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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Ananas - Anapa

Anănas (Ananassa Lindl.), Pflanzengattung aus der Familie der Bromeliaceen (s. d.) mit fünf Arten im tropischen Amerika. Die bekannteste ist die gewöhnliche A. (Ananassa sativa L., s. Tafel: Liliifloren, Fig. 8, a Blütenstand, b Blüte, c Blüte im Durchschnitt): sie stammt aus dem tropischen Amerika, wächst z. B. in den sandigen Küstenstrichen Nordbrasiliens wild, ist aber, durch Kultur sehr verändert, nach und nach über das warme Asien und Afrika und selbst durch Europa verbreitet worden, wo sie jedoch nur im Süden im Freien gedeiht, sonst in besonders eingerichteten, niedrigen, warmen Gewächshäusern gezogen werden muß. In Europa erhielt man zuerst ausführlichere Nachrichten über sie in der «Naturgeschichte Indiens» von Oviedo (1535). Die durch ihre goldgelbe Farbe und ihren Wohlgeruch ausgezeichnete fleischige, immer mit einem Blätterschopf gekrönte Frucht entsteht aus den zahlreichen unter sich und mit der Achse des Blütenstandes innig verschmelzenden Fruchtknoten und ist demnach eine sog. Scheinfrucht. Sie erreicht in Amerika oft die Schwere von 3‒4 kg und besitzt einen starken, süßsäuerlichen, erdbeerähnlichen Geschmack, der durch die Kultur an Feinheit gewinnt und sie zu einem Leckerbissen macht. Seit etwa 1830 ist die A. in Europa Gegenstand der Treibhausgärtnerei im großen geworden. Zur Erzielung großer, aromatischer Früchte sind besondere niedrige Gewächshäuser mit guter Heizung und erwärmbaren Erdbeeten nötig. Die A. variiert bedeutend hinsichtlich der Größe, der Form und der Farbe des Fleisches. Man unterscheidet z. B. die Königinananas mit spitzen Beeren, eine kleine, eirunde, inwendig weiße Sorte; die Zuckerhutananas, von kegelförmiger Gestalt und mit gelbem Fleisch; die Königsananas, von pyramidaler Form mit hellgrünem Fleisch; die Cavenne mit glatten und mit stachligen Blättern; die violette Jamaika und die bronzefarbige Jamaika mit glatten Blättern: die gerippte A. (nervosa maxima), eine der beliebtesten Sorten für die Gewächshauskulturen; die Providence u. a. m. Die Vermehrung der Ananaspflanze geschieht, da ihre Früchte bei uns fast niemals Samen enthalten, durch Seitensprossen, die am Grunde der alten Pflanzen erscheinen und Kindel heißen. Die Ananaszucht erfordert während des Sommers hohe Wärme bei reichlicher Bewässerung, im Winter eine lange Ruhezeit der Pflanzen bei 10 bis 12° R ^[entspricht 12,5 – 15 °C ] Wärme und Trockenheit des Bodens und der Luft. Die Pflanzen werden leicht von einer Schildlaus (Coccus bromeliae) befallen und müssen dann meist vernichtet werden. – Vgl. Knight, Das Ganze der Ananaszucht, hg. von Wesselhöft (3. Aufl., Weim. 1881); Lebl, Die Ananaszucht (Berl. 1893).

Ananasbattist, s. Ananashanf.

Ananaserdbeere, s. Erdbeere.

Ananasessenz, s. Ananasöl.

Ananashanf (frz. fibre de pine; engl. pineapple-fibre), der feine, weiße, seidenartig glänzende Faserstoff, der aus den Blättern der Ananaspflanze gewonnen und zu feinen Gespinsten und Geweben verarbeitet wird. Die aus A. hergestellten Gewebe sind auffallend durchscheinend. Dies rührt daher, daß Schuß- und Kettenfäden, die unmittelbar aus dem Blatt entnommenen, nur an den Enden durch Andrehen oder Verknoten vereinigten Bastfaserbündel sind, die der Verdrehung der gewöhnlichen Gespinstfäden entbehren. Solche feine Gewebe, die nicht nur aus den Fasern der gewöhnlichen Ananaspflanze, Ananassa sativa L., sondern auch aus denen von Bromelia lucida Lindl. und Bromelia semiserrata Schult. gewebt werden, heißen Ananasbattist, auf den Philippinen Piñas, malaiisch Tagals. Andere Ananasarten geben Fasern zur Anfertigung von Stricken, Tauen, Netzen u. s. w., eignen sich aber ihrer Steifheit und geringen Feinheit wegen nicht zum Verspinnen, so die Fasern von Bromelia Karatas L. (Silkgras, was aber auch die Agavefaser bezeichnet) in Südamerika, Bromelia silvestris W. an der Westküste Afrikas u. a.

