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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Agende; Agendenstreit; Agenesie; Agenor; Agens; Agent

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Agende - Agent

franz. Provinzialzeitungen übermittelt die A. H. nicht nur polit., finanzielle u. a. Nachrichten, sondern auch Feuilletons und Romane und liefert ihnen sogar Artikel in druckfertigen Clichés. Seit 1873 ist Lebey Leiter des Unternehmens, das 1879 in eine Aktiengesellschaft mit einem Kapital von 8½ Mill. Frs. umgewandelt wurde.

Agende, Kirchenagende (vom lat. agere, handeln), ursprünglich Bezeichnung für die gottesdienstlichen Handlungen, im Mittelalter besonders für die Messe (Agenda missarum, missas agere), dann aber, und zwar häufiger erst nach der Reformation, für die Bücher, in denen die für den Gottesdienst und die gottesdienstlichen Handlungen vorgeschriebenen Gebete und Formulare zusammengestellt sind. Die A. bestimmen also die Liturgie (s. d.) und den Ritus (s. d.), überhaupt haben sie wesentlich dieselbe Bedeutung wie jene Bücher, die man im Mittelalter Pastorale, Sacerdotale, Rituale, Manuale, Liber officiorum und ähnlich nannte. Auch bei den Reformatoren findet sich der Name A. noch nicht häufig, da sie ihre Bestimmungen über den Gottesdienst meistens den umfassendern Kirchenordnungen (s. d.) einverleibten. Manche von diesen, z. B. die brandenburgische von 1540, schlossen sich in Beziehung auf den Gottesdienst eng an das Herkommen der kath. Kirche an, für andere wurden Luthers "Formula missae" von 1523 und dessen "Deutsche Messe und Ordnung Gottis diensts" von 1526 maßgebend. Andere, in den reform. Gebieten, gestalten die Form des Gottesdienstes durchgreifender um, und zwar im Sinne größerer Einfachheit. Auch giebt es welche, die, wie das engl. Book of Common Prayer (s. Common Prayer), zwischen luth. und reform. Gepräge vermitteln. So bildete sich in den evang. Kirchenordnungen und A. des 16. Jahrh. eine große Mannigfaltigkeit der gottesdienstlichen Formen aus. Der Aufklärungsperiode genügten diese alten A. ebensowenig wie die alten Gesangbücher, und so mußten dieselben gegen Ende des 18. Jahrh. vielfach neuen, im Geiste des Rationalismus bearbeiteten A. weichen, bis Friedrich Wilhelm III. mit seiner, zunächst für die Hof- und Domkirche in Berlin bestimmten (1822), dann aber in der ganzen preuß. Landeskirche eingeführten A. den Ton für die Rückkehr zu den alten Ordnungen des Gottesdienstes angab. (S. Agendenstreit und Union.) Seinem Vorgange folgte man in andern deutschen Landeskirchen (z. B. in Württemberg 1843, in Bayern mit dem Entwurf einer A. 1857, in Sachsen 1878); aber auch hier hat sich eine Richtung Bahn gebrochen, die das Alte nicht wiederherzustellen, sondern für die Gegenwart fruchtbar zu machen sucht (z. B. im "Kirchenbuch für die evang.-prot. Kirche im Großherzogtum Baden", 1877, und im "Kirchenbuch für die evang. Landeskirche im Großherzogtum Sachsen", 1885). Ein 1893 vorgelegter neuer Agendenentwurf für die alten preuß. Provinzen wurde trotz vielfachen Widerspruchs 10. Nov. 1894 von der Generalsynode angenommen.- Vgl. Richter, Die evang. Kirchenordnungen des 16. Jahrh. (Weimar 1846); Jacoby, Die Liturgik der Reformatoren (Gotha 1871-76); Köstlin, Geschichte des christl. Gottesdienstes (Freiburg 1887); Spitta, Der Entwurf der preußischen A. (Gött. 1893); Zur Geschichte der A. für die evang. Kirche in den preuß. Landen (Berl. 1894); Kleinert, Der preuß. Agendenentwurf (Gotha 1894) u. a.

