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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Autodidakt; Autogonie; Autographen

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Autodidakt - Autographen

des Inquisitionsgebäudes. Das glänzendste Auto de Fé fand 1680 unier Karl II. zu Madrid statt; im 18. Jahrh. nahmen sie ab, doch wurde noch 1826 zu Valencia ein Schullehrer Ripoll wegen Deismus unter den Formen eines Auto de Fé hingerichtet. - Vgl. Llorente, Kritische Geschichte der span. Inquisition (deutsch von Höck, 4 Bde., Gmünd 1820-22).

Autodidakt (grch.), Selbstgelehrter, einer, der seine Kunst oder Wissenschaft ohne den mündlichen Unterricht anderer gelernt hat.

Autogonie (grch.), Selbstzeugung, Urzeugung, s. Plasmogonie.

Autographen (grch.), wörtlich im altherkömmlichen Sinne solche Schriftstücke, welche von ihren Verfassern mit eigener Hand niedergeschrieben worden sind. Als Urschriften oder Originalhandschriften, im Gegensatz zu den Abschriften oder Kopien, haben dieselben für den Philologen und Diplomatiker die vollgültigste urkundliche Beweiskraft. Die Originalhandschriften oder A. bedeutender Fürsten, Staatsmänner, Gelehrter, Schriftsteller und Dichter zählen daher zu den eigentlichen Cimelien oder Kleinodien der Bibliotheken. Etwa seit Mitte des 18. Jahrh. gebraucht man jedoch den Namen A. in etwas anderm Sinne für Handschriften, welche von historisch berühmten Persönlichkeiten, ausgezeichneten Gelehrten und Künstlern, durch außerordentliche Geistesgaben oder ungewöhnliche Schicksale namhaft gewordenen Männern und Frauen herrühren, und bei denen für den Sammler die Frage nach der Wichtigkeit des Inhalts erst in zweiter, die nach der Echtheit der Handschrift in erster Linie steht. Schon im Altertum sammelte man A. berühmter Personen; zur Liebhaberei wurden die Autographensammlungen seit Ende des 16. Jahrh. zunächst in Frankreich. Die erste größere Sammlung dieser Art legte Loménie de Brienne (gest. 1638), der Staatssekretär Heinrichs IV., an. Andere veranstalteten die Historiker Pierre und Jacques Dupuy (gest. 1651 und 1656), Hippolyt Graf von Bethune (gest. 1665), De Gaignières (gest. 1715), Baluze (gest. 1718), De Mesmes (gest. 1723), Colbert, Huet u. a. Diese Autographensammlungen umfaßten hauptsächlich histor. Aktenstücke, Memoiren, Gesandtschaftsberichte, Urkunden und Briefe berühmter Männer und waren noch vorzugsweise im wissenschaftlichen Interesse angelegt. Als reiche Schätze histor. Materials wurden sie meist von der öffentlichen Bibliothek in Paris erworben, die überhaupt das großartigste autographische Material besitzt. Von den Franzosen gelangte die Liebhaberei, A. zu sammeln, zunächst nach England. Von da ging sie seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrh. auch nach Deutschland über, wo sie besonders während der letzten Jahrzehnte in Aufnahme kam. An die Stelle des anfänglich überwiegenden wissenschaftlichen Interesses trat mehr und mehr das psychol. Interesse, welches sich an die Handschrift jeder ausgezeichneten Individualität knüpft.

