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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Amtsanmaßung; Amtsanwalt; Amtsassen; Amtsausschuß; Amtsbeleidigung; Amtsbezirk

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Amtsanmaßung - Amtsbezirk

Amtsbezirke und die Beaufsichtigung der Verwaltung der zum Amte gehörigen Gemeinden ob; auch führt er den Vorsitz in den Amtsversmmlungen, die aus den Gemeindevorstehern und gewählten sog. Amtsverordneten bestehen.

Amtsanmaßung. Der A. macht sich nach Deutschem Strafrecht (§. 132) derjenige schuldig, der unbefugt sich mit der Ausübung eines öffentlichen Amtes befaßt oder eine Handlung vornimmt, welche nur kraft eines öffentlichen Amtes vorgenommen werden darf. Strafe: Gefängnis bis zu einem Jahre oder Geldstrafe bis zu 300 M. Unter öffentlichen Ämtern im Sinne dieses Strafgesetzes sind die Anwaltschaft und das Notariat, sowie der Geschworenen- und Schöffendienst mitbegriffen. Ähnlich (Gefängnisstrafe bis 6 Monate oder Geldstrafe bis 500 Fl.) der Österr. Entwurf von 1889.

Amtsanwalt. Nach dem Deutschen Gerichtsverfassungsgesetz vom 27. Jan. 1877 wird das Amt der Staatsanwaltschaft bei den Amtsgerichten und den Schöffengerichten durch einen oder mehrere A. ausgeübt (§§. 143, 146). Die Strafvollstreckung steht denselben jedoch nicht zu (§. 483 der Strafprozeßordnung vom 1. Febr. 1877). Nach der Österr. Strafprozeßordnung vom 23. Mai 1873, insbesondere nach §. 87 der Vollzugsvorschrift, werden die Verrichtungen der Staatsanwaltschaft bei den Bezirksgerichten durch Beamte der Staatsanwaltschaft, oder durch Beamte der politischen und Polizeibehörden, oder durch besonders ernannte "staatsanwaltschaftliche Funktionäre" ausgeübt.

Amtsassen, s. Schriftsässigkeit.

Amtsausschuß, s. Amtsbezirk.

Amtsbeleidigung, diejenige Beleidigung, die begangen wird gegen eine Behörde, einen Beamten, einen Religionsdiener oder ein Mitglied der bewaffneten Macht, während sie in der Ausübung ihres Berufen begriffen sind, oder in Beziehung auf ihren Beruf. - Ältere Strafgesetzbücher, so das Preußische und das noch geltende Österreichische (§§. 312, 313) stellen die A. als Verletzung der Amtsehre unter die Vergeben wider die öffentliche Ordnung und die öffentlichen Anstalten und verordnen die Strafverfolgung von Amts wegen ohne Strafantrag des Beleidigten. Nach geltendem Deutschen Strafrecht (§. 190) und nach dem Österr. Strafgesetzentwurf von 1889 findet die Verfolgung nur auf Antrag statt. Es steht aber nach Deutschem Strafgesetz das Recht zum Antrag auch dem amtlichen Vorgesetzten zu. Durch diese Bestimmung wird das öffentliche Interesse, insbesondere das des öffentlichen Dienstes, gewahrt. Das Antragsrecht des Vorgesetzten ist ein selbständiges dergestalt, daß es bestehen bleibt, auch wenn der unmittelbar Beteiligte erklärt, keinen Strafantrag stellen zu wollen, oder wenn er den gestellten zurücknimmt. Unter den Beamten werden nach ausdrücklicher Vorschrift des Deutschen Strafgesetzbuchs (§. 359) verstanden alle im Dienste des Reichs oder in unmittelbaren oder mittelbarem Dienste eines Bundesstaates auf Lebenszeit, auf Zeit oder nur vorläufig angestellten Personen, ohne Unterschied, ob sie einen Diensteid geleistet haben oder nicht, ingleichen Notare, nicht aber Rechtsanwälte. - Wer der Vorgesetzte sei, entscheidet sich nach den Grundsätzen des Reichs- und Staatsrechts; jeder Vorgesetzte, der höhere unabhängig von den niedern, von mehrern koordinierten jeder einzelne, auch der Vorgesetzte eines ausländischen Beamten, hat die Befugnis zur Stellung des Strafantrages. Diese Befugnis bleibt bestehen, auch wenn der Beamte aus dem Dienstverhältnis, z. B. durch Pensionierung, durch Tod ausscheidet. Voraussetzung hierbei, jedenfalls bei der Verfolgung der Beleidigung eines verstorbenen Beamten, ist aber, daß die Beleidigung noch bei Lebzeiten zugefügt ist; denn die Beleidigung Verstorbener folgt besondern Regeln. Die Frage, wann eine Beleidigung "in Beziehung auf den Beruf" eines Beamten u. s. w. anzunehmen sei, ist wesentlich nach der thatsächlichen Belegenheit des Einzelfalles zu entscheiden.

