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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Berliner Missionsgesellschaft - Berliner Stadt- und Ringbahn

Meerengen wurden aufrecht erhalten. Die Pforte verpflichtete sich, in allen Teilen des Reichs Religionsfreiheit und bürgerliche Rechtsgleichheit durchzuführen. Die genaue Regelung mehrerer Einzelfragen, namentlich der Organisation Bulgariens und Ostrumeliens, wurde besondern, noch einzusetzenden Kommissionen vorbehalten. Am 13. Juli wurde der aus 64 Artikeln bestehende Friedensvertrag (Berliner Friede) von sämtlichen Bevollmächtigten unterzeichnet. (Vgl. den Wortlaut in Schultheß, Europ. Geschichtskalender, 19. Jahrg., S. 114-128, Nördl. 1879.)

Berliner Missionsgesellschaft, zur Unterscheidung von andern Berliner Missionsgesellschaften (s. Mission) Berlin I genannt, als Berliner Gesellschaft zur Beförderung der evangelischen Missionen unter den Heiden von Neander, Tholuck, Strauß u. a. 1824 gegründete Gesellschaft, die 1829 ein eigenes Missionsseminar eröffnete und 1833 die ersten Heidenboten nach Südafrika sandte. Die Unternehmung in Indien war nur von kurzem Bestand; dagegen wurde 1882 die Station Kanton (China) übernommen, wo 1893 auf 5 Hauptstationen, 13 Stationen und 27 Nebenstationen und Predigtplätzen 8 Missionare und 31 Nationalhelfer arbeiteten. Im Oranje-Freistaat, der Kapkolonie, dem Kaffernland, Natal und Transvaal zählte man 45 Stationen, 90 Außenstationen, 177 Predigtplätze, 58 ordinierte und 6 unordinierte Missionare, 469 Nationalhelfer und 23 841 getaufte Gemeindeglieder. 1891 kam noch Deutsch-Ostafrika im NO. des Njassasees mit (1893) 4 Stationen, 1892 Maschonaland mit 2 Stationen hinzu. Die B. M. steht auf lutherisch-konfessionellem Standpunkt und verpflichtet ihre Missionare auf das Augsburgische Bekenntnis und den Kleinen Katechismus Luthers. Etwa 320 Hilfsvereine unterstützen die Gesellschaft, deren Organ die "Berliner Missionsberichte" sind. - Vgl. Wangemann, Geschichte der B. M. (Berl. 1887); Kratzenstein, Kurze Geschichte der Berliner Mission in Süd- und Ostafrika (4. Aufl., ebd. 1893).

Berliner Ofen, s. Öfen.

Berliner Politische Nachrichten, 1881 in Berlin gegründete Tageszeitung, welche die möglichst objektive Darstellung der polit. Ereignisse als ihre Aufgabe betrachtet. Verleger: Victor Schweinburg in Berlin; Redacteure: Victor Schweinburg und Rudolf Krause.

Berliner Porzellan-Manufaktur, s. Königliche Porzellan-Manufaktur zu Berlin.

Berliner Ringbahn, s. Berliner Stadt- und Ringbahn

Berliner Rot, s. Eisenoxyd.

