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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Johanniterorden

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Johanniterorden (Geschichte des Ordens).

dienende Brüder zur Pflege der Kranken und Geleitung der Pilger. Raimund selbst nahm den Titel "Meister" an, den Titel "Großmeister" erhielt erst Hugo von Revel 1267 vom Papst Clemens IV. Kaiser Friedrich Barbarossa stellte den Orden 1185 unter den Schutz des Reichs und befreite seine Mitglieder von allen Leistungen an dasselbe. Zu voller Machtentwickelung gelangte der Orden, als er in der Verteidigung des Heiligen Landes und in der Beschützung des Königtums von Jerusalem einen mächtigen Beistand durch den gleiche Tendenzen verfolgenden Templerorden erhielt. Bald indessen artete der Wettstreit dieser beiden Orden um große Thaten in einen neidischen Kampf um Rang und Besitz aus, und selbst innerhalb des Johanniterordens entstand Streit und Zwietracht. Die Ritter gaben sich einer üppigen Lebensweise hin und schwächten die Macht der Könige von Jerusalem durch hierarchische Anmaßung. Die infolgedessen eingetretene Ohnmacht des Ordens erleichterte dem Sultan Saladin von Ägypten die Eroberung Jerusalems. Als Philipp August von Frankreich und Richard Löwenherz von England vor Akka erschienen, eilte auch der Orden herbei, um an der Belagerung teilzunehmen, und verlegte 1191 seinen Sitz dahin. Infolge des Friedensschlusses Kaiser Friedrichs II. mit dem Sultan von Ägypten in Palästina zur Unthätigkeit verdammt, eilten die Ritter zum Kampf mit den Mauren nach Spanien und entrissen ihnen Valencia, wofür sie der König Jakob von Aragonien mit Ländereien reich belohnte. Nicht so glücklich war die Wiedereröffnung der Feindseligkeiten mit den Ägyptern und den von diesen zu Hilfe gerufenen Charesmiern. In der Schlacht bei Gaza (1244) fiel ein großer Teil der Ordensritter, auch den Meister Guérin fand man unter den Toten.

