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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Brandraketen - Brandstiftung.

Weg der Infektion. Auch sprechen schon ältere Erfahrungen dafür, daß der Brand eine ansteckende Krankheit ist, und daß die Brandsporen Träger der Ansteckung sind. Auch äußere Umstände sind auf die Entstehung des Brandes von Einfluß. Auf feuchtem Boden, in nassen und schattigen Lagen, wie z. B. an Waldrändern, auf Feldern, welche von Wäldern eingeschlossen sind, in engen Thälern, erscheint der Brand vorzugsweise, ebenso in nassen Jahren und bei reichlicher organischer Düngung.

Die gegen den Brand angewendeten Mittel können sich nur auf die Verhütung desselben beziehen. Man muß für hinreichende Entwässerung des Bodens sorgen, die Anlage der Getreidefelder an schattigen und feuchten, dem Luftzug mangelhaft ausgesetzten Orten möglichst vermeiden und den aufzubringenden organischen Dünger gleichmäßig mit dem Boden vermengen. Von brandigem Getreide herrührendes Stroh darf weder als solches noch, nachdem es zur Streu gedient hat und in den Mist gekommen ist, auf das Feld gebracht werden, sondern ist am besten rasch zu verbrennen. Die den Saatkörnern anhaftenden Brandsporen werden getötet durch Beizen der Körner mit einer ½proz. Lösung von Kupfervitriol in Wasser, welche man 24 Stunden auf den Körnern stehen läßt, worauf diese getrocknet werden. Diese Behandlung ist für die Körner ganz unschädlich, vorausgesetzt, daß sie keine mechanischen Verletzungen, als Sprünge u. dgl., haben. Da aber die auf Maschinen gedroschenen Körner vielfach dergleichen Verletzungen bekommen, so darf man sich bei einem Saatgut, welches gebeizt werden soll, dieser Dreschmethode nicht bedienen. Eine gründliche Fernhaltung der Brandsporen würde aber auch eine Vertilgung derjenigen wild wachsenden Gräser notwendig machen, auf welchen die gleichen B., welche dem Getreide schädlich werden, schmarotzen und selbst, wenn dieses möglich wäre, würde sie nur eine unvollständige bleiben, weil ja schon auf den Getreidefeldern zahlreiche Sporen aus brandigen Ähren ungehindert ausfliegen und geschlossene brandige Körner bei der Ernte auf dem Boden des Feldes verloren gehen. Vgl. De Bary, Untersuchungen über die B. (Berl. 1853); Kühn, Krankheiten der Kulturgewächse (2. Aufl., das. 1859); R. Wolff, Der Brand des Getreides (Halle 1874); Derselbe, Der Roggenstengelbrand ("Botanische Zeitung" 1873); Kühn, Der Weizensteinbrand ("Landwirtschaftliche Zeitung für Westfalen" 1875); Fischer de Waldheim, Apercu systématique des Ustilaginées (Par. 1877).

Brandraketen, s. Raketen.

Brandsalbe (Brandliniment), eine gut zusammengeschüttelte Mischung aus 16 Teilen frischem Leinöl, 16 Teilen Kalkwasser und 1 Teil Opiumtinktur, ist dickflüssig, gelblich und wird mit gutem Erfolg aus frisch verbrannte Körperteile gestrichen.

Brandsatz, eine aus leicht entzündlichen Stoffen, Salpeter, Schwefel, Mehlpulver, Kolophonium, Pech, in dem B. der ältern Brandkugeln auch zerschnittenes Werg, zusammengepreßte oder geschmolzene Masse, welche nach ihrer Entzündung eine lebhafte Flamme mit so hoher Temperatur entwickelt, daß alle durch sie erreichbaren verbrennlichen Stoffe in Brand geraten. Er dient zur Füllung von Brandgeschossen (Brandkugeln, Brandbomben, Brandgranaten).