Berliner Stadt- und Ringbahn. Die durchweg viergleisige Berliner Stadtbahn (12,145 km) ist 1875-82 vom Staate zuerst für Rechnung der Berliner Stadteisenbahngesellschaft, dann für eigene Rechnung erbaut und 7. Febr. 1882 für den Stadtverkehr, 15. Mai 1882 im vollen Umfange eröffnet worden. Sie dient nur dem Personenverkehr, das nördl. Gleispaar dem Stadt- und zum Teil auch dem Vorortverkehr, das südl. Gleispaar dem Vorort- und Fernverkehr; mit der an den Bahnhof Alexanderplatz angeschlossenen Centralmarkthalle findet beschränkter Güterverkehr statt. Die Vorort-und Fernzüge befördern Eilgut. Vom Schlesischen Bahnhof ausgehend und im Charlottenburger Stadtbahnhof endend, durchschneidet sie die Stadt von O. nach W., gewissermaßen den Durchmesser bildend des die Stadt umschließenden Kreises der nur zum Teil viergleisigen Ringbahn (39 km), die 1851-77 als Staatsbahn für Personen- und Güterverkehr hergestellt ist. Sie steht unmittelbar oder durch die Ringbahn mit sämtlichen in Berlin einmündenden Bahnen in Verbindung, deren Züge, mit Ausnahme der Züge der Berlin-Anhaltischen und der Berlin-Stettiner sowie der Fernzüge der Berlin-Hamburger und der Berlin-Potsdam-Magdeburger Eisenbahn, zum Teil über die Stadtbahn geführt werden. (S. Tafel: Berliner Stadt- und Ringbahn, Fig. 1, sowie den Plan von Berlin.) Die Berliner Stadtbahn ist eine Hochbahn mit Unterführung der Straßen und sonstigen Verkehrswege; 7964 m sind als gewölbte Viadukte, 1823 m als Viadukte mit eisernem Überbau, 675 m als Dammschüttung zwischen Futtermauern und 1683 m als gewöhnliche Dammschüttung ausgeführt. Für die Gleise ist ursprünglich eiserner Langschwellenoberbau, System Haarmann (s. Eisenbahnbau), angewendet; neuerdings ist dasselbe wieder verlassen und der Umbau unter Verwendung hölzerner Querschwellen veranlaßt worden. Von den zehn Stationen dienen Schlesischer Bahnhof, Alexanderplatz, Friedrichstraße (Fig. 2), Zoologischer Garten und Charlottenburg zugleich dem Vorort- und Fernverkehr, die übrigen Zwischenstationen, Jannowitzbrücke, Börse, Lehrter Bahnhof, Bellevue und Tiergarten dem Stadt-, zum Teil auch dem Vorortverkehr. Seit 1. Mai 1888 ist der Stadtverkehr aus Betriebs- und Verkehrsrücksichten in östl. Richtung bis Station Stralau-Rummelsburg, in westl. Richtung bis Station Westend ausgedehnt. Die Baukosten betragen einschließlich der Kosten der östl. und westl. Anschlüsse 74,676 Mill. M. (darunter 35,199 Mill. M. für Grunderwerb). Ohne die Anschlüsse stellen sich die Kosten auf 68,129 Mill. M., und nach Abrechnung der über Bedarf erworbenen und wieder veräußerungsfähigen Grundstücke im Werte von 8 Mill. M. auf 60,129 Mill. M. = rund 5 Mill. M. für 1 km. Die im Stadt- und Ringbahnverkehr verwendeten, mit Gas erleuchteten dreiachsigen und zweifach gekuppelten Tenderlokomotiven mit außenliegender Steuerung (s. Lokomotive) werden zur Vermeidung belästigenden Rauches mit Koks geheizt. Die in Abteilungen nach dem Coupésystem (s. Betriebsmittel) getrennten Personenwagen mit Oberlicht müssen von den Reisenden selbst geöffnet werden. Ein Ausrufen der Stationen findet nicht statt. Der Betrieb beginnt zum Teil schon bald nach 4 Uhr morgens und dauert zum Teil bis nach 1 Uhr nachts. Die Stadtbahnzüge, in der Regel aus 8 Wagen (2 Wagen II. Klasse und 6 Wagen III. Klasse) bestehend, verkehren gewöhnlich alle 10 Minuten, während der Zeit des Arbeiterverkehrs, d. i. in den Früh- und Abendstunden, seit 1. April 1892 alle 3 Minuten, auf dem Nord- und Südringe in längern Zwischenräumen (halbstündlich und stündlich). Von den Betriebsergebnissen der Stadt- und Ringbahn und des über dieselbe geleiteten Vorort- und Fernverkehrs 1890/91 und 1891/92 geben die Übersichten I und II auf S. 818 und 819 ein Bild. Durch Vergleichung mit den ebenfalls aufgeführten Ergebnissen des J. 1886/87 ist die Verkehrsentwicklung in den letzten 6 Jahren ersichtlich. Im Winter 1892/93 gingen auf der Stadtbahn (Stadtgleisen), der Ringbahn und den zugehörigen Anschlüssen täglich etwa 470 Personen- und einschließlich der Bedarfszüge 370 Güter- und Viehzüge, zusammen 840 Züge, auf den Ferngleisen der Stadtbahn rund 170 Personenzüge. Für den starken Sonntagsverkehr ferner werden Züge nach Bedarf eingelegt.