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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Brutfäule; Brutflecken; Brutknospen; Brütmaschine; Brutpflege; Brütt; Bruttasche; Brüttische; Bruttium

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Brutfäule - Bruttium

Sperlingen, Meisen u. v. a. Bei einigen Vögeln (z. B. bei den Schnepfenformen Rhynchaea, Phalaropus) brüten die Männchen allein. In Polygamie lebende Männchen sind aber eher ihrer Nachkommenschaft feindlich und suchen die Eier zu zertreten, was dann das Weibchen, z. B. die Truthenne, veranlaßt, diese zu verbergen. Die meisten Vögel brüten jährlich nur einmal und nisten gewöhnlich einzeln; wenige legen ihre Eier in ein gemeinschaftliches Nest und brüten gemeinschaftlich. Nur die meisten Kuckucke und echten amerik. Kuhvögel oder Kuh-Trupial (Molothrus) legen ihre Eier in fremde Nester und überlassen die weitere Sorge den Stiefeltern. Auch die Talegalla in Australien bebrütet ihre Eier nicht, bereitet ihnen aber auf eine merkwürdige Weise eine solche Lagerstätte, welche die mütterliche Wärme vollständig ersetzt. Mehrere Weibchen werfen nämlich durch eifriges Scharren mit den Füßen, indem sie von einem Mittelpunkte ausgehen und in stets erweitertem Kreise fortschreiten, alles abgefallene Baumlaub und selbst angewurzelte Gräser hinter sich auf einen Haufen, welcher endlich einen 1-1,25 m hohen und 2,5-3 m breiten, flachen Kegel bildet, wozu eine Arbeit von mehrern Wochen nötig sein muß. Hat nun das feuchte Laub, welches hier sich zu erhitzen beginnt, den nötigen Wärmegrad entwickelt, so öffnen die Weibchen durch die modernden Schichten armestiefe Löcher, welche, in regelmäßiger Entfernung von 20 bis 30 cm voneinander gestellt, zur Aufnahme der Eier dienen, die alle, mit dem stumpfen Ende nach oben gerichtet, völlig senkrecht stehen und zuletzt sorgfältig bedeckt werden. In einem einzigen solchen Brüthaufen sollen schon 18-20 l dieser Eier gefunden worden sein, denen Eingeborene wie Kolonisten Australiens wegen ihres Wohlgeschmacks sehr nachstellen.

Die sorgfältigste Beobachtung der während des B. im Ei (s. d.) vorgehenden Veränderungen ist nicht nur von allgemeinem Interesse, sondern darum von besonderer Wichtigkeit, weil auf diesem Wege die Bildungsqeschichte des Fötus am leichtesten sich studieren läßt und man, auf ihm vergleichend fortgehend, zu richtigen Folgerungen hinsichtlich der Bildung solcher Fötus gelangt, deren Ausbrütung eine innerliche und darum schwerer zu verfolgen ist. Es ist daher dieser Teil der Physiologie in neuern Zeiten mit besonderm Fleiß und Scharfsinn bearbeitet worden. Man bedient sich zu dem Zwecke der künstlichen Ausbrütung in den physiol. und zoolog. Laboratorien besonderer, mittels Gasfeuers in möglichst gleichmäßiger Temperatur erhaltener Maschinen, sog. Brütmaschinen oder Brütapparate. Des ökonomischen Nutzens wegen hat man seit alten Zeiten, besonders in China und Ägypten, Hühnereier künstlich ausgebrütet in Kammern aus Lehm, die mittels großer, aus Ziegelsteinen zusammengesetzter und in die Erde hineingebauter Öfen (Brütofen) täglich 3-4 Stunden lang stark geheizt werden. Die meist bloß nach dem Gefühl abgeschätzte Temperatur vermindert man nötigenfalls durch Öffnung von Luftzügen. Die Eier liegen am Boden auf Stroh, werden alle 6 Stunden umgewendet, nach 10 Tagen untersucht und die gut befundenen in eine höhere, wärmere Abteilung desselben Gemachs gelegt. Nach Plinius' Bericht erzielten die alten Ägypter auf solche Weise jährlich an 100 Mill. junge Hühner. Die Vorrichtungen, welche Réaumur, Copineau u. a. erdacht, z. B. In einem mit Mist umgebenen Fasse Körbe mit Eiern aufzuhängen, mißglückten, ebenso ein Versuch von Bornes, der 1829 in Paris Brütofen anlegte, die er mit kochendem Wasser heizen wollte. Seitdem man indessen die Bedingungen der künstlichen Brütung, nämlich Erhaltung einer gleichmäßigen, der Blutwärme nahe kommenden Wärme und geregelten Zutritt atembarer Luft, deren Sauerstoff dem im Ei sich entwickelnden Jungen nötig ist, besser studiert hat, sind auch geeignete Brütöfen in Europa gebaut worden, und man wendet fast überall, wo Geflügelzucht im Großen betrieben wird, die künstliche Brütung mit Erfolg an.

