Autorenkollektiv,
Verlag von G. A. Gloeckner, Leipzig,
Dritte Auflage, 1884
Beschreibung der im Handel vorkommenden Natur- und Kunsterzeugnisse
unter besonderer Berücksichtigung der chemisch-technischen und anderer Fabrikate, der Droguen- und Farbewaren, der Kolonialwaren, der Landesprodukte, der Material- und Mineralwaren.
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Bernsteinsäure - Biberfelle
Bernsteinsäure (Succinylsäure,
Dicarbonäthylensäure, acidum
succinicum); eine organische, in vielen Pflanzen
fertig gebildet vorkommende Säure, wurde zuerst im Bernstein
entdeckt, läßt sich auch auf verschiedene Weise künstlich
erhalten. Sie wurde früher viel medizinisch verwendet, jetzt
nur noch wenig. Behufs ihrer Darstellung im Großen wird
Bernstein der trockenen Destillation unterworfen, wobei sich
Bernsteinöl
(s. d.) und Bernsteinsäure verflüchtigen und durch Abkühlung
aufgefangen werden, während eine harzige Masse, das
Bernsteinkolophonium
(Colophonium Succini)
zurückbleibt, welches man hauptsächlich zur Bereitung von
Bernsteinlack verwendet.
Die so erhaltene B. ist noch braungefärbt und übelriechend
und muß durch weitere Behandlung gereinigt werden. Auch durch
Gärung von äpfelsaurem Kalk bereitet man zuweilen B. im
Großen. Keine B. erscheint in farblosen und geruchlosen
Kristallen. Die Verbindungen der B. mit Basen werden
bernsteinsaure Salze oder
Succinate genannt. -
Zollfrei.
Bertramwurzel (Zahnwurzel,
Speichelwurzel, lat. radix
Pyrethri, franz. racine de Pyrèthre, engl. Pellitory);
unter diesem Namen kommen im Droguenhandel zwei verschiedene
Wurzeln vor.
1) Die deutsche B.
(radix Pyrethri germanici),
sie stammt von Anacyclus
officinarum und wird vielfach in Thüringen
kultiviert, dann
2) die römische B.
(radix Pyrethri romani s.
italici), stammt von
Ancyclus Pyrethrum
(Anmerkung des Editors: richtig: Anacyclus pyrethrum),
einer in Arabien, Syrien und Nordafrika wildwachsenden,
in Italien kultivierten Pflanze aus der Familie der
Kompositen.
Beide besitzen einen brennend scharfen Geschmack, sind aber
geruchlos; die deutsche hat Längsrunzeln, die römische
Querrunzeln; bei ersterer ist der Holzkörper braun, bei
letzterer gelb. Man verwendet die B. meist zu Zahntinkturen
und Mundwässern. - Zollfrei.
Beryll; ein in sechsseitigen Säulen
kristallisirendes, aus kieselsaurer Thonerde und kieselsaurer
Beryllerde bestehendes Mineral; es ist sehr hart, glasglänzend
und verschieden gefärbt, doch herrschen die grünen Nüancen
vor, blaßgrüner oder farbloser und durchsichtiger B. wird
edeler Beryll genannt und
als Schmuckstein verwendet, alle undurchsichtigen B. nennt
man gemeiner B., die gelblich grünen und bläulichgrünen Varietäten
heißen Aquamarin, die
lebhaft grasgrünen B. nennt man
Smaragd
(s. d.). - Zoll: Vergl. Edelsteine.
Beryllerde (Berylliumoxyd, Glycinerde,
Süßerde); die Verbindung eines metallischen Elementes, des
Berylliums oder
Glyciums, mit Sauerstoff,
findet sich im Beryll
(s. d.) und einigen anderen seltenen Mineralien. Die B. ist
ein weißes, in Wasser ganz unlösliches Pulver; sie hat bis
jetzt, ebenso wie ihre Verbindungen mit Säuren, die
Beryllerdesalze, noch
keine Verwendung gefunden; man findet sie aber auf den Preislisten
der Chemikalienhandlungen. - Zollfrei.
Beuteltuch, Siebtuch, Müllergaze (fr.
