Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Serbien (Zeitung)'
jahre 1848 begann sich das geistige Leben zu regen. In Belgrad gab die Serbische Gelehrtengesellschaft
(1847–92) den «Glasnik» heraus; 1874 hatten die Südslawen, Kroaten
und Serben zusammengenommen 55 Zeitschriften, davon waren 22 mit lateinischen und 33 mit cyrillischen
Lettern gedruckt; polit. Blätter waren 26, belletristische 14 und 15 Fachblätter. Der Krieg 1877–78 hatte das
Eingehen vieler Blätter zur Folge. Im Juli 1890 erschienen im Königreich S. 55 Zeitungen und Zeitschriften,
davon 38 in Belgrad. «Srpska Nezavisnost» ist Organ der liberalen,
«Odjek» der radikalen Partei,
«Videlo» und «Mali List» sind
fortschrittliche, «Narodni Dnevnik» und
«Male Novine» unabhängige Blätter,
«Dnevni List» ist offiziös,
«Velika Srbija» vertritt großserb. Tendenzen. Von Fachblättern sind
bemerkenswert: «Glas» und
«Spomenik» (Organe der serb. Akademie der Wissenschaft), die russ.
belletristische Revue «Delo»,
«Službeni vojni list» (Amtsblatt des Kriegsministeriums),
«Ratnik» (redigiert vom Generalstab),
«Branić» (Organ des Advokatenvereins), ferner die technischen Blätter
«Železnički Vesnik» und
«Srpski technički list» sowie die kirchlichen Blätter
«Vesnik srpske crkve» und
«Hrišćanski Vesnik». Der zweimal monatlich erscheinende
«Srpski Merkur» ist Handelsinteressen gewidmet.
Vgl. Kanitz, Serbien (Lpz. 1868); Milićević, Kneževina Srbija (1878);
ders., Kraljevina Srbija (1884); Wittinghausen und Szatmarvar, Das
Königreich S. (Preßb. 1883); Zugović, Geolog. Übersicht des Königreichs S. (im «Jahrbuch der k. k. geolog.
Reichsanstalt», Wien 1889); Karić, Srbija (Belgr. 1888); Millet,
La Serbie économique et commerciale (Par. 1889);
Statistika Kraljevine Srbije (Bd. 1–3, Belgr. 1892–93); Coquelle,
Le royaume de Serbie (Par. 1894); Generalkarte des Königreichs S.
1:200000 (Wien 1893); Topogr. Karte vom Königreich S. (Belgr. 1893).
Geschichte. Die ältesten Bewohner des
Landes waren im Westen Illyrer, im Osten Thraker, wozu sich im 3.Jahrh. v. Chr. die kelt. Skordisker
gesellten. Nach der Unterwerfung durch die Römer gehörten diese Gebiete zu den Provinzen
Dalmatia (der Westen des jetzigen Königreichs mit Rudnik),
Moesia superior und Dardania.
Die alte Bevölkerung wurde meist romanisiert, und Reste dieser Romanen (Wlachen) gab es noch im späten
Mittelalter im Lande. Nach den Zügen der Goten, Hunnen und Avaren folgte im 7. Jahrh. die Einwanderung
der Slawen, die, in kleine Stämme geteilt und von einzelnen, Župan genannten Fürsten beherrscht, an der
Küste bald unter byzant. Oberhoheit kamen. Der Stamm der eigentlichen Serben saß im Binnenland am
Lim und Ibar. Erst langsam gewann sein Name einen weitern Umfang. Nach der Landschaft bei der Burg
Ras und am Fluß Raška wurde das Land im Ausland oft auch Rašcia genannt
(s. Novipazar). Der Schwerpunkt der ältern serb. Geschichte lag aber an der Küste, in
der Nachbarschaft der byzant. Seestädte zwischen Durazzo und der Narenta. Das Christentum kam teils
aus den roman. Städten Dalmatiens, teils aus dem griech. und bulgar. Osten, bis im 12. Jahrh. der orient.
