Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Chambord; Chambre; Chambre ardente; Chambre garnie; Chambre introuvable; Chambre syndicale

929

Chambord - Chambre syndicale.

Klavierspieler gelten kann, starb um 1670, nachdem er zahlreiche Schüler gebildet, unter ihnen d'Anglebert und die ältere Generation der weitverzweigten Musikerfamilie Couperin. Von seinen Klavierkompositionen erschienen zwei Sammlungen in Paris 1670.

Chambord (spr. schángbör), berühmtes Schloß im franz. Departement Loir-et-Cher, Arrondissement Blois, das "Versailles der Touraine" genannt, liegt in der Mitte eines 5500 Hektar großen, von Mauern umgebenen, sandigen Parkes, welcher 5 Meiereien und 14 Teiche einschließt. Das Schloß, ein schöner Renaissancebau, ist 156 m lang und 117 m breit, wird von vier runden, 19,5 m im Durchmesser haltenden Türmen flankiert und macht mit seinen zahlreichen Türmchen, Erkern, Giebeln und Schornsteinen einen phantastischen Eindruck. Es enthält 440 Zimmer und Säle mit teilweise alter Einrichtung und historischen Porträten, eine schöne Kapelle mit Oratorium und eine kunstvoll konstruierte Wendeltreppe mit Doppelspirale. Der Bau des Schlosses ward 1526 von Franz I. begonnen und beschäftigte zehn Jahre lang unausgesetzt 1800 Arbeiter. Die innere Ausschmückung konnte erst unter den nachfolgenden Königen vollendet werden. Das Schloß blieb zeitweilige Residenz der Könige von Frankreich bis auf Ludwig XV., der es dem Marschall von Sachsen zum Geschenk machte. Auch der Polenkönig Stanislaus Leszczynski wohnte mehrere Jahre hier. 1792 plünderte es ein Pöbelhaufe; späterhin ward es als Nationaleigentum verkauft. 1809 schenkte es Napoleon I. dem General Berthier, von dessen Witwe es 1821 eine Gesellschaft Legitimisten für 1¾ Mill. Frank erstand und dem Herzog von Bordeaux verehrte, welch letzterer sich später hiernach Graf von C. (s. unten) nannte. Derselbe verwendete ansehnliche Summen zur Restauration des Schlosses. Am 9. Dez. 1870 fand bei C. ein Gefecht zwischen Hessen und Franzosen statt. Vgl. La Saussaye, Le château de C. (8. Aufl., Par. 1859).

Chambord (spr. schángbör), Heinrich Karl Ferdinand Marie Dieudonné von Artois, Herzog von Bordeaux, Graf von, Sohn des am 13. Febr. 1820 ermordeten Herzogs Karl Ferdinand von Berri, wurde 29. Sept. 1820 zu Paris geboren und erhielt den Titel eines Herzogs von Bordeaux. Da seine Geburt den Fortbestand der legitimen Dynastie sicherte, ward er als "ein von Gott geschenktes Wunderkind" gefeiert, und als die öffentliche Meinung sich gegen die Absicht des Ministeriums Richelieu, für das "Kind von Frankreich" die Domäne C. anzukaufen, erklärte, so geschah deren Erwerbung durch einen Verein von Legitimisten, der die Domäne dem Prinzen am Tag seiner Taufe (1. Mai 1821) schenkte. Nach der Julirevolution dankten zwar Karl X. und der Herzog von Angoulême zu gunsten des unmündigen Prinzen ab, doch zu spät, und derselbe mußte ebenfalls ins Ausland gebracht werden. Mit der Erziehung des Prinzen, der nach Prag gebracht ward, wurden Jesuiten und die legitimistischen Generale d'Hautpoul und Latour-Maubourg unter Oberleitung des Barons Damas betraut, daher die Richtung desselben eine ultramontane und absolutistische ward. Nach Karls X. Tod (6. Nov. 1836) wurde C. von den Legitimisten als der rechtmäßige König Heinrich V. angesehen. Nach längern Reisen in verschiedenen Ländern Europas, während welcher er sich 1841 durch einen Sturz vom Pferde so verletzte, daß er einen hinkenden Gang behielt, und 1843 in Belgrave Square in England einen Huldigungsbesuch von 300 Legitimisten aus Frankreich empfing, ließ er sich in Görz nieder und nahm nach dem Tode des Herzogs von Angoulême den Titel eines Grafen von C. an. Das Vermögen von 5 Mill. Frank, das ihm der Herzog von Blacas hinterlassen, erlaubte ihm eine fürstliche Hofhaltung. Am 16. Nov. 1846 vermählte er sich mit der Prinzessin Maria Theresia von Modena und nahm seinen Aufenthalt in Frohsdorf bei Wien. Die Ehe blieb kinderlos. Sowohl nach der Februarrevolution als nach dem Sturz des zweiten Kaiserreichs 1870 versuchte die legitimistische Partei C. als Heinrich V. auf den Thron zu erheben und die Orléanisten durch eine Fusion, welche der Familie Orléans das Thronfolgerecht sicherte, dafür zu gewinnen. Beide Male scheiterte der Versuch, 1873 an der Weigerung des Grafen, die Trikolore anstatt des weißen Lilienbanners anzunehmen und sich auf eine Verfassung im voraus zu verpflichten. Vielmehr stützte sich C. einzig und allein auf die klerikale Partei, und dadurch machte er seine Thronbesteigung unmöglich. Geistig unbedeutend und äußerst bigott, aber gutherzig und edelmütig, zog er das Leben eines reichen Landedelmanns den Gefahren des französischen Throns vor. Er starb 24. Aug. 1883 in Frohsdorf und wurde in Görz bestattet. Da er keine männlichen Leibeserben hinterließ, erlosch mit ihm die ältere Linie der Bourbonen, und seine Thronansprüche gingen auf die Orléans über.

