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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Anna; Anna Boleyn; Anna (die Heilige); Anna Komnena; Anna Luise; Anna (Planetoid); Anna (von Bretagne); Anna (von Kleve); Anna (von Österreich)

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Anna (Geldrechnungsstufe) – Anna (von Österreich)

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Anmut'

zwischen dem Innern und dem Äußern des Menschen vorhanden. Allerdings genügt, wie bei jeder Schönheit, der Schein der Unwillkürlichkeit der Bewegung, aber die A. verschwindet, sobald man die Willkürlichkeit der Bewegung entdeckt hat, und es entsteht Affektation (s. d.). Zwar sind willkürliche und unwillkürliche Bewegungen stets zu einem Ganzen vereinigt, das anmutig genannt wird, aber das, was an diesem Ganzen die A. ausmacht, sind die unwillkürlichen. So ist der Tanz eine willkürliche Bewegung, aber die Art und Weise, wie er vollzogen wird, ist zum Teil unwillkürlich, oder muß unwillkürlich werden, um anmutig heißen zu können. Der Begriff der A. kann auch auf die tierische und leblose Natur ausgedehnt werden, insofern ihre Bewegungen Ähnlichkeit mit den menschlichen zeigen. Auch Linien, die das Auge durch ihren Schwung zu Bewegungen zwingen, können anmutig genannt werden; dann zerfällt aber das ganze Gebiet des Schönen überhaupt in das der A. und des Erhabenen. In einem Gegensatz, der aber kein ausschließender ist, steht die Würde zur A.; denn die Würde ist eine Beherrschung der willkürlichen Bewegungen, die keinen notwendigen Gegensatz zu den unwillkürlichen bilden. Im gewöhnlichen Sprachgebrauch wird A. nicht allein vom Schönen, sondern auch vom Angenehmen (s. d.), doch nie vom roh-sinnlichen Genuß gesagt.

Anna, Geldrechnungsstufe im brit. Ostindien, der 16. Teil der Rupie, ist (zum Preise von 125 M. für 1 kg Feinsilber) =etwa 8,4 Pf. In Silber wird das Doppelte, in Bronze die Hälfte des A. (das Stück von 2 Pice oder 6 Pie) geprägt. Als ein Münzstück ist das A. nicht vorhanden. Der vierte Teil eines A. heißt Pice, der dritte Teil eines Pice Pie, so daß das A. 12 Pie hat. – A. ist ferner ein Salzmaß (von 26,34 hl Inhalt und 2540 kg Schwere), sowie ein Perlengewicht (von 12,15 mg) in Bombay und ein Gold- und Silbergewicht (von 0,728 g) in Bengalen, ein Handelsgewicht in Hindostan, ein Maß oder Gewicht für Reis auf Ceylon.

Anna, der 265. Planetoid.

Anna (vom hebr. channâh, d.h. Gnade), die Heilige, nach der Tradition die Frau des heil. Joachim und nach 20jähriger Unfruchtbarkeit Mutter der Jungfrau Maria (s. d.). Ihre Verehrung wird zuerst bei Gregor von Nyssa und Epiphanius im 4. Jahrh. erwähnt; sie gilt als Schutzpatronin der Tischler. Ihre Gebeine sollen 710 nach Konstantinopel übergeführt worden sein, Reliquien ihres Hauptes sind in der St. Annakirche zu Düren. Die röm. Kirche feiert ihr Fest, den Annentag, 26.Juli, die griechische 9. Dez. Ihre Heiligenattribute sind Jesus und Maria, bisweilen beide, als Kinder auf dem Arme. Der heiligen A. zu Ehren bildete sich die Sankt Annenbruderschaft oder die Annenbrüder, die, schon im 13. Jahrh. vorhanden, zur Zeit der Reformation durch die Jesuiten neu organisiert wurde. – Vgl. Schaumkell, Der Kultus der heiligen A. (Freib. i. Br. 1893).

