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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Erstlinge; Erstreckung der Frist; Ertag; Ertgau; Erthal; Ertholme; Ertrag

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Erstlinge - Ertrag.

und der Kranke stürzt zu Boden. Von allen Lebenserscheinungen ist nur die Zirkulation des Bluts, allerdings in vermindertem Grad, noch übriggeblieben, und endlich steht auch diese still. Der Leichnam der Erstickten bietet bei der Untersuchung folgende Merkmale dar: Die äußere Haut ist schmutzig blaurot, namentlich am Gesicht. Das Parenchym aller Organe, besonders dasjenige der Lungen, Leber, Milz, Nieren, ist mit schwarzrotem, dünnflüssigem Blut erfüllt, welches keine Neigung zur Gerinnung zeigt. Die Blutmasse ist vorzugsweise in den großen Venenstämmen des Körpers angehäuft. Da dem Tode durch E. in der Regel ein längeres oder kürzeres Stadium des Scheintodes vorangeht, so sind Belebungsversuche bei Erstickten immer sehr am Platz. Die erste Sorge muß dahin gerichtet sein, womöglich das Hindernis für freie Respiration zu beseitigen. Zu diesem Zweck muß manchmal sofort eine Operation, z. B. die Eröffnung der Luftröhre mit dem Messer, vorgenommen werden. Jedenfalls ist die Mund- und Rachenhöhle alsbald genau darauf zu untersuchen, ob sich hier ein fester Körper befindet, welcher ein Hindernis für die Respiration abgibt. Handelt es sich um E. durch irrespirable Gasarten, so ist der Scheintote alsbald in gesunde Luft zu verbringen. Nächstdem sucht man die unterbrochene Respiration wiederherzustellen, zu welchem Zweck die Anwendung des galvanischen Stroms auf die Atmungsmuskeln und das Zwerchfell besonders sich eignet. Weiterhin ist zu empfehlen die von Marshall Hall angegebene Methode der künstlichen Atmung, welche darin besteht, daß der Scheintote aus der Rückenlage auf die Seite und auf den Bauch und umgekehrt in angemessenen Zeiträumen gewendet wird, wobei die Arme abwechselnd vom Rumpf abgezogen und wieder angedrückt werden. Daneben mag man Reibungen der Haut und andre Reizmittel mit Vorsicht anwenden. Hauptsache bei allen Versuchen zur Wiederbelebung eines Scheintoten ist die, daß man in den Versuchen nicht zu früh ermüde. Es ist mehrfach vorgekommen, daß erst nach ein- bis zweistündiger Manipulation die ersten Zeichen des zurückkehrenden Lebens sich eingestellt haben. Vgl. Müller, Behandlung Verunglückter bis zur Ankunft des Arztes (Berl. 1877); Esmarch, Die erste Hilfe bei plötzlichen Unglücksfällen (Leipz. 1882).

Erstlinge (hebr. Bikkurim, Erstlingsopfer), die von vielen alten Völkern der Gottheit als Zeichen der Anerkennung, daß man ihr allen Segen verdanke, dargebrachten ersten und besten Erzeugnisse der Bodenkultur. Bei den Israeliten die Erstlingsgarbe am zweiten Morgen des Passahfestes, die Erstlingsbrote am Wochenfest und die E. aller andern Früchte während der Sommermonate. Dieselben wurden teils roh (Getreide, Baumfrüchte, Weintrauben), teils zubereitet (Most, Öl, Mehl, Teig) dargebracht und zwar, bevor man von dem übrigen Gebrauch machte, und dienten zum Unterhalt der Priester. Das Maß derselben war vom mosaischen Gesetz der Willkür überlassen, vom Talmud aber auf den 50. Teil der ganzen Ernte als Minimum festgesetzt. Israeliten, welche sehr entfernt von Jerusalem wohnten, konnten statt der frischen Früchte getrocknete liefern. Die zum Genuß schon zubereiteten E. wurden nicht nach Jerusalem abgeliefert, sondern unmittelbar an die Priester, d. h. in die Priesterstädte, abgegeben und mußten auch von den Erzeugnissen jüdischer Ländereien in der griechischen und babylonischen Diaspora geliefert werden. Vgl. Erstgeburt.

Erstreckung der Frist, s. Frist.

