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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Amu Darja-Distrikt; Amul; Ämulaton; Amulett; Amulĭus; Amur

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Amu Darja-Distrikt - Amur.

nur durch sein Wasser werden die reichen Ernten dieses Landes erzielt. Mit Dampfern wurde der Fluß befahren von der Mündung 450 km aufwärts bis Koscha Sali. Durch den erfolgreichen Frühjahrsfeldzug gegen Chiwa 1873 sind die Russen Herren des untern A. geworden und haben in Petro-Alexandrowsk, am rechten Ufer, einen Hauptstützpunkt angelegt. Nach Durchführung der Grenzregulierung gegen Afghanistan erhält sicher auch ein Ort an der Nordwestbiegung des Flusses (bei Kodscha Saleh) eine russische Besatzung.

Amu Darja-Distrikt, russ. Gebiet in Zentralasien, 103,535 qkm (1880 QM.) groß mit (1880) 222,200 Einw., wurde durch den am 12. Aug. 1873 mit Chiwa (s. d.) abgeschlossenen Friedenstraktat an Rußland abgetreten und dem Generalgouvernement Turkistan (s. d.) einverleibt. Sitz der Verwaltung ist das am untern Amu Darja gelegene Fort Petro-Alexandrowsk.

Amul, s. Amol.

Ämulaton (lat.), Wett-, Nacheifer.

Amulett (v. arab. hamalet, Anhängsel), Schutz- oder Verwahrungsmittel gegen Zauberei, Krankheiten und andre Übel, welches am Hals oder an andern Teilen des Körpers getragen wird. Schon die alten Ägypter und noch mehr die alten Chaldäer gebrauchten Amulette, teils aus Metallplatten oder Gußfiguren mit magischen Zeichen und Inschriften, teils aus geschnitzten Halbedelsteinen in Form von beschriebenen Cylindern, Götter- und Dämonenbildern, heiligen Tieren (Skarabäen) etc. bestehend. Die Juden trugen als Amulette mit magischen Formeln beschriebene Edelsteine, Gold- und Silberplatten um den Hals oder an den Ohren, ferner gleich den Chaldäern beschriebene Bänder und Zettel (s. Phylakterien), die Griechen eiserne, sogen. "samothrakische Ringe", die Römer Halsbänder, Armbänder und Diademe von Metall, Edelsteinen und besonders aus der schwarzen Koralle (Gorgonia antipathes). Auch Kräuter- und Wurzelstückchen, sauber in Gold gefaßte prähistorische Kieselsteinwaffen (Pfeilspitzen) und andre Dinge trug man als Amulette, die namentlich in der spätern Kaiserzeit der Aberglaube von den verschiedensten Völkern entlehnte. Aus dem Heiden- und Judentum kam der Gebrauch der Amulette auch in die christliche Kirche. Wie schnell derselbe sich hier weiter verbreitete, geht daraus hervor, daß die Synode zu Laodikeia im 4. Jahrh. das Tragen der Amulette den Geistlichen bei Strafe der Absetzung untersagen mußte. Allgemein wurde es erst 721 zu Rom von Gregor II., dann zu Konstantinopel und unter Karl d. Gr. zu Tours verdammt. Dennoch ist dieser Aberglaube nie ganz ausgerottet, sondern später in der römischen Kirche durch die Gotteslämmer (s. Agnus Dei), Marienmedaillen etc. noch genährt worden. Aus dem Mittelalter gehören namentlich die Passauer Zettel (s. Passauer Kunst) hierher. Noch heute sind Amulette unter dem großen Haufen Gegenstand vielseitigen Aberglaubens, was die mannigfachen am Daumen, am Hals, auf der Brust angebrachten sympathetischen Mittel (die zur Erleichterung des Zahnens den Kindern umgehangenen Dinge, die Korallen, die gegen den Blutsturz, die Elentiersklauen, die gegen die fallende Sucht wirksam sein sollen, die Abrakadabrazettel, gewisse noch in neuester Zeit bei der Cholera ausgegebene Medaillen, Henkelmünzen mit Heiligenbildern etc.) beweisen. In Italien hängt man den Kindern noch heute wie im Altertum kleine Bildwerke gegen den "bösen Blick" (s. d.) um den Hals. Am meisten stehen aber bei den Mohammedanern Amulette in Ansehen; fast alle Gläubigen tragen dergleichen, bald Steine, bald Ringe, bald Papierstückchen und sonstige Gegenstände, welche mit Zauberformeln, den 99 Eigenschaften Gottes, besonders aber mit Sprüchen aus dem Koran beschrieben sind und von Derwischen verkauft werden. Bei den Persern und Arabern heißen sie auch Talismane (s. d.). Doch versteht man hierunter auch Hausgötter und an Baulichkeiten angebrachte magische Zeichen etc. Prähistorische Amulette sind in verschiedenen Materialien (Stein, Thon, Knochen, Bein und Bronze) gefunden worden. Sie haben meist Scheiben- oder Radform, auch Hammer- und Beilform oder sind auch mit Tierornamenten (Vogel- und Stierfiguren) geschmückt. In manchen lassen sich auch menschliche Figuren erkennen. Sehr häufig dienten einfach durchbohrte Knochen oder Zähne als solche. Meist wurden sie als Halsbänder getragen. Vgl. Emele, Über Amulette (Mainz 1827); Fischer und Wiedemann, Babylonische Talismane (Stuttg. 1881); Kopp, Palaeographia critica, Bd. 3 u. 4 (Mannh. 1829).

