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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Caer - Caffi.

auslaufen. Sie besitzt schöne Anlagen, auch einen Rennplatz, helle Straßen, freie Plätze (darunter die Place royale mit Bronzestatue Ludwigs XIV.) und sehenswerte Gebäude, welche von ihrer großen Bedeutung im Mittelalter und in der Renaissancezeit zeugen. Unter den vorhandenen 15 Kirchen zeichnen sich die romanischen ehemaligen Klosterkirchen des heil. Stephan mit zwei spitzen Türmen und der heiligen Dreifaltigkeit mit drei viereckigen Türmen, beide 1066 gegründet, erstere von Wilhelm dem Eroberer, letztere von dessen Gemahlin Mathilde, mit den Grabmälern der Stifter, dann die St. Peterskirche mit 80 m hohem Turm aus. Bemerkenswerte öffentliche Gebäude sind ferner: das Lyceum (das ehemalige Stephanskloster), die Börse (das schöne ehemalige Hôtel de Valois aus dem 16. Jahrh.) und die Artilleriekaserne (Schloß Wilhelms des Eroberers). Auch besitzt die Stadt zahlreiche interessante Privathäuser aus dem Mittelalter. Die Zahl der Einwohner beträgt (1881) 39,658, welche Fabrikation sehr geschätzter Spitzen, Schiffbau und Küstenschiffahrt, Seefischerei und Austernfang sowie Handel, vorzugsweise Einfuhrhandel von England, treiben. In C. sind 1883: 1413 Schiffe mit 217,000 Ton. ein- und ungefähr ebenso viele ausgelaufen. Die hierdurch vermittelte Warenbewegung betrug 337,000 metr. T. Mit Havre steht die Stadt durch regelmäßige (tägliche) Dampfschiffahrt in Verbindung. Unter den fünf Jahrmärkten ist der am zweiten Sonntag nach Ostern (15 Tage dauernde) der bedeutendste. C. hat eine Universität (mit drei Fakultäten), eine Vorbereitungsschule für Ärzte, ein Luceum, ein Lehrerseminar, eine hydrographische, eine Zeichen- und eine Bauschule, ein Musikkonservatorium, ein reichhaltiges naturhistorisches und physikalisches Kabinett, einen botanischen Garten, eine Bibliothek von mehr als 60,000 Bänden, eine Bildergalerie mit Gemälden von Perugino, P. Veronese, Guercino, Poussin etc. und viele gelehrte Gesellschaften (darunter eine Akademie der Wissenschaften und Künste und die Société des Antiquaires mit reichem Museum). C. ist Sitz des Präfekten, eines Appellhofs und eines Handelsgerichts. - C., lateinisch Cadomum, ist eine Gründung Wilhelms des Eroberers und war stets die Hauptstadt der niedern Normandie; auch hielten hier die alten Herzöge von der Normandie häufig Hof. Als Zankapfel zwischen Franzosen und Engländern wurde C. mehrmals belagert und erobert und war von 1417 bis 1450 in der Gewalt der Engländer. Während dieser Zeit wurde die Universität (1436) von König Heinrich VI. gegründet. Zur Zeit der französischen Revolution, nach dem Sturz der Girondisten (1793), wurde vom General Wimpffen von C. aus ein Aufstand gegen die Jakobiner versucht. Vgl. Pont, Histoire de la ville de C. (Caen 1865, 2 Bde.); Lavalley, C., son histoire et ses monuments (das. 1877).

Caer (Car, kymrisch, spr. kar), s. v. w. Festung.

Caerleon (spr. kar-), uraltes Städtchen in Monmouthshire (England), am Usk, 3 km von Newport, mit (1881) 1099 Einw. Es ist das Isca Silurum der Römer. Die Überreste eines römischen Amphitheaters hält das Volk für König Artus' Tafelrunde. Im Lokalmuseum römische Altertümer.

Caermarthen, Stadt, s. Carmarthen.

Caernarvon, Stadt, s. Carnarvon.

Caerwent (spr. kar-), Dorf in Monmouthshire (England), westlich von Chepstow, das Venta Silurum der Römer.