Amtsbezirk. Die Preuß. Kreisordnung vom 13. Dez. 1872 hat die gutsherrliche Polizeigewalt endgültig aufgehoben und eine Amtsverwaltung eingeführt, die wesentlich obrigkeitliche Verwaltung ist und sich namentlich auf die Lokalpolizei, die Sicherheits-, Ordnungs-, Sitten-, Gesundheits-, Gesinde-, Armen-, Wege-, Wasser-, Feld-, Forst-, Fischerei-, Gewerbe-, Bau- und Feuerpolizei bezieht, soweit nicht eigene Polizeibeamte hierfür bestellt sind. Zu diesem Zwecke zerfallen die Kreise in gewisse, der Regel nach aus mehrern ländlichen Gemeinden und selbständigen Gutsbezirken bestehende, auf Vorschlag des Kreistags durch den Minister des Innern gebildete A. Die Organe derselben sind der Amtsvorsteher und der Amtsausschuß. Letzterer besteht aus Vertretern der zum A. gehörigen Gemeinden und selbständigen Gutsbezirke. Der Amtsvorsteher wird aus einer vom Kreistag aufzustellenden Liste der zu diesem Amt befähigten Amtsangehörigen vom Oberpräsidenten für die Zeit von sechs Jahren ernannt. Er führt den Vorsitz in den Versammlungen des Amtsausschusses, verwaltet die Polizei und alle sonstigen öffentlichen Angelegenheiten des Amtes, hat das Recht, seine gesetzmäßigen Anordnungen durch Zwangsmaßregeln zur Ausführung zu bringen, und empfängt als Entschädigung für die Unkosten seines Amtes, das im übrigen, soweit nicht eine kommissarische Besetzung erfolgt ist, ein Ehrenamt ist, eine Pauschsumme, deren Festsetzung Sache des Kreisausschusses ist. Ausnahmsweise kann eine Gemeinde für sich allein oder ein Gutsbezirk allein einen A. bilden; im erstern Falle tritt die Gemeindevertretung an Stelle des Amtsausschusses, im letztern Falle besteht ein solcher überhaupt nicht. Der Amtsvorsteher ist die Ortspolizeibehörde für den A. und hat als solche nur auf eigene Verantwortung zu handeln; vorgesetzte Behörde des Amtsvorstehers und Beschwerdeinstanz gegen ihn ist der Landrat. Der Amtsausschuß wirkt nur zum Erlaß von Polizeiverordnungen mit. Gemeinde- und Gutsvorsteher sind nicht mehr selbständige, sondern nur Hilfsorgane der Polizei. Das Institut der Amtsvorsteher, das zunächst nur für die östl. Provinzen, mit Ausnahme von Posen, Gültigkeit hatte, ist durch besondere Kreisordnung vom 26. Mai 1888 auch für Schleswig-Holstein eingerichtet worden. Außer der Polizeiverwaltung war durch die Kreisordnung noch eine kommunale Verwaltung sowohl für den A. (Armenpflege, Schulsachen, Feuerlöschwesen) wie durch seine Organe für Einzelgemeinden, welche ihre Verwaltung demselben übertragen würden, in Aussicht genommen. Seit der Landgemeindeordnung für die sieben östl. Provinzen vom 3. Juli 1891 und der für Schleswig-Holstein vom 4. Juli 1892 werden diese Aufgaben jetzt durch Gemeindeverbände erfüllt, welche mit dem A. zusammenfallen können. (S. auch Verwaltungsgerichtsbarkeit.)