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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Altruisten; Alttschechen; Aluminium

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Altruisten - Aluminium.

lichen Kultus ursprünglich nichts zu thun hatten, daß die als Nachahmung antiker Muster aufzufassenden Figuren von den Künstlern einer mittelalterlich-heidnischen Nordseeküstenbevölkerung mit dem Grabstichel in den von den Kulturvölkern des Mittelmeers in den Handel gebrachten Glasfluß eingraviert worden sind. Er glaubt, daß mindestens zwei antike Modelle vorgelegen haben: Viktoria, dem Krieger dem Siegeszweig überreichend, und Viktoria stehend vor dem Imperator. Jedenfalls gehören wohl die A. dem 7.-9. Jahrh. an. Vgl. »Zeitschrift für Ethnologie 1882, 1883, 1887, 1889«.

Altruisten. Das in den Romanen und Dramen Garschins und andrer Schriftsteller der neuen Schule mächtig nach Ausdruck ringende System des Altruismus, welches den angebornen Egoismus der Person durch die bis zur Aufopferung gehende Sorge für die andern zu überwinden strebt, hat im November 1889 in Nantes zur Bildung einer A.-Gesellschaft mit eigner Zeitschrift geführt, welche »die Menschheit physisch und geistig erneuern, derselben den Kampf ums Dasein erleichtern und eine allgemeine Brüderlichkeit herbeiführen will«. Die Mitglieder teilen sich vorläufig in solche, welche die Sache (durch Beiträge und Agitation) nur fördern, und andre, die nach den etwas strengen Grundsätzen (Enthaltung von Spirituosen und tierischer Kost) auch wirklich leben. Doch machen sich neben rein sachlichen Zielen (Abschaffung jedes grausamen Sports, der Duelle, der Vorrechte, des Dogmenglaubens, des Monopol- und Ausbeutesystems, Einführung der Frauenemanzipation, Leichenverbrennung etc.) auch phantastische Regungen für Spiritismus, Theosophie, staatliche Anerkennung der freien Liebe etc. geltend, die sich den übrigen philanthropischen Zielen nicht förderlich erweisen dürften.

Alttschechen, diejenigen Vertreter der tschechischen Bevölkerung in Österreich, besonders in Böhmen, welche im Bunde mit dem Klerus und dem feudalen Großgrundbesitz stehen, zwar auch die Herstellung der Wenzelskrone und des böhmischen Staatsrechts fordern, aber nur im Einvernehmen mit der Regierung, welche sie im Landtag und als ein Klub der Mehrheit im Abgeordnetenhaus unterstützen; seit 1889 sind sie von den Jungtschechen sehr zurückgedrängt. Ihr Führer ist Rieger. Vgl. Böhmen.

