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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Steckrübe; Stedingerland; Steeden; Steele; Steen

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Steckrübe - Steen.

Steckrübe, s. Raps.

Stedingerland, fruchtbarer Landstrich in der oldenburg. Wesermarsch, begreift im wesentlichen das heutige Amt Berne und ist berühmt durch seine freiheitliebenden und tapfern Bewohner, die Stedinger (Stettländer). In alten Zeiten umfaßte der Stedinggau außer dem jetzigen S. die vormaligen vier Marschvogteien Moorrieh, Oldenbrook, Strückhausen und Hammelwarden, die Vogtei Wüstenlande (die Stedingerwüste oder Wösting genannt), das jenseit der Weser gelegene Osterstade und wahrscheinlich auch den damals schon vorhandenen Teil des nachmaligen Vogteidistrikts Schwey. Das jetzige S. liegt zwischen der Ochte, Weser und Hunte, wird von mehreren kleinen Flüssen, der Berne, Hörspe und Ollen, durchströmt und ist an zwei Seiten von der Geest umgeben. Der Boden, dessen obere Lage von dem fetten Wasserschlamm gebildet worden, ist fruchtbar und der Landstrich unter allen Marschdistrikten Oldenburgs der gesündeste; wegen seiner niedrigen Lage bedarf er aber der Eindeichung. - Als König Heinrich IV. 1062 das linke Weserufer von der Mündung der Ochte bis zum Butjadingerland dem Erzbischof von Bremen schenkte, siedelte dieser Rüstringer und Holländer in dem durch Deiche dem Fluß abgerungenen Gebiet an. Sie nannten sich Stedinger, d. h. Uferbewohner. Ursprünglich zu Zehnten verpflichtet, wußten sie sich bei der Schwäche mehrerer Erzbischöfe allmählich jeder Zahlung zu entziehen und wahrten ihre Grenzen ebenso energisch gegen die Grafen von Oldenburg, deren Burgen Lichtenberg und Line sie 1187 zerstörten. Auch Erzbischof Hartwig II., dem der Papst schon gestattete, einen Kreuzzug gegen die Stedinger zu predigen, konnte sie nicht unterwerfen (1207). Einer seiner Nachfolger, Gerhard II., verklagte sie 1232 beim Papst Gregor IX. als Ketzer; die Folge waren Bann und Interdikt und ein neuer Kreuzzug, für dessen Zustandekommen besonders Konrad von Marburg thätig war. Kaiser Friedrich II. ließ sich außerdem zur Achtserklärung herbei. Bald ward unter Anführung des Herzogs Heinrich von Brabant, der Grafen von Holland, von der Mark, von Kleve und von Oldenburg ein Heer von 40,000 Mann gesammelt, welches teils zu Land, teils auf der Weser 1234 gegen die bei Oldenesch (Altenesch) 11,000 Mann stark in Schlachtordnung stehenden Stedinger anrückte. Letztere wurden 27. Mai nach tapferm Widerstand in die Flucht geschlagen. Tausende kamen um, und gegen die Gefangenen ward schrecklich gewütet und das Land verwüstet. Die Sieger teilten sich darauf in dasselbe, der größte Teil fiel dem Erzbischof von Bremen und den Grafen von Oldenburg zu; doch überließen diese das Erworbene meist den Besiegten oder neuen Kolonisten wieder zu Meierrecht. Erzbischof Nikolaus von Bremen (1422-35) sicherte die Stellung der Stedinger durch ein besonderes Landrecht. Auf dem Schlachtfeld von Altenesch wurde an der Stelle einer verfallenen Kapelle 27. Mai 1834 ein Denkmal ("Stedingsehre") errichtet. Vgl. Schumacher, Die Stedinger (Brem. 1865).

Steeden (Steeten), Dorf im preuß. Regierungsbezirk Wiesbaden, Oberlahnkreis, an der Lahn, hat eine Dolomithöhle mit zahlreichen Knochen vorweltlicher Tiere, Kalkbrennerei und (1885) 645 Einw.

Steele, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Düsseldorf, Landkreis Essen, an der Ruhr, Knotenpunkt der Linien Ruhrort-Holzwickede, Vohwinkel-S., S.-Witten und Heissen-S. der Preußischen Staatsbahn, 69 m ü. M., hat ein Amtsgericht, wichtigen Steinkohlenbergbau und (1885) 8237 meist kath. Einwohner.

