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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Aumonier; Aumonière; Aumont; Aune; Aunis; Aupa; Au porteur; Aura

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Aumonier - Aura.

nisten und der Armee in hohem Grad, wie er denn unter den Söhnen Ludwig Philipps der begabteste und seit des Herzogs von Orléans Tod auch der beliebteste war. Auf die Kunde vom Ausbruch der Februarrevolution übergab er sein Amt dem General Cavaignac und schiffte sich, nachdem er in einer würdig gehaltenen Ansprache von der Armee Abschied genommen, nach England ein, wo er seinen Wohnsitz zu Claremont und Twickenham bei London nahm und sich, namentlich durch kriegswissenschaftliche und historische Artikel in der "Revue des Deux Mondes", litterarisch bekannt machte. Infolge einer vom Prinzen Napoleon im Senat gehaltenen, für die Orléans höchst beleidigenden Rede gab A. im April 1861 eine Flugschrift heraus: "Lettre sur l'histoire de France", in welcher er die Personen des Prinzen und Napoleons III. einer empfindlichen Kritik unterzog. Diese Flugschrift erregte in Frankreich ungeheures Aufsehen und zog dem Drucker und Verleger harte Strafen zu. Aumales "Histoire des Princes de Condé, pendant les XVI<sup>e</sup> au XVII<sup>e</sup> siècles" (Par. 1869, 2 Bde.) konnte erst nach vielen Hindernissen und einem langen Prozeß zur Veröffentlichung gelangen. In dem Journal "Étoile Belge" zu Brüssel erschien von ihm 1865-66 unter dem Namen "Verax" eine Reihe von kritischen Briefen über die Politik des Kaiserreichs und 1867 sein berühmtes Werk: "Les institutions militaires de la France" (Brüss. 1867). Auch hielt man A. für den Verfasser der in Frankreich verbotenen Flugschrift "Qu'a-t-on fait de la France?" (Anfang 1868). Nach Ausbruch des deutsch-französischen Kriegs bot der Herzog erst der kaiserlichen, dann der provisorischen Regierung seine Dienste an, wurde aber von beiden abgewiesen. Dagegen ward er 8. Febr. 1871 in die Nationalversammlung gewählt, nachdem er sich zwar für die konstitutionelle Monarchie als die beste Regierungsform ausgesprochen, aber sich auch der Republik unterwerfen zu wollen erklärt hatte. Seine wie seines Bruders Joinville Wahl wurde für gültig erklärt, und entgegen einem Thiers gegebenen Versprechen trat A. im Dezember 1871 in die Versammlung ein, in der er sich dem rechten Zentrum anschloß. Doch nahm er an den politischen Geschäften nur geringen Anteil. Im J. 1871 ward er in die Akademie aufgenommen. Nachdem er 1873 dem Kriegsgericht über Bazaine präsidiert und dabei großen chauvinistischen Eifer gezeigt hatte, ließ er sich zum Kommandeur des 7. Korps in Besançon ernennen. Doch vereitelte der definitive Sieg der radikalen Republik seine ehrgeizigen Pläne, Generalleutnant des Königreichs oder auch Präsident einer konservativen Republik zu werden. Im Februar 1879 ward er seines Kommandos enthoben und zum Generalinspekteur der Armee ernannt, 1883 aber auch aus dieser militärischen Stellung entfernt. Er lebt meist auf seinem prachtvollen Schloß Chantilly bei Paris. Durch die Erbschaft des letzten Condé (s. d.) erwarb A. ein ungeheures Vermögen, das durch Sparsamkeit und durch die Rückgabe der Orléansschen Güter noch beträchtlich vermehrt wurde. Seine Gemahlin starb 7. Dez. 1867 zu Twickenham. Von seinen beiden Söhnen Louis Philippe Marie Léopold d'Orléans, Prinz von Condé, geb. 15. Nov. 1845 zu Paris, und François Louis Marie Philippe d'Orléans, Herzog von Guise, geb. 5. Jan. 1854 zu Twickenham, starb der erstere 24. Mai 1866 am Typhus auf einer Reise nach Australien in Sydney, der jüngere 25. Juli 1872 in Dreux.

