme von Breslau (24. Nov.) ganz in deren Hände gefallen war. Nachdem er die Reste der schlesischen Armee unter Zieten an sich gezogen, griff Friedrich die fast dreimal stärkern Österreicher 5. Dez. bei Leuthen an, errang einen vollständigen Sieg und befreite ganz Schlesien mit Ausnahme von Schweidnitz. Auch Ostpreußen wurde von den Russen wieder geräumt, und in England genehmigte König Georg II. auf den Rat Pitts die Konvention von Zeven nicht, sondern schloß 11. April 1758 ein Bündnis mit Preußen, wonach dieses Hilfsgelder (4½ Mill. Thlr.) erhalten und ein neues verbündetes Heer in Hannover aufgestellt werden sollte.

Unter diesen Umständen glaubte Friedrich 1758 durch einen neuen Angriff auf Österreich dieses zum Frieden zwingen zu können. Nachdem er 16. April Schweidnitz wiedererobert hatte, fiel er in Mähren ein, doch gelang es ihm weder, Olmütz zu überrumpeln, noch durch eine regelrechte Belagerung zur Übergabe zu zwingen. Vielmehr sah er sich dadurch, daß die Österreicher unter Laudon seine direkte Verbindung mit Schlesien unterbrachen, genötigt, 1. Juli die Belagerung aufzuheben und sich durch Böhmen über das Riesengebirge nach Mittelschlesien zurückzuziehen. Von hier eilte er nach der Mark, in welche die Russen unter Fermor nach erneuter Besetzung Ostpreußens vorgedrungen waren; Dohna zurückdrängend, hatten sie die Neumark verwüstet und Küstrin in Brand geschossen. Friedrich griff sie 25. Aug. bei Zorndorf an und zwang sie nach hartnäckigem Widerstand zum Rückzug. Dann wandte er sich nach Sachsen, in welches Daun eingefallen war. Derselbe bezog feste Lager und vermied jeden Kampf; durch diese Unthätigkeit unvorsichtig gemacht, ließ sich der König 14. Okt. im Lager bei Hochkirch überfallen und erlitt eine empfindliche Niederlage. Doch rückte er sofort in Gewaltmärschen nach Schlesien, entsetzte Neiße (6. Nov.) und Kosel (15. Nov.) und kehrte dann nach Sachsen zurück, das Daun nun räumte. Im Westen hatte inzwischen der Herzog Ferdinand von Braunschweig mit dem verbündeten englisch-preußischen Heer die Franzosen aus Hannover und Westfalen vertrieben und sie 23. Juni 1758 bei Krefeld besiegt. Als ein neues französisches Heer sich 1759 bei Frank-^[folgende Seite]