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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Blecharbeiterschule; Blechbearbeitung

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Blecharbeiterschule - Blechbearbeitung

und Zähigkeit der zur Blechfabrikation benutzten Metalle auf den Gang der Herstellung beeinflussend. Nur wenige Metalle, wie Zinn und Blei, besitzen auch im kalten Zustande dauernd eine solche Dehnbarkeit und Weichheit, daß die Streckung der durch Guß hergestellten Rohstücke zu B. mit der erforderlichen Sicherheit und unter Aufwand verhältnismäßig geringer Betriebskraft möglich ist. Die meisten andern Metalle, z. B. Kupfer, Messing, Tombak sowie die Edelmetalle, verlieren bei der mechan. Bearbeitung sehr rasch ihre ursprüngliche Zähigkeit und werden stark elastisch und hart, sodaß sie während der Streckarbeit zeitweilig durch Ausglühen wieder erweicht werden müssen. Die große Festigkeit des Eisens und Stahles endlich läßt die Bearbeitung dieser Metalle im glühenden Zustand zweckmäßig erscheinen, während das leicht schmelzbare, in der Kälte aber sehr spröde Zink eine Bearbeitung bei einer mäßigern Temperatur, etwa bei 100° C. erheischt. Die mechan. Bearbeitung der durch Gießen oder Verschmieden erzeugten Rohstücke zum Zweck des Streckens derselben zu B. erfolgte in früherer Zeit ausschließlich mit Hilfe von Hammerwerken. Geschlagene Eisenbleche wurden in England bis ins 18., in Deutschland bis ins 19. Jahrh. allgemein hergestellt. Erst nach und nach vermochte das 1728 von John Payne in England eingeführte Walzen des B. die ältere Arbeitsmethode zu verdrängen. Heute kommen ausschließlich gewalzte B. auf den Markt. Während die durch Hämmern erzeugten B. mehr oder minder ungleiche Dicke und infolge der schwierigen Handhabung nur eine beschränkte Flächenausdehnung besaßen, werden in der Gegenwart beispielsweise 16‒17 mm starke Kesselbleche bis zu 2 m Breite und 7 m Länge, Schwarzbleche von 1 bis 1,5 m Breite, 2‒3 m Länge und von 0,07 bis 0,25 mm Dicke, kleinere sogar bis zu 0,016 mm Dicke herab, in größter Vollkommenheit und ohne Schwierigkeit ausgewalzt. Auch die Leistungsfähigkeit der Walzwerke ist gegen früher beträchtlich gestiegen; denn während beispielsweise zur Zeit der Einführung des Walzprozesses in die Blechfabrikation ein Walzwerk mit zwei Walzgerüsten (Vor- und Fertigwalze), das mit drei Öfen Tag und Nacht arbeitete, wöchentlich kaum etwa 1000 kg B. herzustellen vermochte, liefert jetzt ein Triowalzwerk der Amerikaner Lauth und Deby bei gleicher Ofenzahl wöchentlich 138000 kg Schwarzblech oder bis zu 300000 kg Kesselblech. Die einzelnen Walzgerüste eines Blechwalzwerks enthalten zwei oder drei übereinander liegende etwa 500 mm starke und bis 2 m lange Hartgußwalzen, die genau cylindrisch abgedreht und geschliffen sind. Dieselben werden durch Preßschrauben oder bei sehr großen Walzwerken, wie sie bei der Herstellung von Panzerplatten Anwendung finden, auch durch hydraulischen Druck gegen das zwischen ihnen durchgeführte Arbeitsstück gepreßt. Sämtliche Walzen werden durch einen Motor, meist eine Dampfmaschine, in Drehung versetzt und erteilen dabei dem eingeführten Arbeitsstück durch Reibung eine fortschreitende Bewegung. Die geforderte Verdünnung des B. wird durch mehrmaliges Auswalzen erzielt. Zum Heben und Senken des B. nach jedem Walzendurchgang, behufs dessen Zurückführung, dienen bei schweren Arbeitsstücken große, zuweilen durch Preßwassermaschinen bewegte Rollentische, die zu beiden Seiten der Walzen angeordnet sind. Die Triowalzwerke, in denen drei Walzen übereinander liegen, zeichnen sich gegenüber den Duowalzwerken durch größere Leistungsfähigkeit aus, indem auch während des Zurückführens des Arbeitsstückes zwischen der mittlern und obern Walze das Auswalzen erfolgt. Bei Walzwerken mit zwei Walzen erreicht man das gleiche Ziel durch Wechsel des Drehungssinnes der Walzen mit Hilfe von Reibungsgetrieben, die zwischen den Motor und das Walzwerk eingeschaltet sind (Kehrwalzwerke).

