Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Bibliothekographie; Bibliothekonomie; Bibliothekswissenschaft

970

Bibliothekographie - Bibliothekswissenschaft

vina (s. d.); in Mailand die Ambrosianische Bibliothek (s. d.). Die Aufhebung von Klöstern infolge der Reformation gab Veranlassung zur Gründung von fürstlichen und städtischen B. später haben der Dreißigjährige Krieg wie die Napoleonischen Beraubungen deutschen und italienischen B. empfindlich geschadet. Doch entstanden noch im 18. wie im 19. Jahrh. bedeutende B., so zu Göttingen (1737), Bonn (1818), Straßburg (1872), letztere an Stelle der 24. Aug. 1870 während der Belagerung eingeäscherten. Jetzt giebt es in Deutschland, Frankreich, England, Holland, Belgien, in der Schweiz sowie in Amerika kaum eine Stadt von Bedeutung, die nicht eine oder mehrere B. hätte. Eine Übersicht der B. mit nähern Angaben über ihre Einrichtungen giebt Edwards, "Memoirs of libraries" (2 Bde., Lond. 1859), eine genauere der deutschen B. Petzholdts "Adreßbuch der B. Deutschlands" (Lpz. 1874-75; neue Auflage von P. Schwenke, ebd. 1893) und Dziatzko, "Entwicklung und gegenwärtiger Stand der wissenschaftlichen B. Deutschlands" (ebd. 1893), der österreichischen Grassauers "Handbuch für österr. Universitäts- und Studienbibliotheken" (Wien 1883), der nordamerikanischen "Public Libraries in the United States of America" (2 Bde., Washington 1876). Ein Verzeichnis der B. vom Mittelalter bis zur Neuzeit bietet Vogels "Litteratur öffentlicher und Korporationsbibliotheken" (Lpz. 1840), für die Gegenwart P. E. Richter, "Verzeichnis der B. mit gegen 50 000 und mehr Bänden", I. und II. (ebd. 1890 u. 1892); für das Mittelalter ist am ausführlichsten Gottlieb, "Über mittelalterliche B." (ebd. 1890). Die wirkliche Bändezahl sind nur wenige B. genau anzugeben im stande, so daß man die Angaben über die Stärke der B. nur als eine ungefähre (meist viel zu hoch gegriffene) ansehen darf. Das Deutsche Reich besitzt eine außerordentliche Menge von größern oder kleinern B. Die größten sind die zu München (Hof- und Staatsbibliothek 1 000 000 Bände Druckwerke, 24 000 Handschriften), Berlin (Königliche B. 800 000 Bände, 24 000 Handschriften; 1890 genau gezählt), Heidelberg (563 600 Druckwerke [davon 173 600 Broschüren], 8000 Handschriften), Straßburg (50 0000 Bände), Dresden (500 000 Bände, 4000 Handschriften), Göttingen (440 000 Bände, 5000 Handschriften; 1890 genau gezählt), Darmstadt (400 000 Bände, 75000 Abhandlungen, 3200 Handschriften), Stuttgart (400 000 Bände, 3800 Handschriften; 1891 gezählt), Hamburg (Stadtbibliothek 300 000 Bände, 4000 Handschriften), Leipzig (Universitätsbibliothek 350 000 Bände, 4000 Handschriften), Tübingen (300 000 Bände), Breslau (Universitätsbibliothek 260 000 Bände, 7000 Handschriften; 1890 genau gezählt; Stadtbibliothek nach dem großen Dublettenverkauf 1890/91 150 000 Bände, 2900 Handschriften), Freiburg i. Br. (250 000 Bände), Bonn (220 000 Bände, 1000 Handschriften; 1890 genau gezählt), Königsberg (200 000 Bände; 1890 genau gezählt). Österreich-Ungarn hat seine größten B. in Wien (Hofbibliothek 500 000 Bände, 20 000 Handschriften; Universitätsbibliothek 400 000 Bände) und in Pest (180 000 Bände); die Schweiz in Basel (200 000 Bände, 5000 Handschriften), Genf (100 000 Bände, 200 Handschriften); Holland in Leiden (300 000 Bände, 5600 Handschriften), Haag (200 000 Bände, 2000 Handschriften); Belgien in Brüssel (300 000 Bände, 12 000 Handschriften), Gent (100 000 Bände); England in London (Britisches Museum [s. d.] 1 600 000 Bände), Oxford (Bodleiana [s. Bodley] 460 000 Bände, 25 000 Handschriften), Cambridge (450 000 Bände, 6500 Handschriften); Skandinavien in Kopenhagen (600 000 Bände, 20000 Handschriften), Stockholm (100 000 Bände, 4000 Handschriften), Kristiania (115 000 Bände, 600 Handschriften); Frankreich in Paris (Bibliothèque nationale 2 500 000 Bände, 90 000 Handschriften; Bibliothèque Mazarine 140 000 Bände, 3000 Handschriften; Bibliothèque St. Geneviève 180 000 Bände, 3500 Handschriften), Lyon (120 000 Bände, 1500 Handschriften), Bordeaux (130 000 Bände, 320 Handschriften); Italien in Rom (Vaticana 200 000 Bände, 26 000 Handschriften), Mailand (Ambrosianische Bibliothek 160 000 Bände, 8000 Handschriften), Neapel (Biblioteca Borbonica 200 000 Bände, 4000 Handschriften), Bologna (Universitätsbibliothek 170 000 Bände, 6000 Handschriften), Florenz (Biblioteca Mediceo-Laurentiana ungefähr 10 000 Handschriften; Nationalbibliothek 300 000 Bände), Venedig (San-Marco 104 000 Bände, 10000 Handschriften); Spanien in Madrid (200 000 Bände, 3000 Handschriften); Rußland in Petersburg (Kaiserliche B. etwa 1 000 000 Bände, 38 000 Handschriften); Nordamerika in Washington (National Library 565 000 Bände), Boston (300 000 Bände), Cambridge (Harvard-Universitätsbibliothek 360 000 Bände), Neuyork (Astor[s. d.]-Bibliothek etwa 250 000 Bände; Mercantile Libary 170 000 Bände); Japan in Tokio 253 000 Bände. - Über die Anlage der Bibliotheksräume s. Bibliothekswissenschaft.