Mit dem Wachsen des Sammeleifers wurden die A. auch Gegenstand des geschäftlichen Verkehrs; der Autographenhandel ist in der Regel mit dem Antiquariatsbuchhandel oder Kunsthandel verbunden. Der erste Versuch, eine Autographensammlung öffentlich zu verkaufen, wurde 1801 zu Paris mit einer von Richelieu herrührenden gemacht. Seit 1820 folgten daselbst die Auktionen immer rascher. Die erste Autographenversteigerung in deutsch sprechenden Ländern fand 1838 in Wien statt. Der erste Autographenkatalog (die Sammlung von Piréricourt) erschien 1822 zu Paris. Der Wert der A. wird durch das Interesse an der schreibenden Person, die Seltenheit der von ihr herrührenden A., durch Inhalt und Umfang der Handschrift sowie dadurch bestimmt, ob das betreffende Schriftstück bereits veröffentlicht oder ob es noch nicht gedruckt wurde; sehr wesentlich ist auch, ob das Schriftstück vom Autor durchweg selbst geschrieben, oder ob es nur unterzeichnet wurde, ob Ort und Zeit der Abfassung angegeben, ob Adresse und Siegel (neuerdings auch Postmarke) vorhanden sind, ob das Respektblatt erhalten ist; selbstverständlich auch, ob sich dasselbe in gutem Zustand befindet. Bei einzelnen Autoren, welche in verschiedenen Sprachen korrespondieren, kommt es sehr oft aber auch auf die Sprache an, in welcher das betreffende Schriftstück abgefaßt wurde. So werden z. B. deutsche Briefe Martin Luthers, Leibniz' u. a. höher bewertet als lateinische. Ferner steht eine volle Unterschrift («J. W. v. Goethe») höher als eine verkürzte «G. », «v. G. » oder «Goethe»); es können somit die Preise für A. einer und derselben Persönlichkeit sehr variieren. Hauptplätze für den Autographenhandel in Deutschland sind Leipzig (Otto Aug. Schulz) und Berlin (Alb. Cohn, J. A. Stargardt, Leo Liepmannssohn u. a.). Im internationalen Autographenverkehr haben sich bestimmte Bezeichnungen für die Beschaffenheit und den Umfang der A. eingebürgert. Als feststehend können die folgenden gelten:

Doc. = Document (Dokument, amtliches Schriftstück).

B. = Billet (Billet, kurzer Brief).

L. = Lettre (Brief).

a = autographe (eigenhändig).

s oder sig. = signé (unterzeichnet).

F. d'alb. = Feuillet d'album (Stammbuchblatt).

P oder pag. = Page (Seite).

l oder lig. = ligue (Zeile).

Pap. = Papier (Papier).

Parch. = Parchemin (Pergament).

Cach. oder * = Cachet (Siegel).

Adr. = Adresse (Adresse).

P. oder Portr. = Portrait (Bildnis).

Sign. Coup = Signature coupée (abgeschnittene Unterschrift).

s. l. e. d. = sans lieu et date (ohne Ort und Datum).

Fol. 4. 8. 12. 16. = folio, quarto, octavo, duodez., sedez (Format).

Die große Nachfrage nach A. hat häufig zu Fälschungen geführt, wie unter andern der Prozeß gegen den Architekten von Gerstenbergk (zu Weimar 27. und 28. Febr. 1856) darthat, welcher in großer Anzahl A. von Schiller gefertigt und verkauft hatte. Zur Vergleichung zweifelhafter oder ihm noch unbekannter Handschriften dienen dem Sammler die Faksimiles, die teils Porträten und biographischen Werken beigegeben, teils in einer Reihe von Werten in Lithographie, Kupferstich und Holzschnitt zusammengestellt worden sind. Dahin gehören für England die Werke von Smith (Lond. 1829), für die Niederlande von Nathan (Utr. 1837), für Frankreich von Delpech (2 Bde., Par. 1832) sowie die allgemeinen von Dorow (Berl. 1836-38) und «Isographie des hommes célèbres» von Th. Delarue (4 Bde., Par. 1843), über 700 Faksimiles enthaltend, für Deutschland «Sammlung historisch berühmter A. oder Faksimiles von Handschriften ausgezeichneter Personen alter und neuer Zeit» (Stuttg. 1846). In Paris werden von Charavay zwei Zeitschriften herausgegeben: «L'amateur d'auto- ^[folgende Seite]