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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Charlatan; Charlemagne; Charlemont; Charleroi; Charles; Charleston

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Charlatan - Charleston.

liegt in einer freundlichen Gegend, zwischen und an den Flüssen Charkowka, Lopan und Nekisch, welche in die Uda (Nebenfluß des Donez) fallen, und im Vereinigungspunkt zweier Eisenbahnen (s. oben). Sie hat ein neues Gerichtsgebäude, große Kasernen, 2 griechische Klöster, 18 Kirchen (worunter eine schöne Kathedrale) und (1879) 133,139 Einw. C. besitzt Fabriken für Zucker-, Lichte-, Seifen-, Filz-, Bier-, Spiritus- und Branntweinproduktion, treibt auch Tabaks- und Runkelrübenbau, hat eine Eisengießerei, einen steinernen Kaufhof, etwa 900 Buden, Kramläden und Kaufhallen und ist für den Handel Rußlands von besonderer Wichtigkeit durch seine vier großen und berühmten Messen (s. oben). C. ist der Sitz des Gouverneurs, der Gouvernementsbehörden und eines griechischen Bischofs, hat eine 1804 von Kaiser Alexander I. gegründete Universität mit vier Fakultäten: der historisch-philologischen, der physiko-mathematischen, der juristischen und der medizinischen (1882 mit 821 Studierenden), die mit Sternwarte, Bibliothek, Naturalienkabinett, Klinik, anatomischem Museum und botanischem Garten versehen ist, ein theologisches Seminar, ein Gymnasium, eine Real-, eine Kreisschule, eine Veterinärschule, ein Waisenhaus, ein Hospital, das Fräuleinstift der Kaiserin Maria und eine Philotechnische Gesellschaft. Ein Teil der frühern Wälle ist in Promenaden und Gärten verwandelt worden. Etwa 7 km von C. befindet sich seit 1854 eine landwirtschaftliche Lehranstalt. - C. wurde 1653 von Zar Alexei Michailowitsch angelegt und 1780 bei Errichtung des Gouvernements C. zur Hauptstadt desselben erhoben.

Charlatan (franz., spr. schárlatäng, v. ital. ciarlare, "schwatzen", abgeleitet), Quacksalber, Marktschreier, dann überhaupt jemand, der mit Kenntnissen, Geschicklichkeiten oder Geheimnissen, die er zu besitzen vorgibt, die Menge zu blenden sucht. Daher Charlatanerie oder Charlatanismus, das Benehmen nach Art eines Charlatans, Marktschreierei, Quacksalberei. Die Charlatanerie hat sich zu allen Zeiten Bahn unter den verschiedenen Klassen der Gesellschaft gebrochen, ändert indessen je nach dem Geiste der Zeit ihren Charakter oder die Art ihres Auftretens. Ein vorzügliches Werk über die Charlatanerie der Gelehrten schrieb J. B. ^[Johann Burkhard] Mencken: "De charlataneria eruditorum" (Leipz. 1715), fortgesetzt von Büschel in der Schrift "Über die Charlatanerie der Gelehrten seit Mencken" (das. 1790, mit Kupfern). Auch über die der Juristen, der Ärzte, der Geistlichen etc. finden sich ausführliche Werke in der ältern Litteratur.

Charlemagne (franz., spr. scharlmaunj), Karl d. Gr.

Charlemont (spr. scharlmóng), Außenfort der Festung Givet (s. d.) im franz. Departement Ardennen, auf einem 215 m hohen Felsen am linken Ufer der Maas, wurde 1555 von Karl V. erbaut und später durch Vauban befestigt. Der Platz hat nur wenige Häuser mit 50 Einw. und eine Kirche. Am Fuß des Felsens befindet sich eine Kaserne, welche 5-6000 Mann faßt.