Ananasöl oder Ananasessenz, eine Lösung von Butteräther in der 10‒20fachen Menge Alkohol. Zu seiner Darstellung wird aus Butter angefertigte Seife fein zerschnitten, die Späne werden getrocknet, in einem Destillierapparate in ihrem gleichen Gewichte Weingeist bei gelinder Wärme gelöst, worauf ein erkaltetes Gemisch von 1 Teil Weingeist und 1 Teil Schwefelsäure hinzugefügt und bei gelinder Wärme destilliert wird. Das Destillat wird mit verdünnter Sodalösung geschüttelt und rektifiziert; es ist ein Gemenge von Buttersäureäthyläther und den Äthern der übrigen in der Butter vorkommenden flüchtigen Säuren, als Capron-, Caprin- und Caprylsäure. Das A. ist von höchst angenehmem Ananasgeruche und dient zur Bereitung von künstlichem Rum sowie zum Aromatisieren von Fruchtbonbons.

Ananīas, jüd. Hoherpriester, 48‒59 n. Chr., trat gegen den Apostel Paulus in Jerusalem und zu Cäsarea feindlich auf (Apostelg. 23, 2; 24, 1) und herrschte noch nach seinem Rücktritt vom Amte wie ein Despot zu Jerusalem, bis er beim Ausbruch des jüd. Krieges (66) als ein Römerfreund ermordet wurde. – A. hieß auch ein Christ zu Jerusalem, der nach Apostelg. 5, 1‒11 seine Güter zum besten der Gemeinde verkaufte, aber im Einverständnis mit seiner Gattin Sapphira einen Teil des Erlöses zurückbehielt und, deshalb von Petrus hart getadelt, plötzlich mit Sapphira den Geist aufgab. Den Tod des A. stellt ein Raffaelscher Karton dar (South-Kensington-Museum in London). Ein anderer A. war ein Judenchrist zu Damaskus, welcher nach der Apostelgeschichte (9, 10 fg.) dem Paulus durch Handauflegung das Augenlicht wiedergab und ihn taufte. Die kirchliche Sage macht ihn zum Bischof von Damaskus und zum Märtyrer.

Ananīten, s. Karäer.

Ananjew. 1) Kreis im NW. des russ. Gouvernements Cherson, hat 9041,9 qkm mit 187226 E., meist Kleinrussen, dann Rumänen, Großrussen, etwa 2000 deutsche Kolonisten und Juden. – 2) Kreisstadt von A. am Tiligul, hat (1889) 12873 E., zwei Kirchen, eine Synagoge, ein Gymnasium; Obstbau, Getreidehandel mit Odessa. A. kam 1792 zu Rußland.

Ananke (lat. Necessitas), die als Göttin vorgestellte Notwendigkeit, hatte mit Bia, der Gewalt, zusammen ein Heiligtum zu Korinth.

Anápa, Handelsstadt im russ.-kaukas. Kubangebiet, an der Nordostküste des Schwarzen Meers, etwa 45 km südöstlich von der Mündung des Kuban, mit offener Reede und (1888) 10614 E., meist Russen, Post und Telegraph. A. war seit Ende des 18. Jahrh. eine starke türk. Festung, wurde 1828 von einem russ. Geschwader erobert, dann zu einem Hauptwaffenplatz am Kaukasus erhoben, im Krimkriege 1855 von den Russen selbst zerstört, aber 1856 wieder besetzt. Seit Unterwerfung des Kaukasus 1864 hat es jede strategische Bedeutung verloren, die Festungswälle sind in Promenaden umgewandelt.