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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Blitzgefahr

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Blitzgefahr

Metallmassen eines Gebäudes, wie Metalldächer, Dachrinnen, eiserne Treppen, die Röhren der Gas- und Wasserleitung u. s. w., sind mit dem B. metallisch zu verbinden, damit einesteils der Blitz nicht auf diese Gegenstände überspringt, andernteils die in denselben durch Influenz erzeugte Elektricität, die bei plötzlicher Entladung der influenzierenden Wolke frei wird, einen bequemen Weg zur Erde findet.

Dem Vorstehenden zufolge hat man bei einer Blitzableiteranlage drei Hauptteile zu unterscheiden: die Auffangstange, die Ableitung und die Erd- oder Bodenleitung. Zunächst hängt die Wirksamkeit des B. von der Höhe und Stellung der Auffangstange ab; der Umkreis, innerhalb dessen dieselbe Schutz gewährt, wird der Schutzkreis genannt. Im allgemeinen kann man die Größe des Schutzkreises nach der sog. Charlesschen Regel bestimmen, nach der der Radius dieses Kreises gleich der doppelten Länge der Auffangstange ist. Diese Regel beruht lediglich auf Erfahrungssätzen und hat sich bis jetzt mit Ausnahme abnormer Fälle als völlig ausreichend erwiesen. Da hiernach, namentlich für ausgedehnte Gebäude, die Auffangstange eine bedeutende Länge erhalten muß und man mit dieser nicht gern über 5 m hinausgeht, bringt man auf einem Dach an passend gewählten Punkten mehrere Auffangstangen an und verbindet dieselben untereinander. Die Auffangstange ist eine Eisenstange, die in der sog. Fangspitze endigt, die, um gegen Rosten geschützt zu sein, entweder ganz aus edlem Metall (Platin, noch besser reines Silber) oder nur vergoldet ist. Die Ableitung, die den Zweck hat, die Auffangstangen untereinander und mit der Erdleitung zu verbinden, besteht aus Eisen- oder Kupferstangen von entweder rundem oder rechteckigem Querschnitt. Vor allem ist hier das Augenmerk darauf zu richten, daß der Querschnitt hinreichend groß ist und die ganze Leitung eine ununterbrochene metallische Verbindung darstellt. Für dieselbe werden auch häufig Drahtseile aus Kupfer oder verzinktem Eisen angewendet, die ihrer Biegsamkeit wegen bequemer gehandhabt und in solchen Längen fertig bezogen werden können, daß ein Zusammenstücken ganz vermieden oder doch möglichst beschränkt wird. Die Ableitung geht in der Erde in die Bodenleitung über. Als zweckmäßigste Anordnung für letztere gilt eine genügend große Metallplatte, die am besten in das Grundwasser versenkt wird. Wo letzteres schwer zu erreichen ist, hilft man sich dadurch, daß man mit dem Erdbohrer ein etwa 3‒5 m tiefes Loch bohrt, in das man die Leitung mit einigen Verzweigungen auslaufen läßt, und das dann mit Kohlen ausgefüllt wird. – Eine häufige Revision der B. ist nicht genug zu empfehlen. Bei derselben ist nicht nur das Äußere der Auffangstange und der Leitung zu prüfen und mittels eines Galvanometers nachzuweisen, daß sich in der Anlage keine Unterbrechungsstelle befindet, sondern es sind auch etwaige bauliche Veränderungen, wie die Anlage einer Gas- oder Wasserleitung, einer Pumpe u. s. w., zu berücksichtigen und dementsprechende Änderungen an den B. vorzunehmen. Nach den während eines ganzen Jahrhunderts gesammelten Erfahrungen werden Gebäude mit rationell angelegten B. (auch solche, die vor deren Anbringung fast regelmäßig vom Blitz getroffen wurden) nur sehr selten durch Blitzschlag beschädigt. Völlige Sicherheit würde nach dem belg. Physiker Melsens nur ein B. gewähren, der das ganze Gebäude metallisch einschlösse und zugleich in möglichst widerstandsloser Verbindung mit den leitenden Massen der Erde, sowie mit den in das Innere führenden Metallmassen stände. Melsens umgiebt daher bei seinen Anlagen (Hôtel de la Ville in Brüssel) das ganze Gebäude mit einem Netz in der Mauerverkleidung liegender zur Erde abgeleiteter Drähte. Damit eine Blitzableiteranlage sich nicht unnötig umfangreich und kostspielig gestalte, dabei aber ausreichenden Schutz biete, ist in allen Fällen, namentlich bei weniger einfachen Verhältnissen, eine sachverständige Beurteilung der lokalen Verhältnisse notwendig. Vor allem sind für die Anordnung der Gesamtanlage diejenigen Stellen im Erdreich zu ermitteln, nach denen hin vermutlich eine Entladung erfolgen wird. Als solche gelten in erster Linie: Grundwasser, stehende und fließende Gewässer, Gas- und Wasserleitungsrohre, eiserne Pumpen, soweit sie nicht in cementierte oder ausgemauerte Bassins reichen, Terrain mit reichlichem Jauchenabfluß, unterirdische Wasserläufe; in zweiter Linie: Abflußstellen von Regenrinnen, Gossen, Küchengußsteinen sowie die mit Gras, Blumen, Gemüse oder Buschwerk bestandenen Flächen. Der Preis einer Blitzableiteranlage stellt sich für 2‒3stöckige Häuser zu etwa 1‒1,5 M. pro Quadratmeter bebaute Fläche. – Über B. für Telegraphenanlagen s. Elektrische Telegraphen und Blitzplatten. – Vgl. Eisenlohr, Anleitung zur Ausführung und Visitation der B. (Karlsr. 1848); Kühn, Handbuch der angewandten Elektricitätslehre (Lpz. 1866); Buchner, Die Konstruktion und Anlegung der B. (Weim. 1867); Klein, Das Gewitter (Graz 1871); Stricker, Der Blitz und seine Wirkungen (Berl. 1873); Holtz, Über die Theorie, die Anlage und Prüfung der B. (Greifsw. 1878); Melsens, Sur les paratonnerres (Brüss. 1881); A. von Waltenhofen, Über B. (Braunschw. 1890); F. Neesen, Die Blitzgefahr (Berl. 1891); Lindner, Anleitung zur Herstellung und Prüfung von Blitzableiteranlagen (Weim. 1892). ^[Spaltenwechsel]

