Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

324

Balde - Baldr

Gaeta berufen, ward er 24. Mai 1849 zum Vorsitzenden des neuen konservativen Kabinetts und Finanzminister ernannt, in welcher Stellung er bis 27. April 1859 verblieb. Von Wien, wohin er Leopold II. im Sommer 1850 begleitet hatte, brachte er die verhaßten sog. Septembergesetze mit, durch welche die Verfassung bis auf weiteres aufgehoben und die Preßfreiheit beschränkt wurde. Als Finanzminister gelang es ihm durch Erhöhung der Steuern die durch die Unruhen und die österr. Besetzung zerrütteten toscan. Finanzen wiederherzustellen. Im Mai 1859 muhte er dem Umschwung der polit. Verhältnisse weichen. Er starb 19. Okt. 1876 in Florenz. B. schrieb «Leopoldo II, granduca di Toscana e i suoi tempi» (Flor. 1871).

Balde, Jakob, neulatein. Dichter, geb. 1. Jan. 1604 zu Ensisheim, ward 1624 Jesuit, 1628 Professor der Rhetorik in Innsbruck, 1633 Priester, 1635 Professor in Ingolstadt, 1638 Hofprediger in München und starb 9. Aug. 1668 zu Neuburg an der Donau. Von seinen Dichtungen sind hervorzuheben: «Lyricorum libri IV, Epodon liber I» (Münch. 1643; hg. Von Hipler, Müust.1856), «Sylvae lyricae» (Münch. 1643; hg. von Müller, Regensb. 1884), das totentanzartige deutsch-lat. «Poema de vanitate munid» (Münch. 1638), die Allegorie «Urania victrix» (ebd. 1663), das Drama «Jephtes» (Amb. 1654), das Bauernspiel «Drama georgicum» sowie eine Reihe poet. Satiren gegen Trinker, Quacksalber, Dickbäuche; Gesamtausgabe in 8 Bdn. (Münch 1729). Verdeutschungen ausgewählter Dichtungen von B. gaben u. a. Herder in der «Terpsichore» (in Suphans Herder-Ausgabe, Bd. 27), Schrott und Schleich (Münch. 1870). B.s lat. Lyrik hat auf den Pegnitzorden eingewirkt, während seine wenigen Versuche in deutschen Versen ungeschickt sind.

Vgl. Eitner, J. B.s Leben und Charakter (Bresl.1863); Westermayer, J. B. (Münch. 1868).

Baldegger See, s. Hallwylersee.

Baldenburg, Stadt im Kreis Schlochau des preuß. Reg.-Bez. Marienwerder, in anmutiger laubbolzreicher Gegend am Labessee, in 157 m Höhe, nahe der pommerschen Grenze, an der Nebenlinie Neustettin-Stolp der Preuß. Staatsbahnen, hat (1890) 2358 E. (darunter 38 Katholiken, 83 Israeliten), Amtsgericht (Landgericht Konitz), Post, Telegraph; Böttcherei, Fischerei, Schuhmacherei und Viehhandel.

Balder, s. Baldr.

Baldeschi (spr. -ki), s. Baldus de Ubaldis.

Baldewin, später Balduin (d. h. der Kühngemute, Unbekümmerte), im deutschen Tierepos Name des Esels.

Baldgreis, s. Senecio.

Baldi, Bernardino, ital. Dichter und Gelehrter, geb. 6. Juni 1553 zu Urbino, studierte zu Padua Philologie und Mathematik und lebte am Hofe Ferrante Gonzagas, der ihn 1586, wo er auch päpstl. Protonotar wurde, zum Abbate von Guastalla ernannte. Später zog er sich nach Urbino zurück, von wo er 1612 als Gesandter nach Venedig ging. Er starb 10. Okt. 1617 zu Urbino. Als Dichter und Gelehrter genoß er großen Ruhm, er soll 12 Sprachen gekannt haben. Geschätzt sind das Lehrgedicht «La Nautica» und die Eklogen in «Versi e Prose di Monsignor B.» (Vened. 1590). Bisweilen sucht er nach neuen seltsamen Formen, kombinierte z. B. ein Sonett aus 3- und eins aus 11silbigen Versen zu 14silbigen in «Lauro, scherzo giovanile» (Pavia 1600), und aus 7- und 11silbigen Versen zu 18silbigen in «Diluvio universale» (ebd. 1604). Auf geschichtlichem Gebiete schrieb er: «Vita e fatti di Guibaldo I di Montefeltro duca d'Urbino. Libri XII» (2 Bde., Mail. 1821), «Vita e fatti di Federigo di Montefeltro duca d'Urbino» (3 Bde., Rom 1824).

