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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Brabançonne - Brabeuten

entfernt am Tanaro, an der Stelle des alten Pollentia, Pollenzo mit königl. Schloß (aus dem Mittelalter, doch restauriert), Resten eines Aquädukts, Amphitheaters, Theaters und Tempels.

Brabançonne (spr. -angßónn) heißt das nationale Volkslied Belgiens, welches während der Revolution im Sept. 1830 aufkam. Die Melodie stammt von dem Sänger Campenhout, der Text von dem franz. Schauspieler Jenneval vom Brüsseler Theater.

Brabançons (spr. -angßóng) nannte man niederländ., meist brabant. Söldnerscharen in engl. oder franz. Dienste; dieselben waren wegen ihrer Gewaltthaten mehr als andere Banden gefürchtet und werden namentlich im 12. Jahrh. häufig genannt; Wilhelm von Ipern war ihr berühmtester Führer.

Brabank, auf Schiffswerften der Aufbewahrungsraum, der zum täglichen Gebrauch erforderlichen Betriebsmittel, wie Flaschenzüge, Daumkräfte, Hebel u. s. w.

Brabánt, die centrale Landschaft des holländ.-belg. Tieflandes, welche in einer Raumbedeckung von 11243 qkm vom linken Ufer der Waal bis zu den Quellgegenden der Dyle, und von der Maas und den Limburger Ebenen bis zur untern Schelde reicht. Die Landschaft zerfällt gegenwärtig, zwischen dem Königreich Holland und Belgien geteilt, in drei Provinzen: 1) das Holland. Nordbrabant, 5128,32 qkm mit (1890) 514075 E., 2) die belg. Provinz Antwerpen, 2831,80 qkm mit (1890) 699571 E., und 3) das belgische B., mit 3282,90 qkm und der überaus dichten Bevölkerung von (1890) 1128728 E. Das Land wird von einer nordwestlich sanft abgedachten Ebene eingenommen, die im N. von Heide- und Sumpfstrecken erfüllt ist und im S. in die sanfthügeligen Formen der Vorstufen des Ardennenwaldes übergeht, woselbst der Wald von Soigne, südwärts von Brüssel, als die ausgedehnteste Waldung erscheint (4350 ha). Das Gebiet der Maas im N., das der Schelde im S. bewässert den Boden reichlich. Kanäle, darunter der Süd-Wilhelms- und der Campine-Kanal, beleben den Binnenverkehr im N., die bei Mecheln konzentrierten Eisenbahnen im S. Unter den Einflüssen eines nördlich zwar feuchten, im allgemeinen aber gesunden und milden Klimas unterstützt eine große Fruchtbarkeit des Bodens Ackerbau und Viehzucht, als Hauptbeschäftigungen der Bewohner, in vorteilhaftester Weise. Hierzu gesellt sich die allgemeine Verbreitung einer fleißig gepflegten und besonders im S. schon von alters her blühenden Industrie, welche dem ausgebreitetsten Handel reiche Quellen bietet und besonders in den Fabrikaten der Leinen- (Brabanter Spitzen), Baumwoll-, Tuch- und Lederwaren Ausgezeichnetes liefert. Die Bewohner sind im Norden holländ., in der Mitte vläm. und im Süden wallon. Stammes. Die Sprachgrenze zwischen german. und franz. (wallon.) Idiom läuft südlich von Brüssel an den Ortschaften Braine-l'Alleud, Waterloo, Wavern und Jodoigne vorbei.