Einfluß die Oberhand gewann. Der Osten mit der Straße von Belgrad nach Konstantinopel war im Besitz der
Bulgaren, gegen welche die Serben von den Byzantinern unterstützt wurden, wobei sich die Stämme unter
einem Groß-Župan vereinigten, wie es scheint, zuerst unter Tscheslaw um 930–950. ↔
Nach der Eroberung Bulgariens durch die Byzantiner (1018) begannen die serb. Fürsten, oft im Bunde mit
Ungarn, den Kampf gegen die byzant. Übermacht, so Stephan Vojšlaw (nach 1040), der in Montenegro
einige große Siege erfocht, sein Sohn Michael (um 1051–81), der von Papst Gregor VII. den Königstitel
erhielt, und dessen Sohn Bodin, den die Kreuzfahrer 1096 in Skutari antrafen. Unter den Komnenen verfiel
das Land durch Teilung und öftern Wechsel der Groß-Župane, bis Stephan Nemanja die einzelnen Gebiete
wieder vereinigte und nach dem Tode des Kaisers Manuel I. (1180) unabhängig machte. Nemanjas Sohn
Stephan der «Erstgekrönte» erhielt 1220 vom Papst die Königskrone, während gleichzeitig sein Bruder,
der Erzbischof Sava, im Einverständnis mit den Griechen das autokephale serb. Erzbistum begründete.
Wiederholte Kämpfe um den Thron hemmten den Aufschwung des Landes, bis König Stephan Urosch II.
Milutin (1282–1321) das nördl. Macedonien besetzte, seine Residenz in Skopje aufschlug und sich als
Schwiegersohn des Kaisers Andronikos II. diese Erwerbungen bestätigen ließ. Venetianer und Ragusaner
trieben von der Küste aus, wo Cattaro, Antivari und Dulcigno unter serb. Herrschaft standen, einen regen
Handel im Lande, besonders bei den Bergwerken (Novo Brdo, Rudnik u. s. w.), die meist von aus Ungarn
eingewanderten Sachsen ausgebeutet wurden. Die Macht des Königs war beschränkt durch einen
kriegerischen Adel (vlasteIa). Die größte Ausdehnung erreichte S.
unter Stephan (s. d.) Duschan (1331–55), der die
Bürgerkriege in Byzanz zur Besetzung von Südmacedonien (außer Saloniki), Thessalien, Albanien und
Epirus benutzte und sich 1346 in Skopje zum Kaiser (Zar) der Serben und Griechen krönen ließ. Bei der
Unbotmäßigkeit des Adels zerfiel aber das Reich bald nach seinem Tode. Sein Bruder Symeon bemächtigte
sich als Zar des Südens und schlug seine Residenz in Trikala in Thessalien auf. Duschans Sohn, der letzte
Nemanjide, Zar Urosch (1355–71), verlor bald alles Ansehen. Der Edelmann Wukaschin ließ sich 1366 zum
König proklamieren, fand aber nicht überall Anerkennung und fiel 1371 bei einem Zug gegen die Türken
bei Adrianopel. Die serb. Teilfürstentümer in Macedonien, darunter das des Königs Marko und andere, fielen
unter türk. Oberhoheit. Im Norden behaupteten sich die Balscha (s. d.), die
Brankowitsch (s. d.) und Fürst (Knez) Lazar im Moravathal, der einen Bund gegen die
Türken organisierte, aber 1389 in der Schlacht auf dem
Amselfelde (s. d.) unterlag. Trotzdem besaßen seine Nachfolger
ein noch größeres Territorium als er. Sein Sohn Stephan Lazarević (1389–1427) riß sich nach der Schlacht
bei Angora (1402) von der türk. Oberhoheit los, um sich König Sigismund von Ungarn anzuschließen, erhielt
vom byzant. Kaiser den Despotentitel, residierte meist in Belgrad und gewann außer der bosn.
Bergwerkstadt Srebernica als Erbe der Balschas nach einem Krieg gegen Venedig auch das Küstenland bei
Budua und Antivari. Sein Neffe und Nachfolger Georg Brankowitsch (1427–56) war den Türken tributär,
stützte sich aber häufig auf Ungarn und stellte nach der ersten Eroberung durch Murad II. (1439–44) seinen
Staat fast ganz im alten Umfang her. Die Uneinigkeit seiner Söhne erleichterte Mohammed II. die vollständige
Unterwerfung S.s durch Einnahme der Hauptstadt Smederovo (Semendria) 1459.
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 873.