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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Weide; Weidegerechtigkeit; Weidelöffel; Weiden; Weidenau; Weidenberg; Weidenblättchen; Weidenbock; Weidenbohrer

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Weide, türkische - Weidenbohrer.

stielte Alpenweiden, sehr niedrige, auf dem Boden liegende, meist wurzelnde Sträucher mit kleinen, rundlichen, ganzrandigen oder gezähnelten, unbehaarten Blättern (S. retusa L. auf den Alpen, S. herbacea L. auf den Hochgebirgen Europas, S. polaris Wahlb. im höchsten Norden). Die Weidenkultur als forstwirtschaftlicher Betrieb hat große Bedeutung für kleinere Grundbesitzer, in Örtlichkeiten mit hohem Grundwasserspiegel, in Flußthälern und Niederungen. Anbauwürdige Weidenarten sind besonders folgende: unter den Baumweiden, welche meist zu Kopfholzbetrieb benutzt werden, die Silberweide (S. alba L.), die Dotterweide (S. vitellina L.) und die Knackweide (S. fragilis L., besonders an Flußufern); unter den Strauchweiden besonders die Korb- oder Bandweide (S. viminalis L., s. Tafel »Gerbmaterialien liefernde Pflanzen«), die Purpurweide (S. purpurea L.), die Mandelweide (S. amygdalina L.), die Lorbeerweide (S. pentandra L.), die Dotterweide (S. vitellina L.), die kaspische W. (S. acutifolia Willd.) u. a.

Die Weidenkultur erfolgt meist durch Einzelsteckung auf gelockertem Boden, indem man 2-4 junge Stecklinge, etwa 35 cm lang geschnitten, in einem Verband von 0,5-0,7 m mittels eines Weidenpflanzers einsteckt. Dieselben entwickeln sich rasch zu nutzbaren Weidenstöcken. An Flußufern legt man die Stecklinge auch in Nestern zusammen; zur Erziehung von Kopfstämmen wählt man Satzstangen, 2½ m lang, 5-6jährige Ausschläge, und pflanzt sie mittels des Pfahleisens. Bei der Kopf- und Schneidelholznutzung wird die ganze Krone oder die Seitenäste (unter Erhaltung des herrschenden Mitteltriebs) mit glattem Hieb am Stamm alle 2-4 Jahre hinweggenommen. In den Weidenhangern, wo es sich um die Gewinnung von Flechtruten oder Bandruten handelt, erfolgt der Schnitt alljährlich oder alle 2-3 Jahre. Die Ruten werden am Gewinnungsort mittels eines Weidenschälers entrindet, sofern sie in diesem Zustand in den Handel gebracht werden sollen, in Bunde gebunden und vor Regen, auch vor zu raschem Austrocknen bewahrt. Mit der W. werden vielfach Landwirtschaftliche Zwischennutzungen verbunden, indem man die Stecklinge in 2 m voneinander entfernte Rigolgräben einlegt und zwischen den Gräben Hackfrüchte baut. Man pflanzt die Weiden auch häufig zur Befestigung von Wasser- und Uferbauten, Dämmen etc. an. Das Holz ist weiß, weich, wenig dauerhaft, wird aber (von S. alba, fragilis, caprea) zu verschiedenen Geräten, Sparterie, Schachteln, Sieben, Schuhen etc. benutzt. Man verkohlt es auch zur Gewinnung von Reißkohle u. Pulverkohle. Die Rinde mehrerer Weidenarten dient zum Gerben feinen Leders (vgl. Weidenrinden); früher waren die bitter schmeckenden Rinden offizinell; sie enthalten Salicin, welches besonders aus S. Helix und purpurea dargestellt wird. Weidenbast dient zu Stricken, Matten etc. Zweige und Äste von S. viminalis, auch von S. Helix, purpurea, alba, daphnoides etc. benutzt man zum Binden und namentlich zum Flechten von Korbwaren, zu Faschinen etc. Manche Weiden geben den Bienen reichliches Futter, und viele werden als Zierpflanzen kultiviert. Die weiße W. (S. alba) galt im Altertum als Symbol der Keuschheit und Unfruchtbarkeit, weshalb die Frauen bei den Thesmophorien ihr Lager mit unfruchtbaren (männlichen) Zweigen bestreuten. Vgl. Hoffmann, Historia salicum (Leipz. 1785-91, 2 Bde.); Koch, De salicibus europaeis (Erlang. 1828); Wichura, Die Bastardbefruchtung im Pflanzenreich, erläutert an den Bastarden der Weiden (Bresl. 1865); Wimmer, Salices europaeae (das. 1866); Andersson, Monographia salicum (Stockh. 1867). Über Korbweidenkultur schrieben: Nöthlichs (Weim. 1875), Breitenlohner (Prag 1877), Dochnahl (Frankf. 1881), Schulze (Bresl. 1885), Krahe (4. Aufl., Aachen 1886) u. a.

