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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Ausführungsbehörden - Ausgabereste

Ausführungsbehörden, besondere Behörden, welche für Reichs und Staatsbetriebe die Unfallversicherung an stelle der Berufsgenossenschaften durchzuführen haben. Sie haben die Obliegenheiten des Vorstandes und der Genossenschaftsversammlung, werden von dem Reichskanzler oder der zuständigen Landescentralbehörde bestellt und bleiben unter deren Aufsicht; ihre Entscheidungen hinsichtlich der Unfallentschädigungen unterliegen aber der Anfechtung mittels Berufung an ein Schiedsgericht, von denen mindestens je eins für den Geschäftsbereich jeder Ausführungsbehörde errichtet sein muß, sowie an das Reichs-(oder Landes-) Versicherungsamt. Ihre Thätigkeit wird durch Ausführungsvorschriften geregelt, deren Erlaß dem Reichskanzler oder der zuständigen Landescentralbehörde zusteht. Die A. sind zuerst durch das sog. Ausdehnungsgesetz (s. d.) geschaffen worden, baden aber demnächst auch in dem landwirtschaftlichen, Bau- und See-Unfallversicherungsgesetz ihre Stelle gefunden. In der Bau-Unfallversicherung können A. auch für Kommunalverwaltungen und andere öffentliche Korporationen errichtet werden, wenn diese zur selbständigen Durchführung der Unfallversicherung für ihre Regiebauten für leistungsfähig erklärt worden sind (§. 4, Ziffer 3, §. 46 des Bau-Unfallversicherungsgesetzes vom 11. Juni 1887).

Ausführungsbestimmungen, zur praktischen Durchführung von Gesetzen erlassene Bestimmungen, die die technische und formelle Handhabung erleichtern und Gleichmäßigkeit sickern sollen. A. wurden gegeben bei Einführung des Handelsgesetzbuchs (s. d.), der Grund- und Hypothekenbuch-, der Patentgesetze u. a. Über die besondere Bedeutung der A. bei der Unfallversicherung s. Ausführungsbehörden. (S. auch Einführungsgesetz.)

Ausfuhrverbote. A. für gewisse Waren, insbesondere Edelmetalle, wurden schon zur Zeit Ciceros von den Römern und späterhin, zuerst in Frankreich zu Anfang des 14. Jahrh., erlassen, weil man von der Anschauung ausging, der Wohlstand eines Volks sei bedingt durch einen möglichst großen Vorrat an edlen Metallen, welcher geeignet sei, der schnell zunehmenden Münzverschlechterung vorzubeugen. Ihren Höhepunkt erreichte diese Maßregel in der Periode des Merkantilismus, wo die A. in mehrern Ländern Europas, so besonders in Spanien, Frankreich, England, Belgien und Holland, auch auf Rohstoffe und Lebensmittel (Rohzucker, Baumwolle, Getreide u. s. w.) ausgedehnt wurden. In Deutschland blieben im Mittelalter die A. im wesentlichen auf Gold und Silber beschränkt; so wurde in der deutschen Münzordnung Karls V. von 1524 und dem Frankfurter Reichstagsabschied vom 1. Okt. 1571 die Ausfuhr edler Metalle bei Todesstrafe verboten. Die A., aus denen allmählich die Ausfuhrzölle (s. d.) hervorgingen, werden in der neuern Zeit in Europa und andern Kulturländern in der Regel nur aus polizeilichen und militärischen Gründen und auch nur für einige Artikel, z. B. Waffen und Munition, erlassen. bei Lebensmitteln kommen sie vorübergehend als Notstandsmaßregel vor. So verbot Rußland wegen Mißernte 1891 zunächst die Ausfuhr von Roggen, dann von allen Getreidearten (welche Maßregel 1892 zurückgenommen wurde), Deutschland sowie Österreich und Ungarn 1893 wegen anhaltender Dürre die Ausfuhr von Futtermitteln.

Ausfuhrvergütung, s. Exportbonifikation und Ausfuhrprämien.