Aumonier (franz., spr. omonjeh), s. v. w. Almosenier.

Aumonière (franz., spr. omonjähr, "Almosentasche"), eine Tasche, die man im Mittelalter, als die Kleidungsstücke noch keine Taschen hatten, mit einer Schnur am Gürtel befestigte, und in der man allerlei Gegenstände, wie Kämme, Schlüssel etc., auch das Geld, von welchem man Almosen verteilte, aufbewahrte. Sie war aus Leder, Samt, Plüsch und andern Stoffen gefertigt und oft reich mit Stickereien, Perlen und Edelsteinen verziert.

Aumont (spr. omóng), 1) Jean d', Marschall von Frankreich, genannt de Franc Gaulois, geb. 1522, zeichnete sich zuerst unter dem Marschall v. Brissac in Piemont aus, wurde 1557 bei St.-Quentin gefangen, nahm 1562 an den Schlachten von Dreux, St.-Denis und Moncontour und 1573 an der Belagerung von La Rochelle teil. Stets ein treuer Anhänger des Königs, wurde er von Heinrich III. 1579 zum Marschall von Frankreich ernannt. Später erkannte er Heinrich IV. an, wurde von diesem zum Gouverneur der Champagne und nach den Schlachten von Arques und Ivry zum Gouverneur der Bretagne ernannt. Als solcher nahm er den Liguisten mehrere feste Plätze. Er starb 19. Aug. 1595 bei der Belagerung von Camper an einer Schußwunde.

2) Louis Marie Céleste, Herzog von, geb. 1762, bis zum Tod seines Onkels Herzog von Piennes, dann bis 1814 Herzog von Villequier, floh vor der Schreckensherrschaft 1792 aus Frankreich nach Spanien, kämpfte als Freiwilliger gegen die französische Republik und ward Oberst. Nach dem Frieden (1795) begab er sich zu Ludwig XVIII. nach Mitau und diente dann in Deutschland, Spanien und Schweden. Nach der Restauration ward er zum Generalleutnant und Befehlshaber der 14. Militärdivision ernannt. Napoleons Rückkehr trieb ihn nach England. Seine tollkühne Expedition von Jersey aus nach dem Departement Calvados glückte nur, weil die Preußen bereits in Paris eingerückt waren. A. wurde darauf erster Kammerherr, übernahm die Oberintendantur der Opéra-Comique und starb 12. Juli 1831.

Aune (franz., spr. ohn), Elle, früheres franz. Längenmaß. Die alte Pariser A. betrug 526,833 alte Pariser Linien = 1,1884 m. Dieselbe erhielt in Süddeutschland, in der Schweiz und in der Rheinprovinz (Krefeld) als Maß für Seidenstoffe den Namen Stab und teilweise eine geringe Änderung ihrer Länge (in der Schweiz 1857-77 = 1,2 m).

Aunis (spr. onihs oder onih), Landschaft im westlichen Frankreich, mit der Hauptstadt La Rochelle, bildet jetzt den nördlichen Teil des Departements Niedercharente. Der dort gebaute Wein (Auniswein) ist ein guter Rotwein.

Aupa, Nebenfluß der Elbe in Böhmen, durch den Zusammenfluß der Großen und Kleinen A. gebildet. Erstere entspringt auf der "weißen Wiese" zwischen der Schneekoppe und dem Brunnenberg, stürzt in den romantischen Aupagrund hinab, wo sie den Aupafall bildet, und vereinigt sich beim Dorf Großaupa (2648 Einw.) mit der Kleinen A., welche von der Schwarzen Koppe kommt. Der Fluß geht an Trautenau vorüber und mündet nach 82 km langem Lauf bei Jaromierz in die Elbe. Das Thal oberhalb Trautenau gehört zu den schönsten Partien des Riesengebirges.

Au porteur (franz., spr. o portör, "an den Inhaber"), s. Inhaberpapier.

Aura (lat.), Luft, Hauch; in der Medizin Bezeichnung der eigentümlichen Empfindungen, welche gewissen Hautausschlägen und Nervenkrankheiten, na-^[folgende Seite]