Ertag (Erchtag), s. v. w. Dienstag.

Ertgau (Eritgau), im Mittelalter Name eines Bezirks in den jetzigen württemberg. Oberämtern Riedlingen und Saulgau, erstreckte sich im NW. bis nahe ans Donauufer und östlich bis an die Westernach und das Ries; mit den Orten Biberach, Buchau, Mengen, Saulgau, Waldsee, Aulendorf, Alberweiler etc.

Erthal, 1) Friedrich Karl Joseph, Freiherr von, letzter Kurfürst und Erzbischof von Mainz, geb. 3. Jan. 1719 zu Mainz als Sohn eines Mainzer Geheimrats, erhielt schon früh Dompräbenden in Mainz und Bamberg, studierte in Reims Theologie, ward 1753 Domkapitular, 1754 Rektor der Universität, 1758 Hofratspräsident, 1768 Domkustos und 1769 Gesandter in Wien; 1774 ward er zum Kurfürsten und Erzbischof von Mainz, wenige Tage später auch zum Fürstbischof von Worms erwählt. Im Gegensatz zu der religiös-liberalen Verwaltung seines Vorgängers hielt E. anfangs streng auf alle äußern Formen peinlichster Frömmigkeit, begünstigte die Jesuiten und gab den Unterricht der Ordensgeistlichkeit zurück; doch lenkte er bald in andre Bahnen ein und begünstigte eine gemäßigte Reform, welche durch die Neugestaltung der Universität Mainz 1784 einen kräftigern Anstoß erhielt. Er trat 1786 der Emser Punktation gegen die päpstlichen Anmaßungen bei und beabsichtigte sogar eine gründliche Reorganisation der katholischen Kirche. 1785 schloß er sich auch dem Fürstenbund an. Alle diese Reformbestrebungen wurden aber durch die französische Revolution unterbrochen, von der E. besonders hart betroffen wurde. Nachdem er wegen des Herannahens der Franzosen nach der Niederlage der Mainzer Truppen bei Speier 4. Okt. 1792 aus Mainz hatte flüchten müssen, kehrte er 1793 nach der Wiedereroberung seiner Hauptstadt in dieselbe zurück, um sie 1794 auf immer zu verlassen. Er lebte fortan meist in Aschaffenburg. 1801 im Frieden von Lüneville verlor er den ganzen linksrheinischen Teil seiner Diözese und starb 25. Juli 1802 in Aschaffenburg.

2) Franz Ludwig, Freiherr von, Fürstbischof von Würzburg und Bamberg, geb. 16. Sept. 1730 zu Lohr im Mainzischen, jüngerer Bruder des vorigen, studierte in Mainz, Würzburg und Rom, ward dann Mitglied des Domkapitels in Würzburg und 1763 vom Bischof von Seinsheim zum Präsidenten der weltlichen Regierung des Stifts ernannt. Bei Gelegenheit des Empfanges der Investitur für seinen Herrn wurde er in Wien dem Kaiser Joseph II. bekannt und von demselben nacheinander zum Geheimen Reichsrat, Visitator des Reichskammergerichts zu Wetzlar und kaiserlichen Kommissarius auf dem Reichstag zu Regensburg ernannt. 1779 ward er Seinsheims Nachfolger als Fürstbischof von Würzburg und von Bamberg, wodurch er den ersten Rang unter den fränkischen Fürsten erhielt. Er huldigte der Richtung der Aufklärung und wirkte durch vortreffliche Reformen und einsichtige, wohlwollende Verwaltung in seinen Stiftern äußerst segensreich. Er starb 16. Febr. 1795 in Würzburg. Er schrieb: "Über den Geist der Zeit und die Pflichten der Christen" (Würzb. 1793) und "Reden an das Landvolk" (Bamb. 1797). Seine Biographie schrieben Sprenke (Würzb. 1826), Wessenberg (Meersb. 1803), Reuchlin (unter dem Pseudonym Bernhard, Tübing. 1852).

Ertholme, Inseln, s. Christiansö.

Ertrag nennt man die Summe, welche eine Produktionsquelle abwirft an Naturalien (Material-, Naturalertrag) oder an Geldeinnahmen (Geldertrag). Zieht man von letzterm (Roh-, Rauh-, Bruttoertrag)