Brandschatzung, Bezeichnung für Gelderpressungen, welche sich Anführer von Truppen in Städten, Dörfern etc. des Gegenparts unter Drohung des Brennens willkürlich und vielfach zum eignen Vorteil, namentlich in den Kriegen des spätern Mittelalters, erlaubten. Eine kaiserliche Heerordnung von 1570 verbot zwar, von diesem Gewaltmittel eigenmächtig Gebrauch zu machen; doch ward es noch im Dreißigjährigen Krieg aufs ärgste angewendet, und erst nach dem Siebenjährigen Krieg und besonders nach der französischen Revolution kam es nach und nach dahin, daß die eigentliche B. aufhörte, und daß derartige Geld- und Naturalienerhebungen nur auf ordnungsmäßigem Weg vorgenommen werden durften. So verwandelte sich die B. einerseits in die Kontribution (s. d.), anderseits in die Requisition (s. d.).

Brandschiefer (Ölschiefer), Gestein, bitumenreicher Thon- oder Mergelschiefer, der sich entzünden läßt, bewahrt beim Verbrennen gewöhnlich seine Struktur und wird nur leichter und lichter. Er kommt namentlich in ältern Formationen vor, fehlt aber auch in jüngern nicht. Man benutzt ihn zur Darstellung von Schieferöl.

Brandschwär, s. Karbunkel.

Brandschwärmer, Schwärmer, an dessen einem Ende eine Bleikugel, am andern eine Pulverpatrone befestigt ist, war früher bei Kavallerie und Infanterie im Gebrauch, um, auf die Dächer der Wohnungen, Scheunen etc. geschossen, diese in Brand zu stecken.

Brandsonntag (lat. Dominica brandonum oder in brandones, franz. le dimanche [jour] des brandons), in Frankreich der Sonntag Invokavit, an welchem noch jetzt in den nördlichen und östlichen Provinzen sowie in Belgien und der französischen Schweiz auf Höhen große Feuer angezündet werden, um welche man mit brennenden Fackeln und Bränden herumtanzt. Wahrscheinlich bezieht sich dieser Gebrauch auf die Rückkehr des Frühlings und die Winterriesen, welche Donar mit seinen Blitzen besiegt. Vgl. Funkensonntag.

Brandstiftung (Crimen incendii), das Verbrechen, dessen sich derjenige schuldig macht, welcher gewisse im Gesetz bezeichnete Gegenstände (Brandstiftungsobjekte) vorsätzlicher- oder fahrlässigerweise in Brand setzt. Im strafrechtlichen Sinn ist nämlich das Anzünden und Inbrandsetzen einer Sache noch nicht ohne weiteres eine B. Wer eine fremde Sache vorsätzlich und rechtswidrig in Brand setzt, macht sich damit jedenfalls einer Sachbeschädigung schuldig; eine B. dagegen ist nur in Ansehung gewisser Gegenstände möglich, welche im Gesetz ausdrücklich bezeichnet sind. Bei der Festsetzung dieser Brandstiftungsobjekte ist für die neuere Strafgesetzgebung und namentlich für das deutsche Reichsstrafgesetzbuch die Gemeingefährlichkeit des Inbrandsetzens gewisser Gegenstände das bestimmende Moment, und ebendarum wird die B. unter den gemeingefährlichen Verbrechen (Abschn. 27 des deutschen Strafgesetzbuchs) und an der Spitze derselben behandelt. Im römischen Recht fehlte es an erschöpfenden gesetzlichen Normen über dieses Verbrechen, indem dasselbe hier aus dem Gesichtspunkt der Sachbeschädigung (damnum injuria datum) oder der gewaltsamen Störung der öffentlichen Ordnung (crimen vis) bestraft wurde. Das deutsche Recht des Mittelalters bedrohte den Brandstifter mit schweren Strafen, namentlich den sogen. Mordbrenner mit der Strafe des Rades, und die peinliche Gerichtsordnung Karls V. strafte "die boshaftigen überwundenen Brenner" sogar mit dem Feuertod, bis mit der humanern Richtung der Neuzeit ein milderes Strafsystem zur Geltung kam. Das deutsche Reichsstrafgesetzbuch behandelt und bestraft die B. nach folgenden Gesichtspunkten und Unterscheidungen.

1) Bei der vorsätzlichen B. ist zu unterscheiden zwischen schwerer (qualifizierter) und einfacher B.