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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Chassen; Chassepot; Chasseral; Chasseron; Chasseurs; Chassidim; Chassieren; Chastelain; Chasteler

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Chassen - Chasteler.

focht er mit in den Schlachten von Golymin und Preußisch-Eylau und leitete einige Zeit die Belagerung von Kolberg, Danzig und Stralsund. Im Krieg mit Österreich 1809 befehligte er wieder das Geniekorps in Italien, wurde dann Kommandant von Mantua und vollendete die Befestigung von Palma nuova. Im Feldzug gegen Rußland 1812 erhielt er zum siebentenmal das Oberkommando über das Geniekorps und wohnte allen Schlachten und dem unglücklichen Rückzug bei. Im April 1813 zum Senator ernannt, trat er 1814 zu Ludwig XVIII. über, ward zum Marquis und Pair ernannt und verteidigte in der Pairskammer die konstitutionellen Grundsätze. In den letzten Jahren erblindete er und starb 10. Okt. 1833. Er schrieb noch "Mémoires sur l'artillerie".

2) Justin Napoléon Samuel Prosper, Graf von, ältester Sohn des vorigen, geb. 29. März 1805 zu Alessandria in Piemont, diente der Restauration als Requetenmeister, war seit 1837 Kammermitglied und später Staatsrat. 1849 in die Gesetzgebende Versammlung gewählt, unterstützte er die Politik des Präsidenten und verwaltete 1851 eine Zeitlang das Marineministerium. Nach dem Napoleonischen Staatsstreich trat er als Regierungskandidat in den Gesetzgebenden Körper. Als 1858 das Ministerium für Algerien und die Kolonien, den Prinzen Napoleon an der Spitze, in das Leben gerufen wurde, ward C. zuerst Mitglied des gleichzeitig gestifteten Kolonialrats, übernahm aber im März 1859 das Kolonialministerium selbst und verwaltete dasselbe bis zu seiner Aufhebung. 1860 zum Staatssekretär der Marine und der Kolonien, 1862 zum Senator ernannt, nahm er 1867 nach der Verfassungsänderung vom 19. Jan. als Minister seine Entlassung. 1869 wurde er Präsident des Staatsrats und als solcher mit der Ausarbeitung des Senatskonsults beauftragt, durch welches Frankreich eine wahrhaft parlamentarische Regierungsform erhalten sollte. Bei den Wahlen vom 8. Febr. 1871 erhielt er einen Sitz in der Nationalversammlung. Er nahm seinen Platz im rechten Zentrum und wurde 1872 zum Berichterstatter über das die Armeereorganisation betreffende Gesetz gewählt. Er starb 29. März 1873 in Versailles. Lange Zeit war C. Präsident der Geographischen Gesellschaft in Paris und veröffentlichte mehrere Schriften über Geographie und Marineangelegenheiten.

Chassen (v. franz. chasser), s. Schassen.

Chassepot (spr. schass'po), Antoine Alphonse, franz. Erfinder, geb. 4. März 1833, Arbeiter in der Waffenfabrik von Saint-Thomas in Paris, 1858 Beamter daselbst, legte 1863 dem französischen Kriegsministerium das Modell eines Hinterladegewehrs, anfangs mit Perkussionszünder, ohne Einheitspatrone, später eine Nachbildung des Dreyseschen Zündnadelgewehr mit Einheitspatrone vor. Erst nachdem die Erfolge des preußischen Zündnadelgewehrs 1866 die Überlegenheit der Hinterlader bewiesen hatten, ward sein Gewehr als Waffe für die französische Infanterie und leichte Kavallerie unter der offiziellen Bezeichnung "fusil modèle 1866" eingeführt. S. Handfeuerwaffen.

Chasseral (spr. schass'rall, deutsch Gestler), Bergrücken des bernisch-neuenburgischen Jura, 1610 m hoch, steigt von dem Bieler See in drei Absätzen auf, die mit zahlreichen Dörfern und grünen Matten bedeckt sind. Der Gipfel, der am leichtesten von Neuveville aus bestiegen wird (von Biel führt eine Fahrstraße fast bis hinauf), gewährt einen herrlichen Ausblick über das Berner Seeland hinweg bis zu den schneebedeckten Zinnen der Alpen, nach N. hin bis zum Schwarzwald und zu den Vogesen. Der Berg bietet dem Naturforscher eine reiche Ausbeute, dem Gastronomen die gepriesenen "Frauenkäse".

