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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Eisenbahn (Reichseisenbahnfrage; Betriebswesen, Fahrpläne).

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Eisenbahn'

B. Privatbahnen (1. Okt. 1885).

Die mit (B.-A.) bezeichneten Orte sind Sitze einer Betriebsabteilung, mit (B.-I.) einer Betriebsinspektion, mit (B.-V.) einer Betriebsverwaltung, mit (S.-D.) einer Spezialdirektion, mit (V.) eines Vorstandes, mit (V.-R.) eines Verwaltungsrats.

Nr.BahnDirektion in
1Aachen-Jülicher EisenbahnAachen
2Altdamm-Kolberger EisenbahnStettin
3Altona-Kaltenkirchener EisenbahnAltona
4Breslau-Warschauer EisenbahnPoln.-Wartenberg
5Brohlthal-EisenbahnKöln
6Zentralverwaltung für Sekundärbahnen (Hermann Bachstein)Berlin
a) Fröttstedt-Friedrichroda(B.-A.) "Thüringen" in Gotha
b) Hohenebra-Ebeleben"
c) Ilmenau-Großbreitenbach"
d) Wutha-Ruhla"
e) Parchim-Neubrandenburg(B.-A.) "Mecklenburgische Südbahn" in Waren
f) Neubrandenburg-Friedland"
g) Parchim-Ludwigslust"
h) Osterwieck-WasserlebenOsterwieck (B.-I)
i) Wittenberge-PerlebergPerleberg (B.-V.)
k) Perleberg-Pritzwalk-Wittstock"
7Königswinter-DrachenfelsKönigswinter
8Dortmund-Gronau-Enscheder Eisenb.Dortmund
9Eisenberg-Krossener EisenbahnEisenberg (B.-V.)
10ErmsthalbahnUrach (V.)
11Eutin-Lübecker EisenbahnLübeck (B.-V.)
12Eystrup-Hoyaer EisenbahnHoya (V.)
13FeldabahnSalzungen (B.-V.)
14Eisenbahn des Georg-Marien-Bergwerk- und HüttenvereinsOsnabrück
15Glasow-Berlinchener EisenbahnBerlin (B.-V.)
16Gnoien-Teterower EisenbahnStettin (B.-V.)
17Güstrow-Plauer EisenbahnGüstrow (V.)
18Halberstadt-Blankenburger EisenbahnBraunschw. (B.-V.)
19Hessische LudwigsbahnMainz (S.-D.)
20Holsteinische MarschbahnsGlückstadt
21IlmebahnBraunschweig
22Kaysersberger ThalbahnKolmar (B.-V.)
23Kiel-Eckernförde-Flensburger EisenbahnKiel
24Kirchheimer Eisenbahn (B.-V.)Kirchheim u. T.
25Krefelder EisenbahnKrefeld
26Kreis-Eisenbahn Flensburg-KappelnFlensburg
27Kreis Oldenburger Eisenbahn (Holst.)Oldenburg (B.-V.)
28Kronberger EisenbahnKronberg (B.-V.)
29Lübeck-Büchener EisenbahnLübeck
30Ludwigs-EisenbahnNürnberg
31Marienburg-Mlawkaer EisenbahnDanzig
32Mecklenb. Friedrich Franz-EisenbahnSchwerin
33NiederwaldbahnRüdesheim
34Nordbrabant-Deutsche EisenbahnGennep
35Nordhausen-Erfurter EisenbahnNordhausen
36Ostpreußische SüdbahnKönigsberg (V.-R.)
37Paulinenaue-Neuruppiner EisenbahnNeuruppin (B.-V.)
38Peine-Ilseder BahnGroßilsede
39Pfalzburger StraßenbahnPfalzburg (V.)
40Pfälzische EisenbahnLudwigshafen
41Prinz Heinrich-BahnLuxemburg (V.-R.)
42Saal-EisenbahnJena
43Schaftlach-Gmunder EisenbahnGmund
44Schleswig-Angler EisenbahnSchleswig
45Stargard-Küstriner EisenbahnKüstrin
46Unterelbesche EisenbahnHarburg
47Warstein-Lippstadter EisenbahnLippstadt
48Weimar-Geraer EisenbahnWeimar
49Werra-EisenbahnMeiningen
50Westholsteinische EisenbahnNeumünster
51Wismar-Rostocker EisenbahnWismar

Reichseisenbahnfrage.

