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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bundesfestungen; Bundesgenossen; Bundesgenossenkriege; Bundesgericht; Bundeshütte; Bundesindigenat

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Bundesfestungen - Bundesindigenat.

Bundesfestungen, feste Plätze, zur gemeinschaftlichen Verteidigung eines Bundes bestimmt. In der neuern Geschichte kommen bis 1866 nur die im vormaligen Deutschen Bund (s. d.) belegenen Festungen Rastatt, Ulm, Landau, Mainz und Luxemburg als B. vor. Dieselben hatten vermöge bestimmter, im Wiener Kongreß mit den Bundesfürsten abgeschlossener Verträge nicht nur eine Friedensbesatzung seitens der beiden deutschen Großmächte, sondern wurden auch aus den Mitteln des Bundes ausgebaut und erhalten.

Bundesgenossen, im allgemeinen diejenigen, welche zur Erreichung irgend eines Zweckes sich zu gegenseitiger Unterstützung vereinigen; dann solche Völker, Fürsten oder Gemeinden, welche sich zu gegenseitigem Schutz in Kriegsgefahren oder zu gegenseitiger Unterstützung für Kriegsunternehmungen durch Schutz- und Trutzbündnisse verbindlich gemacht haben.

Bundesgenossenkriege, in der griechischen und röm. Geschichte Bezeichnung vornehmlich folgender Kriege: Der erste griechische Bundesgenossenkrieg ist der, welchen Athen 357-355 v. Chr. gegen Chios, Kos, Rhodus und Byzantion, die mächtigsten Mitglieder des 378 neugestifteten Seebundes, zu führen hatte. Der Ungerechtigkeiten Athens und der Erpressungen der athenischen Söldner müde, fielen diese Staaten, aufgereizt von den Thebanern, von Athen ab, um mit Hilfe des persischen Lehnsfürsten Mausolos von Karien sich unabhängig zu machen. Der Kampf begann für die Athener sehr unglücklich, indem ihr Feldherr Chabrias bei Chios Schlacht und Leben verlor, ein um so schwererer Verlust, als bald darauf die zwei andern tüchtigen Feldherren Athens, Iphikrates (s. d.) und Timotheos (s. d.), auf die von ihrem Kollegen Chares wegen Verrats und Bestechung gegen sie erhobene Anklage hin abgesetzt wurden. Da sodann im Verlauf des Kriegs die Perser Anstalten machten, die Bundesgenossen zu unterstützen, und da die Athener überdies durch das Vordringen Philipps von Makedonien im Norden bedroht waren, so sahen sich diese genötigt, die Unabhängigkeit der abgefallenen Bundesgenossen anzuerkennen, was für die politische Stellung und die Finanzen Athens ein harter Schlag war. - Der zweite griechische Bundesgenossenkrieg ist der Ätolische Krieg 220-217 v. Chr. Um den wiederholten Raubzügen der Ätolier nach Messenien zu begegnen, wandten sich die von den Messeniern zu Hilfe gerufenen, aber von den Ätoliern geschlagenen Achäer an Philipp III. von Makedonien, welcher die Gelegenheit begierig ergriff, sich eine überlegene Stellung in Griechenland zu schaffen. Philipp ließ 220 auf einer Tagsatzung des Achäischen Bundes zu Korinth Messenien in den Bund aufnehmen, und die ätolische Eidgenossenschaft sollte gänzlich vernichtet werden. Da aber die Ätolier sich energisch zur Wehr setzten und an den Spartanern und Eleiern Bundesgenossen fanden, so dauerte der Krieg unter greulichten Verheerungen und zum Ruin aller sittlichen, religiösen und politischen Verhältnisse mehrere Jahre fort, bis Philipp auf die Kunde von Hannibals Sieg am Trasimener See 217, um sich in die Verhältnisse Italiens einzumischen, mit den Ätoliern den Frieden von Naupaktos schloß, durch welchen der damalige Beistand gewährleistet wurde. - Der römische Bundesgenossenkrieg, auch Marsischer Krieg genannt, dauerte von 90 bis 88 v. Chr. Im J. 91 hatte der Tribun M. Livius Drusus den Antrag des Gajus Gracchus auf Verleihung des Bürgerrecht an alle italischen Bundesgenossen erneuert. Als der Senat den Antrag verwarf, erhob sich ein großer Teil der italischen Gemeinden und versuchte einen italischen Föderativstaat zu bilden, dessen Verfassung der römischen nachgebildet wurde. In der Hauptstadt Corfinium, das nunmehr Italica genannt wurde, sollte ein Rat von 500 aus allen am Aufstand teilnehmenden Gemeinden erwählten Senatoren tagen, die Exekutive wurde zwei Konsuln und zwölf Prätoren übertragen. Der Krieg brach 91 in Asculum aus, wo der Prokonsul Servilius wegen einer zurechtweisenden Rede, die er an die im Theater versammelte Bürgerschaft hielt, ergriffen und von der wütenden Menge nebst andern Römern ermordet wurde. Zunächst wurde der Krieg im J. 90 von den Römern mit zweifelhaftem Glück geführt, und deshalb ward zu Ende dieses Jahrs durch das Gesetz des Konsuls L. Julius Cäsar (Lex Julia) allen bisher treu gebliebenen Gemeinden und bald darauf durch ein Gesetz zweier Tribunen, Plantins und Papirius (Lex Plautia Papiria), allen Einzelnen das Bürgerrecht eingeräumt, welche sich binnen 60 Tagen beim Prätor melden wurden. Nunmehr wurde der Krieg im J. 89 hauptsächlich durch Gnäus Pompejus, den Vater des Triumvirs, und durch L. Cornelius Sulla zu einem glücklichen Ende geführt. Alle Ausländischen wurden unterworfen, nur die Samniter ausgenommen, welche sich im Feld behaupteten und erst im J. 82 in einer Schlacht vor den Thoren Roms völlig besiegt wurden. Der Umstand, daß die neuen Bürger nicht unter die bestehenden 35 Tribus verteilt, sondern auf besondere 8 Tribus beschränkt wurden, gab Anlaß zu dem Bürgerkrieg zwischen Marius und Sulla (s. Sulpicius Rufus).