Bibliothekographie (grch.), Bibliothekenkunde.

Bibliothekonomie (grch.), Lehre von der Verwaltung und Ordnung der Bibliotheken.

Bibliothekswissenschaft, Bibliothekstechnik, seit dem Anfang des 19. Jahrh. Bezeichnung des Inbegriffs aller auf die Verwaltung einer Bibliothek bezüglichen wissenschaftlichen und technischen Erfahrungsgrundsätze. Sie zerfällt in zwei gleichstehende Teile, einen geschichtlichen, die Bibliothekskunde, die sich mit der Beschreibung der ältern und neuern Bibliotheken beschäftigt (s. Bibliothek), und einen systematischen, die Bibliothekslehre, die die Grundsätze der Verwaltung behandelt. Man unterscheidet in der Bibliothekslehre am zweckmäßigsten zwei Teile, einen auf die äußerlichen Bestandteile der Bibliothek bezüglichen, der das Gebäude, das Verwaltungspersonal und die Geldmittel betrachtet, und einen zweiten, den man die Lehre vom Bücherschatz nennen kann.

Bei der Errichtung eines eigenen Bibliotheksgebäudes ist zu beachten, daß es auf trocknen Untergrund in eine nach allen Seiten freie Lage zu stehen komme, damit die Feuersgefahr möglichst vermindert wird, der Luftzutritt unbehindert stattfindet, die Beleuchtung gleichmäßig hell ist, endlich eine bauliche Ausdehnung in Zukunft ohne Schwierigkeiten erreicht werden kann. Das Gebäude darf nicht inmitten eines geräuschvollen, stauberregenden Straßenverkehrs stehen, ebensowenig vom Verkehr zu weit abliegen. Während man früher für Bibliotheksbauten keine besondere, zweckentsprechende Bauweise anwandte und die Ausnutzung des Raums, die Beleuchtung und Übersichtlichkeit der Büchersammlung, die Leichtigkeit des Verwaltungsbetriebes alles zu wünschen übrig ließen, hat man zur Vermeidung dieser Übelstände in diesem Jahrhundert