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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Balkanhalbinsel; Balkar; Balkasch; Balken

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Balkanhalbinsel - Balken.

besitzt, tritt in weiter Ausdehnung die nach der Donau zu mit Löß hoch überdeckte Kreide auf, doch nicht so ausschließlich, wie man früher glaubte. Der ostwestlichen Richtung des Balkans entspricht auf seiner Südseite eine in der ganzen Länge des Gebirges deutlich erkennbare Dislokationsspalte (Thäler der Tundscha, Giopsa, Becken von Sofia etc. mit einzelnen Thermalquellen), längs deren die losgerissenen südlichen Gebirgsteile versanken bis auf die stehen gebliebenen Gebirge Karadscha und Orta Dagh, nordöstlich und nordwestlich von Philippopel. Es ist nicht wahr, daß der B. nur von S. aus gesehen als hohes, stattliches Gebirge erscheint; es ist das auch an vielen Stellen der Nordseite, ja selbst von der Donau aus der Fall. Spitze Gipfel sind selten; er hat mehr breite, flach gewölbte Kuppen. Deswegen ist wahrscheinlich seine Höhe stets unterschätzt worden. Ami Boué gab seine größte Erhebung auf ca. 1700 m an; Kanitz aber fand den Mara Gedük (nordöstlich von Karlovo) zu 2330 m, und seitdem haben die Russen 1878 den dicht dabeiliegenden Gümrüktschal sogar zu 2376 m bestimmt. Nach diesen russischen Messungen wird das Gebirge zu beiden Seiten des Gümrüktschal niedriger, ist aber zwischen Wratza und Schipka noch immer 2100-1500 m hoch, sinkt zwischen Schipka und Kotel auf 1500-900 m und übersteigt noch weiter östlich nirgends 900 m. Auch in Klima und Vegetation sind die verschiedenen Teile des Balkans wesentlich unterschieden. Während die Südseite des Ost- und Zentralbalkans milde Luft, langen Sommer und üppige Vegetation (Rosen, Weinstöcke, Walnußbäume) hat, herrschen auf der Nordseite und dem ganzen Westbalkan rauhes Klima und frühe Winter. Die Südabhänge des West- und Ostbalkans sind meist bis oben hin mit dichtem Laubwald (Nadelholz tritt nur vereinzelt auf) bedeckt, während der des Zentralbalkans meist kahl ist. Die Nordseite dagegen besitzt überall stattlichen Hochwald. Der früher für unwegsam gehaltene B. ist dies keineswegs: es führen im ganzen 30 wichtigere Straßenzüge über das Gebirge. Im O. sind es besonders die Pässe Emine, Bana (437 m), Nadir, Boghazdere (138 m), Kamtschik, Tschalikavak (446 m), Azaptepe und Kalabak (724 m); im Zentrum Demirkapu, Zuvandschi Mesari (1098 m), Haidutzi Tschokar (1085 m), Hainköi Boghaz, Tipurischka-Boljana, Schipka (1207 m), Rosalita (1930 m), Ostra Mogila, Trojan, Rabanitza (1916 m), Katzamarsko (1496 m), Strigl, Baba Konak (1050 m), Umurgasch; im W. Izgorigrad (1412 m), Gintzi (1508 m), Gareschda (1919 m), Vrscha Glava (1897 m), Sveti Nikola (1348 m). Außerdem aber gibt es noch zahlreiche Karrenwege und Saumpfade über verschiedene Höhen und Einsattelungen der Kette. Der Nordabhang des östlichen Balkans wird fast ausschließlich von Türken, der des Zentral- und Westbalkans von Bulgaren bewohnt. Am Südabhang des Ostbalkans sitzen meist Türken, an demjenigen des Zentralbalkans Türken und Bulgaren gleichmäßig (soweit nicht die Kriegszeiten dort Änderungen, deren Details noch unbekannt sind, mit sich gebracht haben) und am Südfuß des Westbalkans ausschließlich Bulgaren. Tataren, Tscherkessen und Griechen kommen nur ganz vereinzelt vor. Die Industrie beschränkt sich meist auf den Hausbedarf; Ackerbau und Viehzucht spielen dagegen größere Rollen. Vgl. F. Kanitz, Donau-Bulgarien und der B. (Leipz. 1875-79, 3 Bde.).

