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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Huth; Huthaus; Hutmann; Hutpilze; Hutschlange; Hütte; Hütteldorf; Hutten

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Huth - Hutten.

der Chirurgie und Direktor der chirurgischen Klinik nach Rostock und 1869 in gleicher Stellung nach Greifswald. Er starb 12. Mai 1882 in Berlin. H. hat sich sowohl durch experimentelle und pathologisch-mikroskopische Untersuchungen als auch durch Einführung neuer Heilmethoden hervorragende Verdienste um die Fortschritte der Chirurgie erworben. Die schwierige ehre von der Diphtheritis, den septischen und pyämischen Prozessen hat er durch zahlreiche Entdeckungen bereichert, ganz besonders aber die Lehre von den Gelenkkrankheiten gefördert und auch der Therapie ein neues Gebiet eröffnet, indem er die parenchymatösen Karbolsäure-Injektionen bei entzündlichen Leiden der Haut, der Drüsen und hauptsächlich der Gelenke (tumor albus) zuerst mit Erfolg versuchte. Seit 1881 gehörte er dem deutschen Reichstag (Fortschrittspartei) an. Er schrieb: "Über die Formenentwickelung des menschlichen Thorax" (Leipz. 1865); "Die septikämischen und pyämischen Fieber" und "Tracheotomie und Laryngotomie" (im "Handbuch der Chirurgie" von Billroth und v. Pitha); "Klinik der Gelenkkrankheiten" (2. Aufl., Leipz. 1876-78, 3 Tle.); "Allgemeine Chirurgie" (das. 1873); "Kritisch-antikritische Wanderungen auf dem Gebiet der jüngsten chirurgischen Tageslitteratur" (das. 1876); "Der Arzt in seinen Beziehungen zur Naturforschung und den Naturwissenschaften" (das. 1878); "Grundriß der Chirurgie" (das. 1880-82; 3. Aufl. von Lossen, 1885, 2 Bde.); auch redigierte er 1871-82 mit Luecke die "Deutsche Zeitschrift für Chirurgie".

Huth, Heinrich Wilhelm von, dän. General, geb. 1712 zu Kostewitz bei Pegau in Sachsen, trat in die hessische Armee, war während des Siebenjährigen Kriegs hannöverscher Generalmajor und Chef des Ingenieurkorps, wurde 1763 Gouverneur von Hanau und trat 1766 in dänische Dienste über, in denen er Generalleutnant und Chef der Artillerie und des Ingenieurkorps wurde. Seit 1772 General der Infanterie, wurde er 1781 Chef des Generalitätskollegiums und 1784 nach dem Sturz Struensees Staatsminister. Er unterrichtete den Kronprinzen Friedrich und den Prinzen Karl von Hessen-Kassel in der Kriegskunst. In Dänemark und Norwegen brachte er die Festungswerke in Ordnung, baute Straßen und gründete die Artillerieschule in Kopenhagen. Er starb 7. Mai 1806.

Huthaus (Zechenhaus), das Gebäude bei der Grube, in welchem Materialien und Gezähe aufbewahrt werden und die Arbeiter sich versammeln.

Hutmann, im Bergwesen der Steiger oder der Hausmann des Huthauses.

Hutpilze (Pileati), Familie der Pilze (s. d.).

Hutschlange, s. v. w. gemeine Brillenschlange.

Hütte (Hüttenwerk), Gebäude mit Vorrichtungen zur hüttenmännischen Verarbeitung der durch den Bergbau gewonnenen Erze auf darin enthaltene nutzbare Metalle. Zuweilen werden mit H. auch Gebäude benannt, in denen andre Rohmaterialien verarbeitet werden, z. B. Glas-, Ziegel-, Pechhütte etc.

Hütteldorf, Dorf in Niederösterreich, Bezirkshauptmannschaft Sechshaus, westlich von Wien, an der Kaiserin Elisabeth-Bahn, mit hübscher neuer Kirche, zahlreichen Villen, einer der größten Bierbrauereien Österreichs und (1880) 2261 Einw.; beliebter Vergnügungsort der Wiener. Von H. führt nördlich das Halterthal zur Sophienalpe, einem aussichtsreichen Ausflugsort. Südlich von H. liegt der von einer Mauer umgebene kaiserliche Tiergarten von 30 km Umfang und ca. 2,7 qkm Fläche, in welchem Rot- und Schwarzwild in großer Menge gehalten wird, hauptsächlich Rotbuchenwald mit bergigem Terrain und schönen Wiesen, seit 1886 mit einem schönen kaiserlichen Jagdschloß ausgestattet.