Blitzgefahr. Der Blitz folgt beim Einschlagen derjenigen Richtung, in der er den geringsten Leitungswiderstand antrifft; Abweichungen finden daher um so leichter statt, je weniger zusammenhängend die seine Bahn beeinflussenden Leiter sind und je mehr diese zur Funkenbildung in den benachbarten Nichtleitern Anlaß geben. So kann es vorkommen, daß der Blitz von einem mit der Erde gut verbundenen Blitzableiter auf eine Leitung von noch kleinerm Widerstand mit Durchbrechung isolierender oder halbleitender Körper überspringt. Außer den unmittelbaren Entladungen zwischen Wolken und Erde sind als gefahrbringend, wenngleich in geringerm Grade, solche Störungen des elektrischen Gleichgewichts in Betracht zu ziehen, die bei diesen Entladungen in leitenden Massen durch elektrische Influenz verursacht werden können.

In Deutschland ist die B. (die man statistisch gewöhnlich durch die Anzahl der Gebäude ausdrückt, welche jährlich pro 1 Mill. Gebäude vom Blitz beschädigt werden) seit Mitte des 19. Jahrh. in beständiger Zunahme begriffen, sodaß von 1850 bis 1880 eine durchschnittliche Vermehrung um etwa das Dreifache stattgefunden hat. Für den Zeitraum von 1874 bis 1877 fand Holtz die B. 188. Für Bayern findet von Bezold für den Anfang der achtziger Jahre dieselbe zu 97. Im Königreich Sachsen berechnet Gutwasser für den Zeitraum 1864‒70 die B. auf 152, und die von Freyberg fortgesetzten Untersuchungen für 1879‒82 ergeben die bedeutend