In Deutschland ist seit der Errichtung des Reichseisenbahnamts (s. d.) mehrfach der Versuch zu einer reichsgesetzlichen Regelung des deutschen Eisenbahnwesens gemacht, und es sind zu diesem Zweck 1874, 1875 und zuletzt 1879 Reichseisenbahngesetze ausgearbeitet worden. Die Gesetzentwürfe wollten ↔ die Aufsicht über das Eisenbahnwesen von den Landesregierungen an das Reich übertragen, um die Bestimmungen der Reichsverfassung über die E. zur Ausführung zu bringen, und die materiellen und formellen, aus der Aufsichtsgewalt hervorgehenden Befugnisse regeln. Alle drei Entwürfe sind aber als nicht geeignet zur Schaffung einer den Anforderungen entsprechenden Grundlage für das deutsche Eisenbahnwesen erachtet worden und kamen schon in den Stadien der Vorberatung zu Falle. Inzwischen ist die Reichseisenbahnfrage auf praktischem Weg bereits in den Einzelstaaten durch die Verstaatlichung des Privateisenbahnbesitzes in Angriff genommen worden. Wenn das öffentliche Interesse früher oder später auf eine Verwirklichung des Plans der Reichseisenbahnen hindrängen sollte, so wird man sich die Entwickelung doch nicht so rasch vorstellen dürfen, wie manche Freunde des Reichseisenbahnprojekts bei dessen erstem Auftreten zu erwarten schienen. Man darf nicht außer acht lassen, daß der Gedanke der Reichseisenbahnen kein Projekt im gewöhnlichen Sinn des Wortes, sondern eine wirtschaftliche Bewegung ausdrückt, die noch mehrere Vorstadien durchzumachen hat und daher nur langsam ihrem Ziel zutreiben kann.

V. Betriebswesen.

Der Eisenbahnbetrieb darf sich nicht wie eine andre wirtschaftliche Thätigkeit von Tag zu Tag nach den wechselnden Konjunkturen richten, sondern erfordert eine stete Ordnung, ohne welche eine einheitliche und rationelle Leitung undenkbar wäre. Diese Betriebsordnung findet ihren Ausdruck in mannigfachen Kundgebungen der Bahnen, nämlich in dem Bahnpolizeireglement, der Fahrordnung, den Betriebsinstruktionen und den Betriebsreglements. Ein für alle deutschen Eisenbahnen gültiges Betriebsreglement wurde unterm 11. Mai 1874 erlassen, neben welchem Spezialbestimmungen einzelner Verwaltungen und Verbände nur dann zulässig sind, wenn sie mit dem Reglement nicht in Widerspruch stehen, oder wenn sie dem Publikum günstigere Bedingungen gewähren (s. Eisenbahnrecht). Das Bahnpolizeireglement (in Deutschland vom 30. Nov. 1885, in Kraft getreten vom 1. April 1886 ab) enthält die Bestimmungen, welche wesentlich zur Aufrechthaltung der Sicherheit des Betriebs erforderlich sind.

Fahrpläne sind notwendig zur Erhaltung der Ordnung des Betriebs; sie bestimmen die Fahrzeit, die Zahl und Art der Züge, die Kreuzungen, Aufenthalte und Anschlüsse. Die Aufstellung geeigneter Fahrpläne ist eine der wichtigsten Aufgaben des Betriebs. Genaue Kenntnis der technischen Voraussetzungen und Möglichkeiten, gründlicher Einblick in die Bedürfnisse des Verkehrs und in die finanziellen Bedingungen des Betriebs sind dazu nötig. Es gilt, die wichtigsten und allgemeinsten Interessen des Verkehrs herauszufinden und in erster Linie zu berücksichtigen, weniger wichtige Forderungen nachzusetzen. Dabei sind die verschiedenen Bedürfnisse des durchgehenden und des Lokalverkehrs, ferner die Beschaffenheit der Bahnen in Bezug auf Steigungs- und Krümmungsverhältnisse, Zahl der Geleise auf freier Strecke und auf den Stationen zu berücksichtigen. Durch die Aufstellung der Fahrpläne wird die Rentabilität der Bahnen mit bedingt, daher muß dieselbe zunächst den Bahnverwaltungen überlassen bleiben, wenngleich sich die Aufsichtsbehörden eine Einwirkung auf die Gestaltung des Fahrplans im Interesse des allgemeinen Verkehrs sowie aus Rücksichten des Postdienstes und der militärischen Interessen vorbehalten. Für

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 444.