Geschichtliches. Brachbantium war einer der frank. Bezirke (Pagi), gehörte später zum Herzogtum Lothringen, das seit 870 (mit Ausnahme der Jahre 912-924) ein Teil Deutschlands war, und seit der Teilung des Herzogtums (954) zu Niederlothringen (Lothier). Seit dem 9. Jahrh, erhoben sich in B. die Grafen von Löwen zu großer Macht, und einem derselben (Gottfried I.) wurde um 1006 vom Kaiser die herzogl. Gewalt über Lothier, womit die markgräfl. Gewalt über Antwerpen verbunden war, übertragen. Allmählich ging der Titel Herzog von Lothier in dem von B. auf; seit Heinrich I. (1190-1235) galt nur dieser. Von den ersten Herzögen von B., Gottfried I., II., III., Heinrich I., II., III. und Johann I., II., III., sind besonders merkwürdig Johann I., der durch die Schlacht bei Wöringen (1288) Limburg mit B. vereinigte und auch als deutscher Minnesänger bekannt ist, und Johann III., der 1349 von Kaiser Karl IV. unter dem Namen der Brabanter Goldenen Bulle das wichtige Privilegium freien Gerichtsstandes erhielt, zufolge dessen sich seine Unterthanen vor keinem auswärtigen Gerichtshöfe zu stellen brauchten. Mit Johann III. erlosch 1355 der gräfl. Löwensche Mannsstamm. Seine ihm nachfolgende Tochter Johanna und ihr Gemahl Wenzel von Luxemburg hatten bei ihrem Regierungsantritt die Joyeuse entrée (s. d.) zu beschwören. Nach dem Tode Johannas kam B. durch Vermählung an das burgund. Haus, und zwar zunächst an ihren Großneffen Anton von Burgund, zweiten Sohn Philipps des Kühnen. Als dieser in der Schlacht von Azincourt 1415 gefallen und seine beiden Nachfolger, sein Sohn Johann IV. (Gründer der Universität Löwen) 1427 und dessen Bruder Philipp, Graf von Saint-Pol, 1430 kinderlos gestorben waren, wurde das Land als Erbteil Philipps des Guten förmlich dem burgund. Hause zuerkannt. Dnrch die Verheiratung von Pbilipps Enkelin, Marie von Burgund (1477), mit Maximilian von Österreich kam B. an das Haus Habsburg, ging auf Karl V. über und wurde von diesem seinem Sohne Philipp II. von Spanien übergeben.

Infolge des Aufstandes der Niederlande gegen Spanien fand die Trennung in Nord- und Süd-Brabant statt, indem die nördlichen unierten Provinzen den nördl. Teil B.s eroberten und nach 1648 als sog. Generalitätsland (s. Seeland) behielten, während die südl. Hälfte bei Spanien verblieb. Mit den übrigen span. Niederlanden kam Süd-Brabant 1714 an das deutsch-österr. Kaiserhaus zurück. Besonders beteiligte sich Süd-Brabant an dem Aufstand gegen Joseph II. (s. Belgien). Wie schon 1746 das österreichische B. durch die Franzosen erobert, im Frieden zu Aachen 1748 aber zurückgegeben worden war, so ward es von diesen 1794 von neuem erobert und im Frieden zu Campo-Formio 1797 mit Frankreich vereinigt. Der nördl. Teil desselben wurde nun das Depart. Des deux Nethes, mit der Hauptstadt Antwerpen, der südliche das Depart. Dyle, mit der Hauptstadt Brüssel. Als Napoleon 1810 auch das holländische B. mit dem Französischen Reiche vereinigte, ward aus demselben nebst einem Teile von Geldern das Depart. Bouches du Rhin gebildet. Infolge des Pariser Friedens von 1814 und der Beschlüsse des Wiener Kongresses wurde B. ein Hauptteil des Königreichs der Niederlande und bildete die drei Provinzen Nordbrabant, Antwerpen und Südbrabant. Die letztere mit der Hauptstadt B.s, Brüssel, ward 1830 der Herd des belg. Aufstandes und wurde infolge desselben das Stammland des neuen Königreichs Belgien (s. d.), während Nordbrabant bei Holland verblieb.

Brabanter Goldene Bulle, s. Brabant.

Brabanterhuhn, s. Haubenhühner.

Brabanterthaler, s. Albertusthaler und Kronenthaler.

Brabeuten (grch.), im Altertum die Anordner der Kampfspiele und Austeiler der Preise; auf Universitäten früher die Vorsitzenden in Disputationen.