Geschichtlich berühmt ist der Übergang des russischen Heers unter dem Feldmarschall Diebitsch über den bisher für unübersteiglich gehaltenen und obendrein in seinen Hauptzugängen durch die Festung Schumna geschützten Wall des Balkans im Juli 1829 von Warna und Prawady aus. Am 22. Juli überstiegen die Russen den Kamm des Gebirges; mit der Besetzung Karnabads am 26. lag der ganze B. in ihrem Rücken. Die kühne Ausführung dieses Überganges erwarb Diebitsch den Ehrennamen "Sabalkanskij". Noch glänzender waren die Unternehmungen der Russen 1877, indem sie schon im Juli unter General Gurko über den Schipkapaß vordrangen und diesen auch nach ihrem baldigen Rückzug behaupteten, nach dem Fall von Plewna aber den B. an drei Stellen, am Schipkapaß, am Trojanpaß und bei Sofia (Etropolbalkan), Ende Dezember 1877 und Anfang Januar 1878 bei hohem Schnee und furchtbarer Kälte teilweise auf Saumpfaden glücklich überschritten und dabei 9. Jan. die ganze türkische Schipkaarmee gefangen nahmen.

Balkanhalbinsel, seit dem Anfang des 19. Jahrh. übliche Bezeichnung der südöstlichen Halbinsel Europas, obwohl das Gebirgssystem des Balkans (s. d.) nur deren östliche Hälfte durchzieht. Als Nordgrenze gegen den Kontinent kann man die Save und die untere Donau betrachten, obwohl das außerhalb dieser Linie gelegene Königreich Rumänien durch seine Geschichte auf das innigste mit der B. verbunden ist. In dieser Begrenzung würden die Türkei mit Bulgarien, Griechenland, Serbien, Montenegro, Bosnien mit der Herzegowina und Dalmatien zur B. gehören (näheres unter den einzelnen Ländern). Richtiger bezeichnet man die B. als die südosteuropäische Halbinsel; andre Namen, wie die illyrische, griechische, türkische oder südslawische Halbinsel, sind von der Bevölkerung oder aus der Geschichte entnommen, decken den Begriff aber auch keineswegs. Vgl. die Übersichtskarte bei Art. "Türkisches Reich".

Balkar (Malkarzen), ein türk. Volksstamm, welcher an den Quellen des Tschegem und Tscherek, Zuflüssen des Terek, am Nordostabhang des Kaukasus im Gebirgsbezirk des Terschen Landstrichs, etwa 4500 Köpfe stark, in Genossenschaften geteilt, wohnt. Bis 1822 waren sie von den Tscherkessen abhängig, dann leisteten sie den Russen Gehorsam, die ihnen ihre althergebrachte freie Gemeindeverfassung ließen. Ihre Hauptbeschäftigung besteht in Gartenbau und Viehzucht; sie sind teils Christen, teils Mohammedaner.

Balkasch, See, s. Balchasch.

Balken, im allgemeinen jeder vierkantig behauene Baumstamm; dann insbesondere ein wagerecht liegendes, an beiden Enden durch die Umfassungsmauern, Widerlager etc., oft auch noch in der Mitte unterstütztes starkes, scharf- oder baumkantig (waldkantig) behauenes Holz. Mehrere B. nebeneinander bilden das Gebälk oder die Balkenlage, wie sie zwischen den einzelnen Stockwerken der Gebäude benutzt wird. Bei massiven Gebäuden kommen die B. in einer Entfernung von höchstens 1,25 m von Mitte zu Mitte entweder auf die reine Mauer oder auf eichene, 10 und 13 cm starke Langhölzer (Mauerlatten) zu liegen, indem man sie auf dieselben aufkämmt oder aufdollt und zwar so, daß die B. auf jeder Seite mindestens 26 cm auf der Mauer liegen. An den Giebelmauern und massiven Scheidewänden müssen die B. (Streichbalken) neben der Mauer liegen; bloß auf die Holzwände kommen die B. unmittelbar aufzuliegen, und nur in der Dachlage kommt auf jede massive Scheidemauer ein B. Beim Legen der B. muß Zopf- und Stammende abwechseln und jeder dritte oder vierte B. mit der Mauer verankert sein (s. Anker). Bei Holzgebäuden werden die B. auf die Rahmen der Umfassungswände aufgekämmt und mit denselben bindig verschnitten; die Dachbalken ragen bei dieser Gebäudegattung in der