Chambre (franz., spr. schángbr), Kammer, auch als gesetzgebende Körperschaft (c. des députés, Haus der Abgeordneten; c. des pairs, Oberhaus, Erste Kammer); Zimmer; Gerichtshof; C. de commerce, Handelskammer.

Chambre ardente (franz., spr. schangbr ardangt, "glühende Kammer"), in Frankreich zu verschiedenen Zeiten ein außerordentlicher Gerichtshof, so genannt wahrscheinlich wegen der harten Strafe (gewöhnlich Feuertod), die von demselben verhängt wurde. Insbesondere hießen so die außerordentlichen Inquisitionstribunale, welche von Franz I. (1535) zur Verfolgung der Protestanten niedergesetzt wurden und als zweite Instanz der Inquisitionstribunale galten. Die Mitglieder, welche der Papst ernannte, hießen Spürhunde des Herrn (domini canes), suchten Ketzereien und Ketzer auf und instruierten die Prozesse, während die C. den letzten Urteilsspruch und die Vollziehung der Strafe übernahm. Auch unter Heinrich II. war die C. sehr thätig in der Verfolgung der Ketzerei. Unter Ludwig XIV. wurde abermals eine C. errichtet, um in betreff der Gerüchte von Vergiftungsfällen, welche nach dem Tode der Marquise de Brinvilliers in Umlauf kamen, strenge Untersuchung anzustellen. Diese Cour des poisons bestand jedoch nur drei Jahre (1677-80), brachte viele Personen aus den obersten Klassen der Gesellschaft, z. B. den Marschall von Luxembourg, vor ihre Schranken und endigte mit der Hinrichtung der vermeintlichen Zauberin Voisin.

Chambre garnie, möbliertes Zimmer zum Vermieten; Chambregarnist, Bewohner eines solchen.

Chambre introuvable (franz., spr. schangbr ängtruwábl, "unfindbare Kammer", d. h. wie sie sich so leicht nicht wiederfindet), Name der 1815-16 in Frankreich tagenden Zweiten Kammer, die sich durch unbedingte Gefügigkeit gegen das erste reaktionäre Ministerium der Restauration auszeichnete. Derselbe wurde ihr von Ludwig XVIII. bald nach seinem Einzug in Paris aus Dankbarkeit gegeben, dann aber zum Spottnamen für jede durch ultraroyalistische Bestrebungen sich hervorthuende Kammer.

Chambre syndicale, in Frankreich Bezeichnung fachgenossenschaftlicher Verbindungen von Arbeitern und von Unternehmen zum Zweck der Vertretung

^[Artikel, die unter C vermißt werden, sind unter K oder Z nachzuschlagen.]