Hutten, Ulrich, Ritter von, einer der mutigsten und genialsten Kämpfer für Erringung geistiger Freiheit zu Anfang des 16. Jahrh., wurde auf dem Stammsitz seiner Familie, der Burg Steckelberg bei Fulda, als Sohn des Ritters Ulrich v. H. und der Ottilia v. Eberstein 21. April 1488 geboren und 1499 in das Stift zu Fulda gebracht, um zum Geistlichen erzogen zu werden. Aber er erkannte die Thätigkeit in hohen Staatsämtern und wissenschaftliche Beschäftigung als die wahre Lebensaufgabe eines jungen Adligen. Ohne Wissen seiner Eltern verließ er 1505 heimlich das Kloster und studierte zu Köln, dann zu Erfurt Latein und Griechisch an der Hand der Klassiker. Dort hörte er den gelehrten Johann Rhagius, hier im Verein mit Crotus Rubianus und Eoban Hesse, an welche er sich innig anschloß, den Humanisten Maternus Pistoris. Von nachhaltigem Einfluß auf seine Ausbildung wurde jedoch erst seine Bekanntschaft mit dem Philosophen Mutianus Rufus, der von dem benachbarten Gotha aus auf die lernbegierige Jugend Erfurts nachhaltig einzuwirken verstand. Aus Liebe zu seinem alten Lehrer Rhagius, der inzwischen nach Frankfurt a. O. übergesiedelt war, bezog H. 1506 diese Universität und folgte demselben 1507 nach Leipzig. In Frankfurt wurde er Bakkalaureus, und in diese Zeit fallen seine ersten poetischen Versuche: eine Elegie an Eoban, ein Lobgedicht auf die Mark, eine Ermahnung zur Tugend. Obwohl noch unfertig und ohne strenge Disposition, entbehren diese lateinischen Distichen nicht des Wohllauts, der Huttens spätere Gedichte so anziehend macht. Schon 1509 trieben Reiselust und Wißbegierde H. in die Ferne. Gar wechselvoll sind seine Schicksale in den nächsten Jahren; oft ist er von allen Mitteln entblößt und muß von Bewunderern seines Talents Unterstützungen annehmen, so in Greifswald, in Rostock und Wien. Doch Dankbarkeit ist nicht seine Tugend; als Sohn der Musen glaubt er Anspruch auf die Wohlthaten der Begüterten zu haben, und wo sich diese allzu karg erweisen, geißelt er sie, wie die Familie Lötz in Greifswald, mit der ganzen Schärfe seines Witzes und der Rücksichtslosigkeit seines leidenschaftlichen Temperaments. Sein ruheloser Sinn verschlug ihn 1512 nach Pavia; doch als ihm bei der Eroberung dieser Stadt die päpstlichen Schweizer sein Letztes nahmen, trieb ihn die Not in die Reihen der kaiserlichen Landsknechte (1513). Die Kunde von der Ermordung Hans v. Huttens, eines Sohns seines Verwandten und Wohlthäters Ulrich v. Hutten, durch den Herzog Ulrich von Württemberg (s. d.) veranlaßte ihn zur Abfassung von fünf Reden gegen den letztern, welche diesen Familienhandel mit schonungsloser Schärfe aufdeckten und vornehmlich die Ächtung des Herzogs herbeigeführt haben, und eines "Tyrannengesprächs" ("Phalarismus"), in welchem er zuerst seinen Wahlspruch: "Jacta est alea" (ich hab's gewagt) ^[(?) dieses ist die Übersetzung von "Attempto"] gebrauchte. Diese Teilnahme an dem Schicksal seines Verwandten versöhnte seinen Vater wieder mit ihm, der mit des Sohns Flucht aus dem Kloster und seinen wissenschaftlichen Studien sehr unzufrieden gewesen war. Die Angriffe von seiten der Kölner Dominikaner auf Reuchlin (s. d.) erregten Huttens lebendigste Teilnahme und waren die Veranlassung zu seinem Gedicht "Triumphus Capnionis", welches er wahrscheinlich 1514 verfertigte, und worin er die Feinde der Wissenschaften und der beginnenden Aufklärung aufs schonungsloseste angriff. Gegen