Amulĭus, Sohn des Procas, Königs von Albalonga, der seinen ältern Bruder, Numitor, der Herrschaft beraubte, sich zum König von Albalonga aufschwang, später aber von Romulus und Remus gestürzt wurde.

Amur (Sachalin), Fluß in Sibirien, entsteht aus der Vereinigung der Schilka, welche in den Ausläufern des Jablonowoigebirges entspringt, und des Argun, der bis dahin die Grenze zwischen Sibirien und der Mandschurei bildet. Der Zusammenfluß, der beim Dorf Ust Strjelka stattfindet, ist kaum zu erkennen, da der Argun durch eine dicht bewaldete Insel verbarrikadiert ist, um die sich der Fluß in zwei Armen schlingt. Der A. strömt zuerst in östlicher Richtung, wendet sich bei Chabarowka, nach Vereinigung mit dem Ussuri, beinahe rechtwinkelig nach N. und mündet nach einem Laufe von 4400 km bei Nikolajewsk in das Ochotskische Meer. Sein Stromgebiet wird auf mehr als 2 Mill. qkm berechnet. Der A. bildet in seinem Mittellauf die Grenze gegen China; die Ufer auf chinesischer Seite sind noch mit dichtem Baumwuchs bedeckt, auf russischer Seite ist der Waldbestand dagegen vielfach niedergeschlagen oder niedergebrannt. Das Bassin des untern A. wird im W. durch das Burejagebirge begrenzt, während im O. der Küstenhöhenzug von Sichota-Alin die Grenze bildet. Ostwärts von der mongolisch-daurischen Ebene beginnt das Stufen- und Tiefland des Amurstroms, das eigentliche Amurland, in welchem sich die Russen schon sehr früh zu zeigen begannen, bis der Traktat von Nertschinsk 1689 ihren Unternehmungen ein Ende bereitete. Gleichwohl hörten diese nie ganz auf, und selbst die schweren Strafen, welche der 1728 vom Grafen Ragusinski mit China abgeschlossene Vertrag auf das Überschreiten der russisch-chinesischen Grenzen setzte, konnten das letztere nicht hindern. Pelzjäger, Kaufleute, Kosaken, Abenteurer und Ausreißer aller Art, durch die Hoffnung auf Beute an kostbarem Pelzwerk, Metallen u. dgl. angelockt, fanden sich stets auf der Strecke vom Argun und der Schilka bis zum Ochotskischen Meer ein und allmählich faßten die Russen immer festern Fuß. Der Traktat von Aigun 1858 regelte diese Beziehungen endlich, indem der größte Teil des Amurlandes faktisch in russischen Besitz überging und der A. als Grenze zwischen China und Rußland anerkannt wurde. Der A. ist sechs Monate im Jahr mit Eis bedeckt; im Sommer tritt er meilenweit aus seinen Ufern, welche dagegen im Winter bei gewöhnlichem Wasserstand den Fluß hoch überragen. Stellenweise ist der A. 100 m breit. Seine Hauptzuflüsse sind rechts: