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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Blutfleckenkrankheit der Pferde; Blutfleckenkrankheit, Werlhofsche; Blutfluß; Blutgefäße

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Blutfleckenkrankheit der Pferde - Blutgefäße.

Blutfleckenkrankheit der Pferde (Pferdetyphus, Faulfieber, Morbus maculosus equorum), gefährliche Blutkrankheit, welche in den letzten Jahrzehnten irrtümlich für eine Form des Milzbrandes gehalten worden ist. Die B. spricht sich vorzugsweise durch die Entstehung von blutigen Herden in der Haut, in der Augenschleimhaut, in der Respirations- und Digestionsschleimhaut, zuweilen auch in den Muskeln oder in den Lungen, der Milz und andern Organen aus. Von diesen Herden aus entwickelt sich in der Nachbarschaft häufig eine erysipelatöse Entzündung. Diese Zustände bestehen 11-14 Tage, worauf die Krankheit in ihrer spezifischen Eigentümlichkeit nachläßt, wenn nicht durch Zerstörung von Gewebsbestandteile in den wichtigsten Organen die B. zum Tod führt. Ungünstig sind im allgemeinen die Fälle zu beurteilen, in welchen die Nasenschleimhaut oder der Kehlkopf in größerm Umfang blutig infiltriert und der Kopf unförmlich angeschwollen ist. Ausgebreitete blutige Herde im Magen und Dünndarm bedingen zuweilen schon am zweiten oder dritten Krankheitstag den Tod; größere Herde in den Lungen oder in der Milz können zum Verblutungstod führen, während Blutergießungen und diffuse Anschwellungen in der Haut am Rumpf und an den Gliedmaßen oft 1-2 Wochen und selbst noch länger bestehen bleiben, ohne das Leben des Pferdes direkt in erhebliche Gefahr zu bringen. Günstig verläuft die Krankheit nur, wenn sie in einem niedrigen Grad besteht. Aber auch wenn die B. bei hochgradiger Entwickelung sich vorzugsweise auf die äußere Haut beschränkt, ist nach relativ günstigem Verlauf der Ausfall größerer Hautstücke und das Zurückbleiben narbiger Verdickungen zu gewärtigen. Hierdurch verlieren die betreffenden Pferde nicht selten sehr bedeutend an Wert. Die Entstehung der B. beruht auf der Einführung eines spezifischen, bisher noch nicht näher bekannten Giftes in die Blutzirkulation. Durch die nachteilige Wirkung der Schädlichkeit auf die Kapillargefäßwandungen wird die Entstehung der multiplen blutigen Herde vermittelt. Die Krankheit tritt zunächst fieberlos auf, und erst in dem Maß, als durch die blutigen Herde rotlaufartige Entzündungszustände gesetzt werden, stellt sich eine Erhöhung der Körpertemperatur ein. Häufig erscheint die B. im Verlauf der Druse und bei verschleppter Lungenentzündung, bei welcher sich einzelne eiterige Herde in den Lungen gebildet haben; doch kann sich die Krankheit auch ohne derartige Ursachen entwickeln. Bei der Behandlung der B. ist zu beachten, daß ein spezifisches Mittel, mit welchem der Verlauf zu koupieren wäre, bis jetzt nicht bekannt ist. Es erübrigt daher nur, die Tiere zweckmäßig zu pflegen und dem Eintritt gefährlicher Gewebszerstörungen in den blutigen Herden vorzubeugen. Bei starken Schwellungen des Kopfes und der Nase leisten nicht selten der Luftröhrenschnitt und die Einlegung eines Metallrohrs in die Luftröhre gute Dienste; mindestens wird hierdurch die Gefahr der Erstickung momentan beseitigt. Zweckmäßig wird den Tieren Salzsäure zu 30-40 g mit einem Eimer Trinkwasser gegeben. Neben dieser Medikation, welche 5-6 Tage fortzusetzen ist, sind die Geschwülste der Haut mit warmem Kleiewasser zu bähen und mit Vaselin oder Glycerin zu bestrichen. Eine Skarifikation der Hautgeschwülste ist nur in einzelnen Fällen von Vorteil, und man macht dann nur einige längere Schnitte durch die Haut, weil sonst die Entstehung brandiger Zerstörungen durch die Behandlung begünstigt wird.

Blutfleckenkrankheit, Werlhofsche (Purpura, Morbus maculosus haemorrhagicus), eine dem Skorbut nahestehende Krankheit, bei der sich Blutaustretungen unter der Haut sowie auf innern Häuten, letztere mit Blutungen, besonders aus dem Mund, zeigen. Das Wesen der Krankheit ist noch unbekannt, ja es scheint, als wenn ganz verschiedene Ursachen dem Symptom der fleckweise auftretenden Hautblutungen zu Grunde liegen können. Ein Teil der Fälle gehört den bösartigen Formen der Herzklappenentzündung an, wobei die Blutungen durch Verstopfung der Hautgefäße mit Bakterien bedingt werden; dabei besteht heftiges Fieber, der Tod ist unausbleiblich. Andre Fälle verlaufen sehr schleichend, fieberfrei, es handelt sich bei ihnen um tiefgreifende Störungen der Ernährung, die demgemäß mit kräftigender Diät zu bekämpfen sind.

Blutfluß, s. Blutung.

Blutgefäße (Vasa sanguinis, hierzu Tafel "Blutgefäße"), bei den Wirbeltieren die mit dem Herzen direkt verbundenen Gefäßbahnen im Gegensatz zu den Lymphgefäßen (s. d.). Es sind häutige, elastische Röhren, welche alle Organe und Gewebe des Körpers, mit Ausnahme der Knorpel- und der Horngebilde, durchsetzen und Blut enthalten. Man unterscheidet Schlag- oder Pulsadern (Arterien, s. d.), Blutadern (Venen, s. d.) und Haargefäße (Kapillaren, s. d.). Die erstgenannten führen sauerstoffhaltiges Blut vom Herzen aus zu den verschiedenen Organen des Körpers hin und teilen sich dabei in immer feinere Zweige, welche zuletzt in die nur mit dem Mikroskop erkennbaren Haargefäße und durch diese in die feinsten Anfänge der Venen übergehen. Von letztern wird das für die Ernährung der Gewebe benutzte, an Sauerstoff arme und an Kohlensäure reiche Blut wieder nach dem Herzen geführt. Dieser Kreislauf des Bluts von der linken Herzkammer aus durch die Arterien des Körpers in das Kapillarnetz der Gewebe und aus letzterm durch die Venen zurück nach der rechten Vorkammer heißt der Große oder Körperkreislauf (vgl. Blutbewegung und Tafel "Blutgefäße", Fig. 5). Ihm gegenüber steht der Kleine oder Lungenkreislauf (Fig. 3). Er führt das dunkle, verbrauchte venöse Blut von der rechten Herzkammer durch die Lungenschlagader in das Kapillarnetz der Lunge, wo das Blut seine Kohlensäure an die Atmungsluft abgibt und Sauerstoff aufnimmt und, hellrot geworden, durch die Lungenvenen zur linken Vorkammer zurückkehrt. Hiernach enthalten also die Arterien des Kleinen Kreislaufs sauerstoffarmes (venöses), die Venen sauerstoffreiches (arterielles) Blut (Fig. 3); letzteres zirkuliert dann vom Herzen in den Arterien des Großen Kreislaufs und kehrt, sauerstoffarm (venös) geworden, in den Venen desselben zurück. Das Strömen des Bluts wird bewirkt durch die Zusammenziehung der Vorkammern und Kammern des Herzens; am Zurückfließen wird das Blut durch die Klappen des Herzens (Fig. 1 u. 2) und diejenigen der Venen gehindert. Indessen bestehen diese Einrichtungen nur bei den Vögeln, Säugetieren und Krokodilen, weil nur bei ihnen die Scheidung des Herzens in vier Räume (s. Herz) vollständig durchgeführt ist. Bei den niedern Wirbeltieren hingegen, wo nur eine Herzkammer und eine, resp. zwei Vorkammern vorhanden sind, ist der Kreislauf ein einfacherer. Bei den Cyklostomen und Fischen geht das venöse Blut aus der Herzkammer durch die Kiemenarterie in die Kiemen und fließt, dort sauerstoffreich geworden, direkt in den Körper, aus dem es in den Venen zur Vorkammer zurückläuft. Hier existiert also noch nicht die Sonderung in Großen und Kleinen Kreislauf. Wo