Caerwys (spr. karüis, Caer-ar-Wys), altes Dorf im engl. Fürstentum Wales, Grafschaft Flint, mit (1881) 1500 Einw., berühmt als die alte Sänger- und Harfnerheimat Britanniens. Hier wurden vor alters die Eisteddfodds gehalten, ein Fest, auf welchem die Barden von Wales um den Preis der Dichtkunst und Musik wetteiferten. Seit den Zeiten der Königin Elisabeth war diese Feier eingegangen; erst 1798 tauchte sie wieder auf: 20 Barden, 18 Sänger und 21 Harfner kämpften um den Preis (eine kleine silberne Harfe von 16 Zoll Länge). Auch in jüngster Zeit sind wieder Eisteddfods abgehalten worden.

Caetani, Michelangelo, Herzog von Sermoneta, ital. Dante-Forscher, geb. 20. März 1804 zu Rom, studierte daselbst Philologie und Kunstwissenschaft, war viele Jahre Hauptmann der Vigili in Rom, 1848 Polizeiminister Pius' IX., überreichte dann an der Spitze einer Deputation dem König Viktor Emanuel das Plebiszit des römischen Volkes und trat nach der Vereinigung Roms mit dem Königreich Italien als Abgeordneter Trasteveres in das italienische Parlament ein. Seit 1865 ist er völlig erblindet. Er veröffentlichte über Dante: "Della dottrina che si asconde nell' ottavoe nono canto dell' Inferno" (Rom 1852; deutsch von Lambrecht, das. 1853); "La materia della Divina Commedia" (das. 1865, 2. Aufl. 1872); "Tre chiose nella Divina Commedia" (das. 1876) u. a. C. hat sich auch als Bildhauer versucht; seine Statue des gefesselten Amor wird sehr gelobt. - Sein Sohn Onorato, Fürst von Teano, geb. 18. Jan. 1842, ist Parlamentsmitglied; seine Tochter Ersilia, verehelichte Gräfin Lovatelli, hat sich durch archäologische Schriften einen Namen gemacht.

Cafard (franz., spr. -far), Heuchler, Scheinheiliger; Cafarderie (spr. -drih), scheinheiliges Wesen.

Cafaro, genues. Staatsmann des 12. Jahrh., gest. 1163, schrieb eine wertvolle Geschichte seiner Vaterstadt von 1100 bis 1163, die, vom Genueser Stadtrat bis 1294 fortgesetzt, eine Hauptquelle für die Geschichte Genuas ist; Ausgabe bei Pertz, "Monumenta Germaniae historica", Bd. 18; auszugsweise übersetzt von W. Arndt (Berl. 1866).

Café (franz.), Kaffee, Kaffeehaus; Cafetier (spr. -f'tieh), Kaffeewirt; Cafetière (spr. -f'tjähr), Kaffeekanne.

Caffagiolo (spr. -fadscholo), Ort bei Florenz, in welchem um 1500 jetzt von den Sammlern sehr geschätzte Majolikaschüsseln angefertigt wurden, die an den Rändern mit ornamentalem Schmuck im Charakter der italienischen Frührenaissance versehen und in den Mittelfeldern gewöhnlich mit weiblichen Köpfen geschmückt sind.

Caffarelli, Palazzo, Palast auf dem Capitolinischen Hügel in Rom (s. d.), Sitz der deutschen Botschaft und Eigentum des Deutschen Reichs.

Caffarelli, Sänger, s. Majorano.

Caffi, Ippolito, Cavaliere, ital. Maler, geb. 1814 zu Belluno, studierte auf der Akademie von Venedig und ging dann mit einem Preis nach Rom, wo er als Zeichenlehrer thätig war, die römischen Baudenkmäler aufnahm und eine Abhandlung über die Perspektive schrieb. Er bereiste ganz Italien, wo er an vielen Orten Wandmalereien ausführte, 1843 auch Griechenland und die Levante. In die Revolution verwickelt, flüchtete er nach der Kapitulation Venedigs 1849 nach Piemont, wo man seine Bilder mit Beifall aufnahm. In weitern Kreisen wurde er 1855 durch die Pariser Weltausstellung bekannt, wo seine Karnevalsszene auf der Piazzetta zu Venedig mit eigentümlicher, glänzender Lichtwirkung (einer Spezialität des Künstlers) zu sehen war; er mußte dieselbe mehr als vierzigmal wiederholen. Von andern Bildern sind zu nennen: Panorama von Rom vom Monte

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