Bundesgericht (Tribunal fedéral), der zu Lausanne bestehende Staatsgerichtshof der Schweizer Eidgenossenschaft, s. Schweiz.

Bundeshütte, s. Stiftshütte.

Bundesindigenat (Reichsindigenat), der Inbegriff derjenigen Rechte und Befugnisse, welche einem jeden Angehörigen eines jeden zum Deutschen Reiche gehörenden Staats als solchem gewährleistet sind. Aus dem Wesen eines Bundesstaats als eines wirklichen Staats folgt nämlich, daß die Angehörigen der verschiedenen einzelnen Staaten, welche zusammen den Bundesstaat bilden, eine doppelte Unterthaneneigenschaft und ein zwiefaches Staatsbürgerrecht haben. Sie sind nämlich einmal in ihrer Eigenschaft als Angehörige ihres Einzelstaats Bürger dieses letztern und Unterthanen der Regierung desselben. Sie erscheinen aber auf der andern Seite auch als Angehörige des Gesamtstaats, zu welchem der betreffende Einzelstaat gehört, und es steht ihnen insofern ein mit den Angehörigen der übrigen verbündeten Staaten gemeinsames Staatsbürgerrecht zu. So besteht z. B. in der Schweiz ein sogen. Kantonsbürgerrecht für die Angehörigen der einzelnen zum Bund gehörigen Staaten und außerdem ein sogen. Schweizerbürgerrecht vermöge der Zugehörigkeit zu dem Schweizer Föderativstaat. Ebenso bestand bis zur Auflösung des frühern Deutschen Reichs für die Angehörigen der sämtlichen zugehörigen staatlichen Existenzen neben dem Territorialindigenat ein gemeinsames Reichsindigenat oder Reichsbürgerrecht. Freilich war die Bedeutung der darin enthaltenen Rechte mit der Zeit mehr und mehr abgeschwächt worden, aber jenes gemeinsame Reichsindigenat blieb doch immerhin noch insofern von Wichtigkeit, als es dazu geeignet war, das Bewußtsein der nationalen Zusammengehörigkeit in den einzelnen deutschen Stämmen zu bekunden und aufrecht zu erhalten. Der nachmalige Deutsche Bund dagegen war lediglich ein völkerrechtlicher Verein, kein wirklicher Staat. Darum