Agendenstreit, der Kampf in der preuß. Landeskirche gegen die von Friedrich Wilhelm III. betriebene Einführung einer unter seiner Leitung und Mitwirkung verfaßten Gottesdienstordnung. Schon die 1816 für die Hof- und Domkirche zu Berlin bestimmte Kirchenagende hatte Schleiermacher einer scharfen Beurteilung unterzogen; ebenso erregte die für die Landeskirche bestimmte und in den Garnisonkirchen eingeführte Agende von 1822 lebhaften Widerspruch. Manchen erschien sie zu altkirchlich, fast katholisierend, andern zu wenig orthodox und den Lutheranern zu reformiert. Als 1825 der Ministerialbefehl erging, entweder die neue, oder eine alte bereits früher genehmigte Agende zu gebrauchen, verwahrten sich zwölf Berliner Prediger dagegen, und der Magistrat zu Berlin bestritt dem Könige das Recht, ohne Zustimmung der Gemeinden neue Agenden einzuführen. Eine Anzahl von Pastoren und Laien fühlte sich durch diese Einmischung der Staatsgewalt in kirchliche Glaubenssachen im Zusammenhang mit der Einführung der landeskirchlichen Union (s. d.) zur Trennung von der Landeskirche bewogen. Auch in Baden stieß die geplante Einführung der preuß. Agende auf Widerspruch (1829). - Vgl. Sincerus, Über das liturgische Recht der evang. Landesfürsten (Gott. 1824) und Aktenstücke u. s. w. (hg. von Falk, Kiel 1827).

Agenesie (grch.), das Fehlen von Körperteilen, infolge von unterbliebener Entwicklung derselben.

Agenor, der Sohn des Poseidon und der Libya, König von Phönizien und Gemahl der Telephassa, die ihm den Kadmos, Phoinix, Kilix und die Europa gebar. Als letztere von Zeus in Stiergestalt entführt worden war, sandte A. seine Söhne aus, um sie aufzusuchen, mit dem Befehle, nicht eher zurückzukehren, als bis sie sie gefunden. Da aber ihre Nachforschungen vergeblich waren, kehrten sie nie zurück, sondern ließen sich in verschiedenen Ländern nieder. (S. Kadmos.) - A., der Sohn des Antenor und der Theano, nach Homer einer der tapfersten Trojaner, ließ sich, von Apollon angefeuert, mit Achilleus in Kampf ein und verwundete ihn. Als A. aber nahe daran war, überwunden zu werden, errettete ihn Apollon dadurch, daß er seine Gestalt annahm. Später wurde A. von Neoptolemos, dem Sohne des Achilleus, getötet. - A., der Sohn des Phegeus, Königs von Psophis, Bruder der Arsinoe, der Gattin des Alkmaion, tötete, auf Anstiften des Phegeus, den Alkmaion, als dieser seine Gattin verstoßen und Kallirrhoe zur Gattin genommen hatte. A. wurde von den Söhnen der Kallirrhoe zu Delphi ermordet.

Agens (lat., "wirkend", Mehrheit Agentien) bezeichnet in der Physik und Chemie ein Etwas, dessen inneres Wesen zwar unbekannt ist, das jedoch als Ursache gewisser Erscheinungen angenommen wird. Zahl und Art der angenommenen A. hängt von der jeweiligen Entwicklungsstufe der Wissenschaft ab; so hat man früher einen besondern ausstrahlenden Lichtstoff, einen Wärmestoff als Ursache der Licht- und Wärmeerscheinungen angenommen, während man jetzt bemüht ist, die Licht- und Wärmeerscheinungen als Bewegungszustände aufzufassen und auf mechan. Grundsätze zurückzuführen. Die Physik sucht alle A. als Modifikationen eines einzigen A. darzustellen.

Agent (lat., "Handelnder"), eine Person, welche Geschäfte in fremdem Interesse vorbereitet, einleitet, vermittelt, fremde Interessen vertritt. So giebt es politische A., welche ohne einen bestimmten Titel, aber mit ostensibeln Vollmachten oder in geheimer Mission entsendet werden: Konsularagenten (s. Konsul), Hofagenten zur Besorgung von privaten