Weide, türkische, s. Viburnum.

Weidegerechtigkeit (Weiderecht, Weideservitut, Hutungsgerechtigkeit, Hutgerechtigkeit, Hut- und Triftrecht, Servitus pascendi), diejenige Servitut, vermöge deren dem Besitzer eines Grundstücks das Recht zusteht, Vieh auf dem Grundstück eines andern weiden zu lassen. Die W. schließt in der Regel den Eigentümer des dienenden Grundstücks nicht von der Mitbenutzung desselben (Mithut, Jus compascendi) aus und hindert überhaupt den Eigentümer des dienenden Grundstücks nicht, jeden mit der Servitutsausübung vereinbarten Vorteil aus der Benutzung seines Grundstücks zu ziehen. Dies gilt namentlich bei der Schäfereigerechtigkeit (s. d.). Das Hutrecht mehrerer auf dem Grundstück eines Dritten wird Jus compascui, die gegenseitige W. von Grundeigentümern Koppelhut (Jus compasculationis reciprocum), das den Mitgliedern einer Korporation auf deren Gründen zustehende Weiderecht Jus compasculationis simplex genannt. Ist Gattung und Zahl des auf die Weide zu bringenden Viehs genau festgesetzt, so wird die W. eine bestimmte (gemessene), andernfalls eine unbestimmte (ungemessene) genannt. Unter mehreren, welche die Koppelhut haben, steht zuweilen einem, besonders dem Eigentümer des dienenden Grundstücks, auch die Vorhut zu, d. h. das Recht, binnen einer bestimmten Zeit das der gemeinschaftlichen Hütung unterworfene Grundstück vor den andern voraus zu behüten. Übrigens schließt die Weide stets auch die Triftgerechtigkeit in sich, da sie ohne diese nicht bestehen kann. In neuerer Zeit ist man vielfach auf Beseitigung der W. durch Ablösung (Hutablösung) bedacht (s. Ablösung).

Weidelöffel, die Zunge (Lecker) des Elch-, Rot- und Damwildes.

Weiden, thränende, s. Cikaden, S. 130.

Weiden, Stadt im bayr. Regierungsbezirk Oberpfalz, Bezirksamt Neustadt, an der Waldnab, Knotenpunkt der Linien München-Regensburg-Oberkotzau, W.-Neuenmarkt, Neukirchen-W. und W.-Vohenstrauß der Bayrischen Staatsbahn, 414 m ü. M., hat eine Simultankirche, ein Schloß, eine Präparanden- und eine landwirtschaftliche Winterschule, ein Landgericht, eine Handelskammer, ein Forstamt, Porzellan- und Maschinenfabrikation, Torfstecherei, Viehzucht und (1885) 5338 meist kath. Einwohner. Zum Landgerichtsbezirk W. gehören die elf Amtsgerichte zu: Auerbach, Erbendorf, Eschenbach, Kemnath, Neustadt a. W., Oberviechtach, Tirschenreuth, Vilseck, Vohenstrauß, Waldsassen und W.

Weidenau, Dorf im preuß. Regierungsbezirk Arnsberg, Kreis Siegen, an der Sieg, hat eine evang. Kirche, Eisenhütten, Puddlings-, Walz- und Hammerwerke, Maschinenfabriken, Eisengießerei, eine Dampfsägemühle und (1885) 5503 Einw.

Weidenberg, Flecken im bayr. Regierungsbezirk Oberfranken, Bezirksamt Baireuth, an der Steinach, 464 m ü. M., hat eine evang. Kirche, ein Schloß, ein Amtsgericht, ein Forstamt und (1885) 1454 Einw.

Weidenblättchen, Vogel, s. Laubsänger.

Weidenbock, s. Bockkäfer.

Weidenbohrer (Cossus Fab.), Schmetterlingsgattung aus der Familie der Holzbohrer (Xylotropha),