Vgl. Affò, Vita di B. B. (Parma 1783), Per B. B. (Ancona 1885).

Baldi degli Ubaldi (spr. delji), s. Baldus de Ubaldis.

Baldini, Baccio, einer der ältesten ital. Kupferstecher, geb. 1436 in Florenz. Seine Stiche, hauptsächlich nach Zeichnungen Botticellis gefertigt, sind noch unvollkommen in der Technik. Besonders bekannt sind seine Illustrationen zu Antonio Bettinis «Monte sancto di Dio», 1477, und zu Dantes Hölle, 1481 (Ausgabe von Niccolò di Lorenzo della Magna), sowie Propheten, Sibyllen und Planeten. Sein Todesjahr ist unbekannt.

Baldo, Monte, s. Monte-Baldo.

Baldower (hebr.), in der Gaunersprache der jenige, welcher die Gelegenheit zu Diebstählen aus kundschaftet; baldowern, auskundschaften.

Baldr (oft in neuisländ. Form als Baldur geschrieben; d. h. der Kühne), ein german. Gott, über den namentlich die Mythen der Edda und des Saxo Grammaticus berichten, nach nordischen Quellen der Sohn Odins und der Frigg, Gemahl der Nanna und Vater Forsetis. Außer bei den Skandinaviern ist er in den angelsächs. und deutschen Mythen verbürgt, und in der deutschen Heldensage von den Hartungen lebt er mit seinem Bruder Vali als Baltram (und Sintram) fort. Schön und glänzend (daher nach ihm die weißeste Blume «Baldrsbraue»), war er ebenso kühn und tapfer, wie Mythenreste und Saxos Erzählung von seinem Kampfe mit Hotherus um die schöne Nanna bezeugen. Eine Hauptrolle spielt er in der Odinschen Götterdynastie. Nach nordischen Quellen wußten die Götter ihr Heil an B.s Leben gebunden und suchten, durch seine Träume gewarnt, ihn zu schützen. Frigg nahm allem in der Welt den Eid ab, B. nicht zu verletzen. Die Götter machten die Probe, schossen und schlugen nach ihm, und er zeigte sich unverwundbar. Das verdroß den Loki; er ging als altes Weib zu Frigg, um zu erlauschen, ob alles jenen Schwur geleistet habe, und erfuhr, daß die kleine Mistel nicht vereidigt wurde. Da riß Loki diese aus und gab sie dem Hödr, der wegen seiner Blindheit an jenem Wurfspiel nicht teilgenommen hatte. Hödr warf, und B. fiel tot nieder. Die Götter legten die Leiche auf einem Scheiterhaufen auf das dann angezündete Schiff Hringhorni, das Thor weihte und die Riesin Hyrrockin vom Strande schob. Neben B. lag seine Gattin Nanna, die der Schmerz getötet hatte. Zugleich wurde sein Roß verbrannt. Odin legte sein teuerstes Kleinod, den Ring Draupnir, das Symbol der Sonne, auf den Scheiterhaufen. Hermod ritt in die Unterwelt, um seinen Bruder zu erlösen. Hel war zur Rückgabe bereit, wenn B. von allem droben beweint werde. Da gingen Boten aus, um die Totenklage zu bitten, und Lebendes und Lebloses weinte. Nur die Riesin Thöck verweigerte die Thränen, und so blieb B. bei Hel. Die Blutrache nahm Vali auf sich. Dem Tode B.s folgte bald der Untergang der Götter im Ragnarök. In der neuen Welt soll er einst mit seinem Gegner Hödr gemeinsam die Herrschaft führen. - B. ist physisch und ethisch gedeutet worden. Uhland und Simrock sehen in ihm den Sommergott, der durch den lichtlosen Winter (den blinden Hödr) falle. Nanna sei das Blütenleben, das mit dem Sommer dahingehe. Der Kampf B.s und Hotherns' (bei