Chasseron (spr. schass'róng), ein jurassischer Bergrücken des schweizer. Kantons Waadt, 11 km nordwestlich von Yverdun am Neuchâteler See, 1611 m hoch, mit herrlicher Fernsicht.

Chasseurs (franz., spr. schassör), in Frankreich, Belgien etc. s. v. w. Jäger. C. à pied, Fußtruppen in Frankreich (30 Bataillone). C. à cheval, leichte Reiter, welche sich von den Husaren nur durch eine andre Uniform unterscheiden. Sie kommen zuerst 1741 und zwar als Scharfschützen (Karabiniers) zu Pferde vor und wurden 1779 in eigne Regimenter formiert, deren Zahl seitdem mehrfach gewechselt hat (1870: 13, 1883: 20). Für den Dienst in Afrika errichtete man 1831 besondere, mit arabischen Pferden berittene Regimenter C. d'Afrique (gegenwärtig 4). Als Schußwaffe führen auch die berittenen C. den Gras-Karabiner.

Chassidim (hebr.), s. Chasidäer.

Chassieren, s. Schassieren.

Chastelain (Châtelain, spr. schat'lang), George, flandr. Geschichtschreiber, geb. 1404 zu Gent, machte weite Reisen nach Frankreich, Spanien, Italien und England, zeichnete sich in vielen Fehden durch Tapferkeit aus, ward vom Herzog Philipp dem Guten von Burgund zum Stallmeister, dann zum Mitglied des Geheimen Rats ernannt, stand auch bei Karl dem Kühnen in hohem Ansehen und fiel 1474 bei der Belagerung von Neuß. Er schrieb: "Chronique des ducs de Bourgogne 1461-69" (hrsg. von Buchon 1827); "Récollection des merveilles advenues de mon temps", ein höchst wertvolles, leider zum großen Teil verlornes Werk in Prosa und Versen (der Rest hrsg. von Molinet, Par. 1531), und "Chronique de Normandie" (Lond. 1850). Die C. zugeschriebene "Histoire du bon chevalier Jacques de Lalain" rührt nicht von ihm her. Seine sämtlichen Werke sind herausgegeben von Kervyn de Lettenhove (Brüss. 1863-66, 8 Bde.).

Chasteler, Johann Gabriel, Marquis von, österreich. General, geb. 22. Jan. 1763 aus dem Schloß Mulbais im Hennegau, trat, 1776 Kadett eines österreichischen Infanterieregiments und seit 1778 auf der Ingenieurakademie zu Wien gebildet, ins Ingenieurkorps und zeichnete sich bald durch glänzende Leistungen aus. Im Türkenkrieg zum Major befördert, focht er 1792-93 in den Niederlanden gegen die Franzosen. Ein besonderes Verdienst erwarb sich C. durch die Verteidigung der Festung Mainz (1794-1795). Später wurde er (1795-96) als Grenzkommissar in Polen verwendet. Nach dem Frieden von Campo formio übernahm er im Namen Österreichs die venezianischen Provinzen und regulierte die Grenzen. Im italienischen Feldzug von 1799 leistete er als Generalquartiermeister ausgezeichnete Dienste und trug namentlich bei Cassano (27. April) und an der Trebbia (17. bis 19. Juni) wesentlich zum Sieg bei. Bei Tortona schwer verwundet, führte er schon im nächsten Jahr eine Brigade in Tirol; 1805 war er in Tirol unter Erzherzog Johann Befehlshaber einer Division, 1808 schuf er Komorn zu einem Hauptwaffenplatz um, wurde 1809 als Feldmarschallleutnant Kommandeur des 8. Armeekorps und zur Unterstützung des Tiroler Aufstandes nach Tirol geschickt, wo er anfangs solche Erfolge errang, daß Napoleon den Befehl erließ, ihn als "Chef der Brigands", sobald er gefangen, vor ein Kriegsgericht zu stellen

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