Blecharbeiterschule. Der «Verein zur Errichtung und Unterhaltung einer Deutschen Fachschule für Blecharbeiter» (650 Mitglieder) eröffnete 1877 eine so benannte B. in Aue (Königreich Sachsen). Die Leitung und innere Verwaltung der Schule geschieht durch ein vom Vorstand dieses Vereins gewähltes Kuratorium, dem der Direktor (zur Zeit F. Dreher) angehört. Als theoretische Lehrer wirken: der Direktor (als Architekt), ein Ingenieur und ein Kaufmann; für die praktische Ausbildung: drei Klempnermeister, die den mit den neuesten Blechbearbeitungsmaschinen ausgerüsteten Lehrwerkstätten vorstehen. Der Lehrplan ist auf 3 halbjährige Kurse verteilt, neben denen noch ein achtwöchiger Specialkursus im Metalldrücken besteht. Der aufzunehmende Schüler muß das 16. Lebensjahr erreicht haben und Kenntnisse besitzen, wie sie das Ziel einer guten Volksschule bilden. Die Gesamtkosten (Schulgeld, Wohnung, Beköstigung und Schulutensilien) betragen etwas über 300 M. für das Halbjahr, das Honorar für den Specialkursus ist 50 M. Die Aufnahme erfolgt Ostern und Michaelis.

Blechbearbeitung umfaßt alle bei der Herstellung von Gebrauchsgegenständen aus Blech (s. d.) vorkommenden und insonderheit von dem Klempner (s. d.) und Kupferschmied (s. d.) geübten Arbeitsverfahren. Dieselbe zerfällt im allgemeinen in vier Teile: 1) Das Zuschneiden des Rohbleches, d. i. die Zerteilung desselben nach Maßgabe von Form und Größe des herzustellenden Gegenstandes, das, da es sich meist um die Herstellung von Hohlkörpern bestimmter geometr. Form handelt, seitens des Arbeiters sowohl eine gewisse Kenntnis der darstellenden Geometrie als auch ökonom. Sinn erfordert, um die Ausnutzung des Rohbleches durch passende Verteilung der abzutrennenden Flächenstücke nach Möglichkeit zu fördern und den Abfall zu beschränken. Schablonen aus Blech oder Pappe können bei der Herstellung von Massenartikeln hier mit Vorteil benutzt werden. Je nach der Stärke und Art des Bleches erfolgt das Zuschneiden mit Hilfe der Schere, des Reißers oder des Meißels. Für das Ausschneiden in sich geschlossener Durchbrechungen bildet der geradschneidige Meißel (Scharfmeißel) das allgemeinste Hilfsmittel. Bei geringer Größe der Durchbrechungen und bestimmter, oft wiederkehrender Gestalt derselben (z. B. der Kreisform) finden auch Meißel Anwendung, deren Schneidelinie die geforderte Gestalt besitzt (Durchschlag, Hauer).– 2) Die Formgebung der Teilstücke richtet sich insbesondere nach der Gestalt der herzustellenden Gegenstände. Unebene, flattrige Blechtafeln werden durch Überhämmern auf dem Amboß (Spannen) zu völlig ebenen, starren Platten umgebildet; cylindrische Körper über einer Rundeisenstange oder dem kegelförmigen Arm des Sperrhorns (s. d.) gebogen; die Kanten prismatischer Körper durch Umbiegen (Abkanten) des Bleches auf dem Umschlageisen (s. d.) vorgebildet und durch Hämmern zu der erforderlichen Schärfe ausgearbeitet. Zum Aufbiegen eines schmalen Randes oder Bordes (Bördels) am Umfang