Ausfuhrzölle. A. wurden im Mittelalter, wie die Eingangszölle, lediglich im fiskalischen Interesse erhoben; man glaubte, daß dieselben hauptsächlich vom Auslande getragen würden. Mit dem Aufkommen der merkantilistischen Principien (s. Merkantilsystem) trat immer mehr die Tendenz hervor, nur Rohstoffe und Lebensmittel, soweit deren Ausfuhr nicht verboten war (s. Ausfuhrverbote), mit A. zu belasten, die Fabrikate dagegen freizulassen. In diesem Sinne ging namentlich Colbert bei der Aufstellung des Tarifs von 1664 vor, aber aus finanziellen Gründen war er noch nicht im stande, die A. auf Fabrikate gänzlich abzuschaffen. In der ersten Hälfte des 19. Jahrh. waren A. auf Rohstoffe in den Tarifen der meisten Staaten (auch in dem des Zollvereins) noch zahlreich zu finden. Erst durch die an den franz.-engl. Handelsvertrag (1860) anknüpfende Reform wurden sie fast gänzlich beseitigt. Der Zollverein erhob seit 1865 nur noch einen kleinen Ausfuhrzoll von Lumpen und andern Abfällen zur Papierfabrikation, der seit 1. Okt. 1873 ebenfalls wegfiel. Von den europ. Staaten erheben noch A. die Schweiz für frisches Fleisch, ferner für rohe Häute und Felle, Knochen, Alteisen, Nutz- und Schlachttiere, Österreich-Ungarn für Lumpen, Italien für Kunstgegenstände, Schwefel und Sämereien. In den weniger entwickelten oder halbcivilisierten Staaten, namentlich solchen, die überwiegend Passivhandel (s. Aktivhandel) treiben oder für gewisse Produkte (wie China für Thee, Peru für Guano, Brasilien für Brasilholz, Chile für Salpeter, Canada für Holz, Cuba für Habanatabak) eine Art von natürlichem Monopol haben, spielen die A. als Finanzquelle noch jetzt eine bedeutende Rolle.

Ausgabe, in litterar. und buchhändlerischer Hinsicht Bezeichnung einer durch den Druck vervielfältigten Schrift. Eine erste, zweite, dritte u. s. w. A. ist nach dem Entwurf einer Verlagsordnung (s. o.) für den deutschen Buchhandel (1891) zu unterscheiden, wenn die Herausgabe der bereits gedruckten oder in Druck begriffenen Auflage eines Werkes in äüßerlich veränderter Form oder veränderter Einteilung erfolgt (Titel-, Band-, Lieferungsausgabe), oder wenn der Neudruck eines Werkes in äußerlich veränderter Form geschieht (Quart-, Taschen-, Prachtausgabe). Bei alten Schriftstellern u. dgl. haben die nach Handschriften bearbeiteten A. besondere Bedeutung wegen der Verschiedenheit der Lesarten. Vorzüglich geschätzt sind die A. aus der frühesten Zeit der Erfindung der Buchdruckerkunst, die Inkunabeln (s. d.) und die ersten Drucke eines Klassikers (editiones principes) wegen der Seltenheit, die A. mancher Druckereien, wie die der Aldus, Giunti und Stephanus wegen der Korrektheit, die der Elzeviere wegen des saubern Druckes, endlich die A. von Baskerville, Didot, Bodoni u. a. wegen der Pracht ihrer Ausstattung. (S. auch Auflage.)

Ausgabereservate, auch bloß Reservate genannt, die am Schlusse einer Budgetperiode (Etatperiode) unverwendet gebliebenen Summen von solchen Ausgabenbewilligungen, denen zufolge einer ausdrücklichen Bestimmung im Staatsbudget (Staatsbaushaltsetat) oder einer sonstigen Vereinbarung zwischen Regierung und Volksvertretung die Eigenschaft der Übertragbarkeit (s. d.) beiwohnt.

Ausgabereste, im Staatsrechnungswesen Ausgabebeträge, die zur Zeit des Abschlusses der Kassenbücher hinsichtlich des Gegenstandes, ihrer Höhe und der Empfangsberechtigten genau feststehen, aber