Vgl. Öttel, Der Hühner- oder Geflügelhof (7. Aufl., Weim. 1887); Cantelo, über künstliche Brut von Hühnern u. s. w. (aus dem Englischen von Öttel, ebd. 1874); Krantz, Praktische Anleitung zur künstlichen Ausbrütung (2. Aufl., Berl. 1874).

Brutfäule, soviel wie Faulbrut, s. Biene (Bd. 2, S. 986 b).

Brutflecken der Vögel, s. Brüten (S. 636 b).

Brutknospen nennt man sehr verschiedenartige Organe bei den Kryptogamen, die zur vegetativen Vermehrung dienen. Dieselben sind Zellkomplexe, die an irgend welchen Stellen der Mutterpflanze gebildet werden und sich zu neuen Pflänzchen weiter entwickeln können. Man kennt derartige B. bei manchen Farnkräutern, Lebermoosen und Algen.

Brütmaschine, Brütofen, s. Brüten (S. 637 a) und Künstliche Brut.

Brutpflege, s. Brüten.

Brütt, Ferdinand, Maler, geb. 13. Juli 1849 in Hamburg, war erst Lithograph, bildete sich dann auf der Kunstschule zu Weimar. Seit 1876 in Düsseldorf thätig, wechselte er in seinen ersten Bildern zwischen Bauern- und Rokokogenre, bis er in dem Verurteilt (Kunsthalle zu Hamburg) sein kriminalistisches und polit. Darstellungsgebiet fand. Die Gemälde: Heimkehrende Wallfahrer (1878), Der Bauernprotest (1883), Aus bewegter Zeit (Vorlesung der Kriegserklärung vom 19. Juli 1870 in der Tonhalle zu Düsseldorf), Freigesprochen (1884), Schwere Wahl (1886), Beim Auswanderungsagenten l1887), An der Börse (1888), In der Bildergalerie (1889), Verurteilt (1891), Die Stunde der Entscheidung (1892; Münchener Pinakothek) sind figurenreiche Gruppen voll schlagender Beobachtung in klarer Farbengebung. Seit 1893 ist er Professor.

Bruttasche, s. Laichen.

Brüttische, s. Fischzucht.

Bruttium, der spätere Name der im Altertum Bruttius (oder Bruttiorum) ager genannten Südspitze Italiens, des heutigen Calabria ulteriore, war durch den Fluß Laus an der westl. Küste und das Gebiet der Stadt Thurii im Osten von der Landschaft Lucania getrennt. Der Apennin durchschneidet das Land bis zur sicil. Meerenge und bildet viele Schluchten und Thäler, die nur von Küstenbächen bewässert sind. Das Land hatte treffliche Viehzucht sowie Wein-, Oliven-, Obst- und Getreidebau. Ein besonders geschätztes Produkt war das Pech aus dem großen, fichtenreichen Silawalde im Innern des Landes. Seit etwa 420 v. Chr. war B. von Lucaniern bewohnt, die von ihren Landsleuten sich trennten, hier unabhängige Wohnsitze sich erwarben und daher in der Sprache der Lucanier Brettii, d. h. Rebellen, Räuber, genannt wurden. Doch blieben die Bruttier anfangs auf den Besitz des Binnenlandes beschränkt, da die Küste seit dem 8. Jahrh. in dem Besitz der Griechen war, welche dort die