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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Birma

Linie bis zum Stromgebiet des Brahmaputra ist geplant (bis Wun-tho im Bau), desgleichen eine Bahn von Malmen nach Schieng-me (Zimme) in Siam. An Schiffen liefen 1890/91 ein: 595 mit 704332 t; und aus: 615 mit 771732 t.

Staatliches. Die Birmanen zerfallen in sieben sociale Klassen: die jetzt abgesetzte und in Indien internierte königl.Familie, die Staatsbeamten, die Reichen (tsuthé), die Priesterschaft, die Landbauer, die Sklaven und die Ausgestoßenen. Einen Adel giebt es nicht, und jeder, die beiden letzten Klassen ausgenommen, kann zu den höchsten Ehren gelangen. Alle Klassen unterscheiden sich äußerlich voneinander nicht bloß in Kleidung, sondern auch durch eine Menge von Kennzeichen in den allergeringfügigsten Gegenständen, wie z. B. durch die Farbe ihrer Trinkgeschirre u. s. w. Verfassung und Regierung B.s waren rein despotisch. Das Reichsoberhaupt, gewöhnlich als König oder Kaiser (Boa) oder als «goldfüßige Majestät» bezeichnet, nannte sich «Herr des Weltalls» und hatte unbeschränkte Gewalt über Leben und Eigentum aller Unterthanen. Das.Heer war unbedeutend. Die Hauptstadt war früher Awa, dann Amarapura, schließlich Mandale. Außerdem sind zu erwähnen: Rangun, Malmen, Prome, Pegu, Bassein, Bhamo, Akjab (s. die Einzelartikel), Tungu mit (1881) 17119, Thajet-mjo mit 16077, Tavoi mit 13372, Schwe-dung mit 12373 E. Für die Verwaltung war das Reich in Provinzen (Mjo) unter Gouverneuren (Mjo-Wun) geteilt. Jede Provinz zerfiel in Distrikte, Stadtweichbilde und Dorfschaften, alle unter besondern Beamten mit gesetzgebender, ausführender und richterlicher Macht. Die Grundeigentümer zahlten eine Art Besitzsteuer. Das meiste Kulturland war jedoch in Händen von Günstlingen und Beamten gegen eine geringe Abgabe an die Krone, und die Bestechlichkeit war ganz allgemein; doch beginnt mit der engl. Herrschaft eine neue Ordnung der Verhältnisse. «Britisch-Birma» ist in 4 Divisionen geteilt: Arakan, Irawadi, Pegu und Tenasserim (s. diese Artikel). Sitz der brit. Oberbehörde ist Rangun. Seit 1888 haben die Engländer auch in Unterbirma angefangen, die Gemeindeverwaltung wählbaren Gemeinderäten anzuvertrauen. Besonders in Rangun, Akjab und Bassein nahm die Bevölkerung an den Magistratswahlen sehr lebhaften Anteil. Doch hat dieser erste Versuch mit der Lokalverwaltung durch Eingeborene bis jetzt nur unbefriedigende Resultate ergeben.

