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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Karlssteine; Karlstad; Karlstadt; Karlstein; Karmanien; Karmarsch

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Karlssteine - Karmarsch.

Karlssteine, s. Gräber, prähistorische.

Karlstad, Hauptstadt des schwed. Läns Wermland, liegt an der Eisenbahn Stockholm-Christiania, auf der vom Klarelf kurz vor seiner Mündung in den Wenersee gebildeten Tingvallaö, ist seit dem Brand von 1865 neu und regelmäßig gebaut und hat (1883) 7737 Einw. Sie ist Sitz eines Bischofs, hat ein Lehrerseminar, eine eisenhaltige Quelle, Industrie in Eisen und Zündhölzern und lebhaften Handel in Holz und Eisen. Ihr Hafen steht mit den Orten am Wenersee und Gotenburg in Dampferverbindung. K. wurde 1584 angelegt.

Karlstadt, 1) Bezirksstadt im bayr. Regierungsbezirk Unterfranken, rechts am Main und an der Linie Treuchtlingen-Aschaffenburg der Bayrischen Staatsbahn, 166 m ü. M., hat eine gotische Pfarrkirche, ein Amtsgericht, ein altes, schönes Rathaus im gotischen Stil, ein Kapuzinerkloster, eine Knabenrettungsanstalt, Obst-, Wein- und Hopfenbau, Schiffahrt und (1885) 2320 meist kathol. Einwohner. K. ist Geburtsort des Bilderstürmers Andreas Bodenstein, genannt Karlstadt (s. d.). Gegenüber die Ruine der 1525 von den Bauern zerstörten Karlsburg. -

2) (Kroat. Karlovac, ungar. Károlyváros) königliche Freistadt und Festung im kroatisch-slawon. Komitat Agram, liegt an der Kulpa, ist Station der Agram-Fiumaner Bahn und Sitz eines griechisch-oriental. Bischofs und Domkapitels, zählt (1881) 5824 Einw. und hat 5 Kirchen, ein Zeughaus, eine Spiritusfabrik, eine Turbinenwalzmühle, ein Bezirksgericht, ein Untergymnasium, eine Unterrealschule und in der Umgebung große Walzmühlen. Als reichste und sehr bedeutende Handelsstadt Kroatiens und Hauptstapelplatz für Bosnien hatte K. früher einen lebhaften Handel mit Hornvieh, Wein, Mehl, Rohprodukten und insbesondere mit Getreide und Holz, ebenso auch Schiffahrt und Schiffbau. Seit Eröffnung der Bahn und den verheerenden Feuersbrünsten hat dieser Verkehr jedoch aufgehört.

Karlstadt, 1) (eigentlich Andreas Rudolf Bodenstein) extremer Reformator, zu Karlstadt in Franken vor 1483 geboren, wirkte, nachdem er sich in Italien gebildet hatte, seit 1504 an der Universität Wittenberg, trat auch 1508 daselbst in den praktischen Kirchendienst. Erst strenger Thomist, wandte er sich 1517 der Lehre Luthers zu, und 1519 bestand er mit Eck auf der Pleißenburg zu Leipzig eine mehrtägige Disputation über die pelagianisch-augustinische Streitfrage, wobei er als Verteidiger des strengsten Augustinismus auftrat. Während Luther auf der Wartburg war, hielt K. am Christfest 1521 das Abendmahl in deutscher Sprache unter beiderlei Gestalt ab, ließ sich jedoch sodann von Schwärmern, die aus Zwickau angekommen waren, zu Störung des Gottesdienstes und zum Zertrümmern der Altäre und Bilder hinreißen. Luther (s. d.) gelang es, den ungestümen Neuerer zur Ordnung zu bringen. Schon 1523 begann K. jedoch in Orlamünde seine Bilderstürmerei von neuem und erklärte sich zugleich gegen Luthers Abendmahlslehre. Als Kurfürst Friedrich der Weise ihn infolgedessen aus seinen Landen verwies, trat K. auch öffentlich als Luthers Gegner auf und veranlaßte dadurch den bekannten Abendmahlsstreit. Der Teilnahme am Bauernkrieg beschuldigt und schwer verfolgt, nahm er gleichwohl wieder zu Luther seine Zuflucht. Durch dessen Vermittelung ward ihm zu Kemberg ein Asyl zu teil, wo er vom Feldbau und Handel lebte. Als er 1528 seine Umtriebe von neuem anfing, mußte er nach der Schweiz fliehen, ward dort nacheinander Pfarrer zu Altstätten im Rheinthal, Diakonus zu Zürich und 1534 Prediger und Professor der Theologie in Basel, wo er zu Weihnachten 1541, allgemein geachtet, starb. Vgl. Jäger, Andreas Bodenstein von K. (Stuttg. 1856).