Als 1291 Akka unter Jean de Villiers an den Sultan von Ägypten verloren ging, fanden die Überreste des Ordens zunächst eine gastliche Aufnahme bei dem König von Cypern, der ihnen die Stadt Limisso als Ordenssitz überließ. Sie beschlossen, den Krieg gegen die Ungläubigen fortzusetzen, und legten durch den Bau einiger Schiffe den Grund zu ihrer später so bedeutenden Flotte. Als indes Mißhelligkeiten zwischen dem König und dem Orden ausbrachen, beschlossen die Ritter, sich eine neue Heimat zu begründen durch die Eroberung der Insel Rhodos, die (1309) dem Großmeister Fulko von Villaret gelang. Auch mehrerer benachbarter Inseln bemächtigten sich die Ritter. Mit der wachsenden Macht stieg wieder der Reichtum des Ordens. Von der Insel, die unter seiner Verwaltung ein Musterstaat wurde, legte sich der Orden den Namen Rhodiserorden bei. Nach dem Untergang der Tempelherren ging 1312 ein großer Teil ihrer Besitzungen auf den Orden über. Im Besitz der Insel erhielt er sich lange unangefochten und faßte auch zeitweise auf dem Festland von Kleinasien, in Smyrna und Halikarnaß, Fuß. Unter Johann von Lastic (1437-54) erschien eine ägyptische Flotte zweimal vor Rhodos und begann 1444 die Belagerung der Hauptstadt, wurde aber zurückgeschlagen. Selbst die furchtbare Belagerung der Stadt Rhodos durch Mohammeds II. ungeheures Heer von 100,000 Mann (1479) hielt Peter von Aubusson (1476-1503) glücklich aus. Aber eine streitige Großmeisterwahl führte die gefürchtete Katastrophe herbei. Der Kanzler Andreas von Moral (oder Amoral) hatte nach der Großmeisterstelle gestrebt. Als ihm aber Philipp Villiers de l'Isle Adam (1521-34) vorgezogen wurde, verriet Moral die Beschlüsse gegen die Türken, um welche er durch seine Stellung wußte, durch einen Juden an den Feind. Sofort erschien Soliman mit einer Flotte von 400 Segeln und 140,000 Mann Landtruppen im Sommer 1522 auf der Höhe von Rhodos, während die Johanniter dem Feind nur 600 Reiter und 4500 Mann entgegenzustellen hatten; die Stadt ergab sich nach heldenmütiger Gegenwehr 24. Dez. 1522. In der Neujahrsnacht zu 1523 verließ der Rest des Ordens unter Villiers die Insel und kam im Mai nach Messina, das ihm der Vizekönig Pignatelli angewiesen hatte. Überall in Europa, besonders bei Kaiser und Papst, fand der Orden das tiefste Mitleid, und Karl V. überließ ihm 24. März 1530 Malta samt Gozzo, Comino und Tripolis als Lehen, wofür derselbe alljährlich einen weißen Falken als Symbol der Abhängigkeit an die spanischen Statthalter von Sizilien geben sollte. Am 26. Okt. 1530 landete der Großmeister auf Malta, und der Orden nahm davon den Namen Malteserorden an. Als unter dem Großmeister Juan d'Omedes (1536-53) der Orden an den Kriegen Karls V. gegen die Barbareskenstaaten lebhaften Anteil nahm, erhielten der Admiral der Ordensgaleeren (es war dies der tapfere Georg Schilling) und der Großmeister die Reichsfürstenwürde (1548). Das Schloß Tripolis ging 1552 an die Türken verloren, die hierauf auch die Belagerung Maltas unternahmen. Die Verteidigung der Stadt durch Jean de la Valette Parisot (18. Mai bis Ende August 1565) bildet eine der glänzendsten Partien in der Geschichte des Ordens. Vier Monate lang leisteten die Ritter Widerstand und zwangen endlich den Sultan, mit einem Verlust von 20,000 Mann die Belagerung aufzuheben. Es entstand damals die Stadt La Valetta zu Ehren des Großmeisters. Allein nur der Geist eines La Valette hatte noch den Verfall des Instituts aufhalten können. Nach dem Tode des Helden (1568) wurde zwar der Sitz des Ordens von Peter del Monte nach La Valetta verlegt und neuer Ruhm durch die Teilnahme an der Schlacht bei Lepanto gewonnen, allein unter den folgenden Großmeistern schwächten innere Zwistigkeiten die Macht des Ordens. Durch den westfälischen Friedensschluß 1648 verlor der Orden fast alle seine Besitzungen im protestantischen Teil von Deutschland, und der Versuch, durch Ankauf überseeischer Besitzungen seine Verluste zu ersetzen, mißlang insofern, als nach zwölfjährigem Besitz die Inseln St.-Christoph nebst Barthélemy, St.-Martin, Ste.-Croix einer Handelsgesellschaft überlassen werden mußten. Eine glänzende Periode führte 1697-1720 der Großmeister Raimund Perellos von Roccaful noch einmal für den Orden herauf. Seine Siege über die Türken machten, daß sich alle im Kriege gegen den Halbmond befindlichen Mächte um seine Hilfe bewarben. Doch damit ging auch der kriegerische Beruf der Ritter seinem Ende zu. Sowenig sich der Orden im 16. Jahrh. des Einflusses der Jesuiten erwehren konnte, sowenig vermochte er sich den Ideen der Neuzeit zu verschließen. Emanuel Maria, Prinz von Rohan (1775-97), eifrigst bemüht, einen wissenschaftlichen Geist in dem Institut zu verbreiten, berief ein neues Ordenskapitel und ließ neue Statuten beraten, die 1782 erschienen. Diese zeitgemäße Umgestaltung schien den Orden von neuem zu heben: man zählte damals nicht weniger als 3000 Mitglieder desselben. Er erwarb die Güter des aufgehobenen Ordens der Spitalherren des heil. Anton von Vienne, erhielt die ihm in Polen unrechtmäßigerweise entzogenen Besitzungen zurück und trat in Pfalzbayern durch Karl Theodors Gunst