Steele (spr. stihl), Sir Richard, engl. Schriftsteller, geb. 1671 zu Dublin, studierte in Oxford (Genosse Addisons), trat dann als gemeiner Soldat in die Armee (was seine Enterbung zur Folge hatte) und versuchte sich nebenbei als Schriftsteller. Mitten in einem extravaganten Leben überraschte er die Welt durch den moralischen Traktat "The christian hero"; ihm folgten einige ebenfalls moralische Lustspiele. Als Herausgeber der "Gazette", des offiziellen Regierungsorgans, hatte er den Vorteil, wichtige Nachrichten aus sicherster Quelle verbreiten zu können, sah sich aber bei ihrer Beurteilung durch manche Rücksichten gehemmt. Er gab daher seit 1709 eine eigne, dreimal wöchentlich erscheinende Zeitschrift: "The Tatler", heraus, in der er "eine belehrende und zum Denken anregende Unterhaltung" versprach. Der Inhalt war sehr vielseitig, der Beifall allgemein. Die bedeutendsten Schriftsteller boten ihre Hilfe an, Addison wurde der hervorragendste Mitarbeiter. Bald vergrößerte sich das Unternehmen: seit 1711 erschien täglich "The Spectator", der in einem novellistischen Rahmen Unterhaltungen über litterarische, ästhetische, selten politische Dinge, Erzählungen, moralische Betrachtungen brachte. Im J. 1713 löste "The Guardian" den "Spectator" ab, lenkte aber zu tief in das politische Fahrwasser, um dauernd Erfolg zu haben, zumal S. im whiggistischen Sinn wirkte, was sogar 1714 seinen Ausschluß aus dem Parlament herbeiführte. Als bald darauf mit der Thronbesteigung Georgs I. die Whigs ans Ruder traten, kam S. wieder zu Ehren und erhielt die Stelle eines Oberstallmeisters zu Hamptoncourt. Er starb 1. Sept. 1729. Seine Lustspiele erschienen 1761, seine Briefe 1787. Vgl. Montgomery, Memoirs of Sir R. S. (Lond. 1865, 2 Bde.); Dobson, R. S. (das. 1886).

Steen, Jan, holländ. Maler, geboren um 1626 zu Leiden, war Schüler N. Knupfers zu Utrecht und soll sich dann in Haarlem bei A. van Ostade, vielleicht auch nach Dirk Hals, gebildet haben. 1648 ließ er sich in die Malergilde zu Leiden aufnehmen, und 1649 verheiratete er sich im Haag, wo er bis 1653 thätig war. Von 1654 bis 1658 wohnte er wieder in Leiden, dann bis 1669 in Haarlem, und 1672 erhielt er in Leiden die Erlaubnis, eine Schenke zu halten. Er wurde daselbst 3. Febr. 1679 begraben. S. ist der geistreichste und humorvollste der holländischen Genremaler, der auch eine scharfe gesellschaftliche Satire nicht scheut. Er malte biblische Darstellungen in sittenbildlicher, bisweilen humoristischer Auffassung (Hauptwerke: Simson unter den Philistern, in Antwerpen; Verstoßung der Hagar und Hochzeit zu Kana, in Dresden), zumeist aber Szenen aus dem mittlern und niedern Bürgerstand, in welchen er die größte Feinheit und Mannigfaltigkeit der Charakteristik mit derbem, ausgelassenem, oft groteskem Humor zu verbinden weiß. Er liebt es, seinen figurenreichen Darstellungen oft eine moralische Tendenz unterzulegen oder durch sie ein Sprichwort oder eine allgemeine Wahrheit zu versinnlichen. Am besten ist er im Reichsmuseum zu Amsterdam vertreten, wo sich ein St. Niklasfest, der berühmte Papageienkäfig, die kranke Dame mit dem Arzt, eine Tanzstunde und eine Darstellung des Sprichworts "Wie die Alten sungen, so zwitschern die Jungen" befinden. Von seinen übrigen Werken sind die hervorragendsten: die Menagerie und die Lebensalter (im Haag), die Unterzeichnung des Ehekontrakts (Braunschweig), das Bohnenfest (Kassel), der Streit beim Spiel und der Wirtshausgarten (Berlin) und die Hochzeit (St. Petersburg). In der koloristischen Durchführung seiner Bilder ist S. ungleich.