Anna Komnēna, Tochter des byzant. Kaisers Alexios I., geb. 1. Dez. 1083, gelehrt erzogen, wurde an den reichbegabten und ehrenhaften Nikephoros Bryennios verheiratet, den sie und ihre Mutter Irene bei Alexios' Tod (1118) vergeblich gegen ihren Bruder, Kaiser Johannes, aufstachelten, um ihm selbst den Thron zu verschaffen. Nach seinem Tode (1137) zog sie sich ins Kloster zurück, wo sie nach 1148 starb. Die von ihr verfaßte Geschichte der J. 1069–1118, «Alexias», eine wichtige Quelle für den ersten Kreuzzug, gehört zu den hervorragendsten ↔ histor. Werken der Byzantiner. Beste Ausgabe von Reifferscheid (2 Bde., Lpz. 1884); deutscher Auszug in Fr. Schillers «Allgemeiner Sammlung histor. Memoires», I, 1–2 (Jena 1790). – Vgl. Oster, A. K. (3 Tle., Rastatt und Tüb. 1868–71).

Anna Luise, Gemahlin Leopolds I., Fürsten von Anhalt-Dessau, s. Leopold I.

Anna von Kleve, Königin von England, geb. 1515 als Tochter des Herzogs Johann von Kleve. Thomas Cromwell, der den verwitweten Heinrich VIII. durch eine neue Ehe dem deutschen Protestantismus anzunähern wünschte, empfahl ihm A. zur Gemahlin. Wenn auch die erste Begegnung entgegen den landläufigen Erzählungen leidlich verlief, so fand doch Heinrich die Gattin nicht den Berichten entsprechend, auch ihre Unkenntnis des Englischen war ihm unbequem, so daß er schon vor der kirchlichen Einsegnung (6. Jan. 1540) an Scheidung dachte. Cromwells Gegner benutzten Heinrichs Stimmung, den Minister zu stürzen und aufs Blutgerüst zu bringen; am 9. Juli 1540 erfolgte die Scheidung von A., die 3000 Pfd. St. Jahresrente und die Bezeichnung als «Schwester» des Königs erhielt. Sie blieb in England, nahm noch am Einzug der Königin Maria (s. d.) in London teil und starb am 16. Juli 1557. Ihr Porträt, von H. Holbein d. J. 1539 gefertigt, befindet sich im Louvre.

Anna Boleyn, Gemahlin König Heinrichs VIII. von England, s. Boleyn.

Anna von Bretagne, Königin von Frankreich, geb. 26. Jan. 1476 zu Nantes, Erbtochter des Herzogs von Bretagne, vermählte sich, obwohl durch Prokuration schon Kaiser Maximilian I. angetraut, 6. Dez. 1491 mit Karl VIII. von Frankreich, dem sie ihr Herzogtum mitbrachte, und nach Karls Tod 8. Jan. 1499 mit seinem Nachfolger Ludwig XII. Um die Erhaltung ihres Herzogtums bei Frankreich drehen sich die polit. Geschicke ihres Lebens; sie blieb Bretonin, aber die nationale Partei zwang sie, jene Zugehörigkeit zu bestätigen, und sie mußte dulden, daß ihre Erbtochter Claudia (s. d.) mit dem Thronerben Franz von Angoulême verlobt wurde. A. war am Hofe Ludwigs die Seele der litterar. Bewegung und eine polit. Macht; zeitweilig regierte sie selbst das Königreich. Sie starb 9. Jan. 1514.

Anna von Österreich, Königin und Regentin von Frankreich, älteste Tochter Philipps III. von Spanien, geb. 22. Sept. 1601, wurde bereits 25. Nov. 1615 mit dem nur fünf Tage ältern Ludwig XIII. von Frankreich vermählt. Mit äußern Vorzügen reich ausgestattet, dabei von leidenschaftlicher Gemütsart, liebte sie ihren schwächlichen und mürrischen Gemahl nicht; ihre geheime Verbindung mit dem span. Hofe und ihre Opposition gegen Richelieus Regierungssystem machten das Verhältnis zwischen den Gatten so gespannt, daß sie getrennt lebten. Erst in seinen letzten Lebensjahren ließ sich Ludwig zu einer Annäherung an A. bestimmen, die ihm zwei Söhne gebar, von denen der ältere, geb. 1638, als Ludwig XIV. den Thron bestieg, während der zweite, Philipp, geb. 1640, Stammvater des Hauses Orléans wurde. Entgegen der Testamentsbestimmung Ludwigs, daß nach seinem Tode, während der Minderjährigkeit seines Sohnes, ein Regentschaftsrat die Regierung führen sollte, übertrug das Parlament 18. Mai 1643 im Einverständnis mit dem hohen Adel A. die Regentschaft. A. wandte ihr Vertrauen dem Freunde und Günstling Richelieus,

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 654.