Charleroi (spr. scharlroa), Hauptstadt eines Arrondissements in der belg. Provinz Hennegau, am linken Ufer der Sambre und an der Vereinigung der sechs Eisenbahnlinien nach Brüssel, Mons, Maubeuge, Mézières, Hasselt, Löwen, 2 km von dem gleichnamigen, nach Brüssel führenden Kanal, zerfällt in die Oberstadt, die Unterstadt und Entre deux villes, beide letztere durch eine massive Brücke über die Sambre verbunden. Die Festungswerke, welche die Oberstadt umgaben, hat man seit 1866 in Promenaden verwandelt. C. zählt (1881) 19,310 Einw. Bedeutend ist die durch die höchst ergiebigen Steinkohlengruben der Umgegend hervorgerufene Industrie, vornehmlich Fabrikation von Maschinen, Glas- und Eisenwaren (Gewehre, Messer, Nägel etc.), sowie der Handel mit Eisen, Steinkohlen, Vieh und den Produkten der Industrie. C. ist Sitz einer Handelskammer, eines Athenäums und einer Industrieschule. Etwa 1 km von der Stadt ist das große metallurgische Etablissement Couillet (s. d.), und andre Orte mit Kohlengruben und mannigfaltiger Eisenindustrie, wie Gilly, Jumet, Châtelet, Montignies etc., liegen in der Nähe. Bei dem Ort Aiseau, 12½ km von C. entfernt, sind 1875 Überreste einer römischen Villa mit unterirdischen Heizgewölben ausgegraben worden. - C., ursprünglich Charnoy, wurde 1666 von Karl II. von Spanien befestigt und nach ihm benannt, fiel aber schon im folgenden Jahr in die Hände der Franzosen, worauf Ludwig XIV. die Befestigung des Orts durch Vauban vollenden ließ. Im Frieden von Aachen (1668) wurde C. den Franzosen abgetreten, aber, nachdem es im folgenden Krieg wiederholt belagert worden, 1678 (im Frieden von Nimwegen) wieder an Spanien gegeben, 1693 von den Franzosen, 1697 von den Spaniern und 1746 abermals von den Franzosen erobert. Während des französischen Revolutionskriegs war C., besonders 1794, den Österreichern von großer Wichtigkeit, da sie mit C. die ganze Sambrelinie behaupteten. Die Franzosen begannen darauf eine großartige Belagerung des Platzes, der aber erst, nachdem die Besatzung bis auf einige Hundert Mann zusammengeschmolzen war, durch Kapitulation (25. Juni) in ihre Hände kam. Die Festungswerke wurden geschleift, zwar seit 1816 wegen der Wichtigkeit des Punktes von den Niederlanden wiederhergestellt, in neuester Zeit aber wieder beseitigt.

Charles (spr. scharl), Jacques Alexandre César, Physiker, geb. 12. Nov. 1746 zu Beaugency, trieb in seiner Jugend Musik, Malerei und Mechanik, war längere Zeit im Finanzministerium angestellt, widmete sich dann, angeregt durch Franklins Arbeiten, der Physik und hielt physikalische Vorlesungen, die sich des größten Beifalls erfreuten. Als 1783 die Gebrüder Montgolfier mit dem Gedanken der Luftschifferei hervorgetreten waren, wandte sich C. sofort diesem interessanten Gegenstand zu, und schon 27. Aug. 1783 ließ er vom Marsfeld bei Paris aus einen mit Wasserstoff gefüllten Ballon (Charlière) steigen. Die erste größere Luftreise machte C. mit Robert 3. Dez. 1783 von den Tuilerien aus. C. wurde Professor der Physik am Konservatorium der Künste und Gewerbe, erfand ein thermometrisches Hydrometer und verbesserte den Gravefandschen Heliostat. Im J. 1804 wurde er Mitglied des Instituts und später Bibliothekar desselben. Er starb 7. April 1823.

Charles, Jean, Pseudonym des Romanschriftstellers Braun v. Braunthal (s. Braun 2).

Charleston (spr. tscharlst'n), 1) wichtigste See- und Handelsstadt des nordamerikan. Staats Südcarolina, auf einer durch die Flüsse Ashley und Cooper gebildeten Halbinsel, an geräumigem, aber nur für Schiffe von 4,9 m Tiefgang zugänglichem Hafen. Den Zugang zu demselben verteidigen Fort Moultrie, Fort Sumter (auf einer Insel, jetzt in Ruinen) und Castle Pinckney aus einer Insel, dicht bei der Stadt. Die Stadt steht auf flachem Boden, der nur wenige Fuß über dem Hochwasser erhaben ist, wodurch sie häufigen Überschwemmungen bei Sturmfluten ausgesetzt ist. Sie ist regelmäßig angelegt; die Häuser, meist aus Ziegelsteinen aufgeführt und oft mit von Wein umrankten Veranden verziert, geben ihr ein freundliches Ansehen, wenn auch in der Altstadt enge Straßen und feuergefährliche Holzbauten keineswegs

^[Artikel, die unter C vermißt werden, sind unter K oder Z nachzuschlagen.]