étamine, engl. botting-cloth), zum Beuteln des Mehls sowohl
als zu Sieben, Fensterrahmen, zu Modelltüchern u. s. w.
gebraucht. Derlei Stoffe kommen aus Wollgarn, aus Leinen,
Baumwolle, roher Seide, Pferdehaar gewebt vor. Die gewöhnliche
↔
Müllerei arbeitet mit Beuteln aus festem Wollgarn in
verschiedenen Feinheitsnummern, indes die Kunst- oder
amerikanische Müllerei zum Überziehen ihrer Siebcylinder
allgemein seidene Müllergaze
benutzt, die anfänglich aus Frankreich bezogen wurde, jetzt
aber in Deutschland in verschiedenen Fabrikationsorten in gleicher
Güte und Schönheit hergestellt wird. Da die Kunstmüllerei aus
demselben Mahlgut ihre verschiedenen Mehlsorten ausbeutelt, so
sind dazu ebenso viele Feinheitsnummern der Gaze erforderlich.
Öfter belegt man einen Cylinder mit 2 oder 3 verschiedenen
Nummern, die feinste zu oberst, und beutelt dann ebenso viel
Mehlsorten zugleich ab. - Zoll: Seidenes B. gemäß Tarif im Anh.
Nr. 30 e; wollenes Nr. 41 d 5 β; leinenes Nr. 22 h;
baumwollenes Nr. 2 d 3 bezw. 5; ganz aus Roßhaaren, oder wenn
die ganze Kette bezw. der ganze Einschlag aus solchen besteht,
Nr. 11 b.
Bezetten, (Schmink- oder Färberläppchen,
Tournesol.) Mit Cochenille
oder Pernambukabsud rot gefärbte Leinwandstreifen, die in
Packeten von ¼-½ k von Venedig und Hamburg in den Handel kommen,
führen diesen Namen, sind aber nicht die eigentlichen B., welche
vielmehr aus dem südlichen Frankreich kommen und mit dem Safte
von Croton tinctorium (Krebskraut, Lackmuspflanze) zu der Familie
der wolfsmilchartigen Gewächse gehörig, gefärbt sind. Durch
besondere Behandlung wird die Farbe der Läppchen in Blau und
dann in Purpurrot übergeführt. Diese Sorte dient in Holland zum
Färben von Käse, beide übrigens um Backwerk, Liköre, Gelées u.
s. w. leicht zu röten. - Zollfrei.
Bezoare; ein veraltetes, in unserem
Handel kaum noch vorkommendes Medikament, besteht aus den
Darmsteinen einiger Wiederkäuer. Die teuersten kamen aus
Persien und heißen orientalische
oder echte B. - Zollfrei.
Biberfelle (frz. Laine de Moscovie;
engl. Beaver-skin) sind einer der hauptsächlichsten Ausfuhrartikel
Nordamerikas, namentlich Kanadas und der Hudsonbailänder, haben
aber viel an Bedeutung verloren gegen frühere Zeiten, wo fast
alle Felle geschoren und das Haar zu den feinsten Männerhüten
(Kastorhüten) verbraucht wurde. Seitdem diese Industrie fast
gar nicht mehr besteht, zählt der Biber mehr zu den andern
Pelztieren. Außer Nordamerika findet sich der Biber in Rußland,
im europäischen nicht häufig, mehr und mit schönem Fell in
einigen Gegenden Sibiriens, am schönsten in Kamtschatka. Die
Benutzung zu Pelzen ist besonders in Rußland gebräuchlich; die
Russen behalten nicht nur ihre eigene bessere Ware, sondern
kaufen auch noch die besten amerikanischen Felle, die manchmal
in Leipzig schon mit 300 M. das Stück bezahlt worden sind;
die gewöhnlichen Preise bewegen sich zwischen 9 bis 30 M. das
Stück. Die dunkelfarbigsten werden am höchsten geschätzt. Die
Farbe des Bibers ist kastanienbraun, am Rücken am tiefsten,
über die Seiten bis zum Bauche zunehmend heller. Diese Färbung
hat das etwa 3 cm lange Oberhaar, unter welchem sich noch ein
feines, dichtes, seidenartiges, flockiges Unterhaar befindet,
das aschgrau bis silberweiß gefärbt ist. Gleichfarbig
rotbraune Biber
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 50.