2) Johann, s. Draconites.

Karlstein (richtiger Karls-Tein, tschech. Karluv Tyn), berühmtes Schloß in der böhmischen Bezirkshauptmannschaft Horzowitz, 17 km südwestlich von Prag, in romantischer Lage auf einem 72 m hohen, steilen Kalkfelsen, oberhalb des Ortes Budnian, unweit der Beraun, mit Station der Böhmischen Westbahn (am jenseitigen Ufer), wurde 1348-56 von Karl IV. erbaut mit der Bestimmung, als Kronfeste Böhmens und Aufbewahrungsort der Reichskleinodien und Staatsarchive zu dienen. Die Burg ist ein merkwürdiges Denkmal mittelalterlicher Baukunst. Das Hauptgebäude besteht aus fünf Geschossen, in deren obern sich die Wohnzimmer Karls IV. und der Audienzsaal befinden. Abgesondert aus dem höchsten Gipfel des Felsens steht der große viereckige Turm, 38 m hoch, 18 m breit, 26 m lang, mit fünf Stockwerken und 4 m dicken Doppelmauern. In diesen Turm, den fünf Wachthäuser umgeben, führt eine mit Fresken aus der böhmischen Legende geschmückte Treppe zu der im dritten Stock befindlichen Kreuzkapelle, wo ehemals die Reichskleinodien verwahrt wurden. Die Wände der Kapelle sind mit altböhmischen Malereien aus Goldgrund (um 1360, von Theoderich von Prag, Wurmser, Mutina) geschmückt. Im Nebengebäude befinden sich Wohnungen und ehemalige Gefängnisse, im zweiten Stock die Marienkirche, ebenfalls mit Wandgemälden geziert. Eine geheime Thür führt von hier in die in der Dicke der Mauer befindliche Katharinenkapelle, deren Wände mit wohlerhaltenen Malereien, Gold und Edelsteinen förmlich bedeckt sind. Hier hielt Karl seine Andachten. Sehenswert ist auch der 155 m tiefe Brunnen. In den Hussitenkriegen wurde die Feste belagert, doch nie erobert. Eine gründliche Restaurierung der schadhaft gewordenen Burg ist beabsichtigt. Vgl. Mikowec, Die königliche Burg K. (Wien 1858).

Karmanien, im Altertum Küstenland des Persischen Meerbusens, nördlich bis zur Oase Isatis (Jezd), mit dem Handelshafen Harmozia (Ormus), dem heutigen Kirman (s. d.) entsprechend. Die Bewohner glichen in Sitte und Lebensweise den Persern.

Karmarsch, Karl, Technolog, geb. 17. Okt. 1803 zu Wien, widmete sich auf dem dortigen polytechnischen Institut zuerst kommerziellen, dann technischen Studien und war 1819-23 Assistent der mechanischen Technologie unter Professor Altmütter, von welchem er im wesentlichen die Grundlage seiner technischen Richtung erhielt. 1830 folgte er einem Ruf nach Hannover zur Gründung und Leitung einer polytechnischen Schule. Er übernahm an derselben die Lehrstühle der mechanischen Technologie und (bis 1840) der theoretischen Chemie, und es waren namentlich seine Vorlesungen, welche das schnelle Aufblühen der Anstalt, die bald einen akademischen Charakter erhielt, verursachten. 1839 ward er Mitglied der Verwaltungskommission der Gewerbeschulen, 1845 Vizepräsident des Gewerbevereins des Königreichs Hannover und 1851 als Abgeordneter der Lehrerkollegien höherer Schulanstalten Mitglied der Ersten Kammer. Eine besondere Thätigkeit entfaltete K. als Mitglied der Preisjuries auf verschiedenen deutschen Industrieausstellungen und auf denen zu London und Paris. Er trat 1875 in den Ruhestand und starb 24. März 1879 in Hannover. K. hat für die mechanische Technologie eine neue und eigentümliche ratio-^[folgende Seite]