Geschichte. Der «Goldene Chersones», wie Ptolemäus B. bezeichnet, hat in der Weltgeschichte eine unbedeutende Rolle gespielt; B. blieb für sich bestehend und unbekannt, das Schlachtfeld und Grab fremder Rassen und Reiche. Die jetzigen brit. Besitzungen umfassen (seit 1820, 1852 und 1886) die fünf alten Reiche Aratan, Thah-tun, Martaban, Pegu und Awa (oder Ober-Birma). In uralter Zeit wurde das Land von Ostindien aus kolonisiert, später folgten Einfälle von birman. Stämmen aus dem Osten. Von 146 v. Chr. an wurde die buddhistische Religion in B. gepredigt und fand rasch überall Aufnahme. Um 1133 erkannten die Könige von Bengalen, Pegu, Pagan und Siam die Oberherrschaft des Königs Gaw-laja von Arakan an. Bis gegen Ende des 13. Jahrh. fanden fortwährende Einfälle von Schan- und Talaing-Stämmen von Osten her statt, bis König Mimi 1294 dieselben zurückschlug. Einer seiner Nachfolger, Min-Saw-Mun, wurde 1404 wegen seiner Tyrannei vom Volke entthront; er floh nach Bengalen, kam mit Hilfe der Mohammedaner auch wieder auf den Thron, doch blieb er der Vasall seiner Helfer. Gegen Ende des 16. Jahrh. benutzte der König von Arakan die Schwäche der Mohammedaner in Bengalen, um Tschittagong zu erobern und bis zum Meghna vorzudringen. Sein Sohn half dem Vicekönig von Taung-gu das Reich von Pegu vernichten, und mit Hilfe des portug. Abenteurers Philip de Brito y Nicote suchte er im Besitz derselben zu bleiben. Doch Nicote machte sich selbständig und herrschte 13 Jahre, bis er 1613 vom Könige von Awa besiegt und getötet wurde. Im 17. Jahrh. war das Reich Arakan der Zufluchtsort der verworfensten europ. Abenteurer. Sebastian Gonzales, ein berüchtigter Seeräuber, setzte sich auf der Insel Sandiwa (Sandwip) an der Meghna-Mündung fest; jahrelang war er ein Schrecken des Landes und der See, bis seine Macht von den Engländern und Holländern gebrochen wurde. Um die Mitte des 18. Jahrh. erhob sich der mächtige Fürst Alaung-paja von Awa; unter seinem Sohne wurde Arakan eine Beute dieses Reichs.

Awa, das jetzige Ober-Birma, war im 11. bis 13. Jahrh. n. Chr. ein mächtiges Reich. Die herrschende Dynastie wurde durch die mongol. Einfälle 1284 (zur Zeit Kublai-Chans) gestürzt; später war das Reich oft eine Beute der Schan-Fürsten. Anfang des 16. Jahrh. gelangte der birman. Fürst von Taung-gu (nordöstlich Pegu) zur Herrschaft. Fortwährende Kriege, besonders gegen Pegu, erschöpften das Land. Gegen 1580 war Pegu (unter den Tung-gu-Fürsten) das mächtigste Reich in B. Eine neue Dynastie kam nun in Awa auf den Thron; dieselbe unterwarf Pegu und beherrschte es bis gegen 1740. Die Peguer erhoben sich um diese Zeit gegen Awa, eroberten das ganze Reich, nahmen den König gefangen und herrschten mit größter Willkür. Alaung-paja (oder Alompra), ein Dorfvorsteher, setzte die Befreiung Awas ins Werk. In den 3 Jahren 1753‒55 besiegte er die Peguer dreimal, wobei ihm die Engländer halfen, während die Franzosen auf seiten Pegus standen. 1757 eroberte Alaung-paja die Stadt Pegu und drang bis Tenasserim vor. Er erkrankte auf dem Zuge und starb. Sein Sohn Bodaw-vaja eroberte 1783 Arakan und verlegte im selben Jahre die Residenz nach Amarapura. 1771 hatten sich die Siamesen gegen Awa empört; lange dauernde Kriege folgten, doch wurden die Siamesen nicht mehr unterworfen. 1793 wurde mit ihnen Friede geschlossen. Der erste Streit zwischen B. und den Engländern erfolgte 1795 im Distrikte Tschittagong. Spätere Einfälle der Birmanen folgten, bis die Engländer 1824 den Krieg erklärten und einen großen Teil B.s eroberten. Im Frieden von Jandabu (24. Febr. 1826) behielten sie die Provinzen Arakan und Tenasserim. Von 1837 an erneuerten sich die Feindseligkeiten; 1852 folgte der zweite birman. Krieg, der mit der Einverleibung von Pegu und Martaban endigte. 1862 wurden die Gebiete Arakan, Tenasserim, Pegu und Martaban zu der Chief-Commissionership «Britisch-Birma» vereinigt, die unter dem Vicekönig von Ostindien steht. Erster Chief-Commissioner wurde Sir Arthur Phayre. 1874 wurde das von seinem Fürsten freiwillig an England abgetretene malaiische Reich Queda auf der Halbinsel Malaka mit Tenasserim verbunden. Mitte der achtziger Jahre trat wieder ein gespanntes Verhältnis zwischen den Engländern und dem tyrannischen Könige Thiba (engl. Thee- ^[folgende Seite]