Aluminium. Bei dem von C. Netto 1888 beschriebenen und neuerdings von der Alliance Aluminium Company zu Walsend bei Newcastle im großen ausgeführten Verfahren zur Darstellung von A. wird dasselbe aus dem Kryolith (6 NaFl, Al2Fl6) ^[(6NaFl, Al_{2}Fl_{6})] durch Reduktion mit Natrium gewonnen, während früher fast ausschließlich das auf ziemlich umständlichem und kostspieligem Wege herzustellende Natriumaluminiumchlorid als Ausgangsmaterial benutzt wurde. Zwar hatten H. Rose und J. ^[John] Percy bereits 1855 auf die Verwendbarkeit des Kryoliths zur Aluminiumdarstellung aufmerksam gemacht, indessen liegt der Schmelzpunkt des Minerals so hoch (etwa 800°), daß beim Erhitzen eines Gemenges von Kryolith und Natrium letzteres zum größten Teil verdampft, ehe es hätte reduzierend einwirken können. Um dies zu verhindern, wird bei dem obigen Verfahren das Natrium in Form großer Blöcke (von 5-7 kg) in den vorher geschmolzenen Kryolith, der sich in eisernen konverterähnlichen Gefäßen befindet, eingeführt und darin durch einen geeigneten Apparat untergetaucht. Die Reaktion geht dann unter lebhaftem Aufwallen und so schnell vor sich, daß ein vorzeitiges Verdampfen des Natriums ausgeschlossen ist. Der Konverter wird darauf in ein kegelförmiges, gußeisernes Gefäß entleert, in dessen Spitze sich das Metall nach dem Erkalten vorfindet. Da der Kryolith stets Beimengungen von Quarz und Eisen enthält, so sind dem auf diese Weise erhaltenen A. etwa 5 Proz. Eisen und Silicium beigemengt; ein verbessertes Verfahren, welches auf der Eigenschaft von Silicium und Eisen, sich vor dem A. aus der Schmelze reduzieren zu lassen, beruht, gestattet indessen die Herstellung eines 99-99,5proz. Aluminiums aus Kryolith. Die aus Fluornatrium bestehende Schmelze wird durch Schmelzen mit Aluminiumsulfat auf künstlichen Kryolith und Natriumsulfat verarbeitet; letzteres läßt sich durch Auslaugen mit Wasser leicht entfernen. Das aus der Schlacke gewonnene Material bietet dem Rohkryolith gegenüber den Vorteil eines geringern Siliciumgehalts. L. Grabau wendet als Ausgangsmaterial zur Aluminiumdarstellung unschmelzbares Fluoraluminium an und zwar ohne Zusatz von Flußmitteln. Das Fluoraluminium braucht zur Zersetzung mit Natrium nur auf etwa 600-700° vorgewärmt zu werden, behält dabei den festen Aggregatzustand und kann deshalb in jedem feuerfesten Material oder in Metallgefäßen ohne Gefahr einer Verunreinigung durch das Gefäßmaterial genügend erhitzt werden. Dagegen schmilzt Kryolith bereits bei Rotglut und zerstört jedes feuerfeste Material in kürzester Zeit. Man wählt vorteilhaft die Mengenverhältnisse des Fluoraluminiums und des Natriums derart, daß nach der Reaktion das leichtflüssige Aluminiumnatriumfluorid (Al2Fl6 ^[Al_{2}Fl_{6}], 6NaFl, Kryolith) vorhanden ist. Man wärmt das Fluoraluminium auf etwa 600° vor und schüttet es auf das geschmolzene Natrium. Über 90 Proz. des letztern können für die Reaktion nutzbar gemacht werden. Bei derselben entsteht eine so hohe Temperatur, daß der dabei sich bildende Kryolith dünnflüssig wird und das A. sich auch ohne Zusatz eines Flußmittels zu einem Regulus ansammelt. Das Zersetzungsgefäß überzieht sich mit einer Kruste von festem Kryolith und wird infolgedessen nicht angegriffen. L. Grabau führt sein Verfahren in der Fabrik in Nienburg a. d. Weser mit gutem Erfolg aus; es ist das die erste deutsche Fabrik, in welcher A. auf chemischem Wege hergestellt wird. Das erzeugte A. enthält kaum 0,25 Proz. Beimengungen. Das Aluminiumfluorid stellt Grabau durch Umsetzung von Aluminiumsulfat mit Flußspat und Kryolith her. Ein elektrolytisches Verfahren, bei welchem gleichzeitig die intensive Wärmewirkung und die chemisch zerlegende Kraft des galvanischen Stromes ausgenutzt wird, ist in neuester Zeit von Héroult beschrieben worden. Der dabei verwandte Schmelzofen besteht aus einem von der Erde isoliert aufgestellten, oben offenen und mit starkem Futter von Kohlenplatten versehenen Eisengefäß, in welches die an einer Kette hängende, aus einem Bündel von Kohlenstäben angefertigte positive Elektrode eintaucht; die negative Elektrode besteht aus den mit A. zu legierenden Metallen, wie Kupfer, Eisen, Messing etc. Vor Beginn der Operation wird das Gefäß mit Thonerde und Stücken des betreffenden Metalls gefüllt; der Strom bringt die Thonerde sowie die Metallbrocken zum Schmelzen und zerlegt erstere in Sauerstoff und A., welches von dem Metallbad aufgenommen wird. Nach und nach füllt man von oben Thonerde und Metall nach, während die flüssige Aluminiumlegierung von Zeit zu Zeit durch eine im Boden befindliche Öffnung abgezogen wird. Das Héroult-Verfahren wird von der Aluminiumindustrie-Aktiengesellschaft zu Neuhausen am Rheinfall in großem Maßstab