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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Cirsocele - Cisio-Janus.

oder weißen Blüten, überall in Europa, Asien und Amerika an Wegen und Zäunen, sind die geschälten Stengel im Frühjahr eßbar. Von C. eriophorum Scop., einem zweijährigen Gewächs auf Gebirgen im südlichen Europa, auch in Deutschland, auf Kalkboden, mit 1-1,5 m hohem, weichhaarigem Stengel, wechselständigen, oberseits lebhaft grünen, zottigen, unterseits weißlichfilzigen Blättern mit auf- und abwärts gerichteten, am Grund und an der Spitze langstachligen Lappen, großen, purpurroten, an der Spitze der Zweige stehenden und von den obersten Blättern umgebenen Blüten, sind die jungen Triebe und der unentfaltete Blütenboden genießbar, auch kultiviert man diese Art als Zierpflanze.

Cirsocēle (griech.), s. Krampfaderbruch.

Cirta, Stadt im Gebiet der Massylier in Numidien, Residenz des Micipsa, der es durch Zuziehung griechischer Kolonisten erweiterte und seiner Nachfolger, wurde von Kaiser Konstantin wieder aufgebaut und ihm zu Ehren Constantina umgetauft; das heutige Konstantine (s. d.) in Algerien.

Cis (ital. Do diesi, franz. Ut dièse, engl. E sharp), das durch ♯ erhöhte C. Der Cis dur-Akkord = cis eis gis; der Cis moll-Akkord = cis e gis. Über die Cis dur-Tonart (Ut ♯ [Do ♯] majeur etc.), 7 ♯ vorgezeichnet, und die Cis moll-Tonart (Ut ♯ [Do ♯] mineur), 4 ♯ vorgezeichnet, s. Tonart.

Cis (lat., "diesseit") wird häufig Namen von Meeren, Flüssen, Bergen vorgesetzt, z. B. cisrhenanisch, diesseit des Rheins; cisalpinisch, diesseit der Alpen; cisleithanisch, diesseit der Leitha. Gegensatz trans.

Cisa, eine alemannische Göttin, die nach mittelalterlicher Tradition in Augsburg (Cisaris) und Umgegend verehrt wurde. Ihr Hauptfest fiel in die Zeit der Herbstäquinoktien, wohl in Bezug auf die glücklich dann eingebrachte Ernte.

Cisa, La (spr. tschīsa), Paß in der ital. Provinz Massa a Carrara über den Ligurischen Apennin, 1235 m ü. M., durch welchen die jetzt durch Eisenbahn zu ersetzende Straße von Parma nach Spezia geht.

Cisalĭen (franz. cisailles), zerschnittene oder abgeführte Münzen, wohl auch Münzen mit verdorbenem Gepräge.

Cisalpinisch, Name der Länder, welche für die Römer diesseit der Alpen lagen.

Cisalpinische Gerichtsordnung (Lex Rubria de Gallia cisalpina), die Prozeßordnung für das 49 n. Chr. dem römischen Reich einverleibte Gallien, existiert nur in einem Bruchstück auf einer 1760 in den Ruinen von Velleja aufgefundenen ehernen Tafel, welche gegenwärtig im Museum zu Parma aufbewahrt wird. Vgl. F. Ritschl, Legis Rubriae pars superstes (Bonn 1851).

Cisalpinische Republik, der am 9. Juli 1797 vom General Bonaparte proklamierte, aus der Cis- und Transpadanischen Republik gebildete und von Österreich im Frieden von Campo Formio anerkannte italienische Staat, umfaßte die Lombardei mit Mantua, Bergamo, Brescia und Cremona, Verona und Rovigo, das Herzogtum Modena, die Fürstentümer Massa und Carrara und die Legationen Bologna, Ferrara und Mesola nebst der Romagna, seit dem 22. Okt. d. J. auch noch das Veltlin mit Bormio und Chiavenna vom schweizerischen Kanton Graubünden, im ganzen einen Flächenraum von 43,000 qkm (771 QM.) mit 3½ Mill. Einw. Sitz des Direktoriums von 5 Mitgliedern und der Gesetzgebenden Versammlungen, eines Rats der Alten von 80 und eines Großen Rats von 160 Mitgliedern, war Mailand. Durch ein Schutzbündnis und einen Handelsvertrag war die C. R. eng mit Frankreich verbunden, dessen Truppen das Land besetzt hielten. Bonaparte ernannte die ersten Direktoren. Die Errungenschaften der französischen Revolution wurden sofort auf den neuen Staat ausgedehnt. Im Mai 1799 durch die Siege der Russen und Österreicher aufgelöst, von Bonaparte 1800 nach seinem Sieg bei Marengo wiederhergestellt, erhielt die C. R. eine neue Verfassung, indem ein Rat (Consulta) von 50 Mitgliedern und eine vollziehende Behörde (Governo) von 9 Mitgliedern eingesetzt wurden. Seit dem 6. Sept. d. J. durch Hinzufügung des novaresischen und tortonesischen Gebiets vergrößert, ward sie im Lüneviller Frieden von Österreich aufs neue anerkannt, nahm 25. Jan. 1802 den Namen Italienische Republik an, wählte Bonaparte zu ihrem Präsidenten und Franz Melzi d'Erile zum Vizepräsidenten und wurde in 13 Departements eingeteilt, erreichte aber ihr Ende, als 17. März 1805 der Kaiser Napoleon I. die ihm von einer Deputation der Republik überreichte Krone des Königreichs Italien annahm, das bis zur Vertreibung der Franzosen aus Italien 1814 bestand.

Cisalpinisches Gallien, s. Gallien.

Ciselieren, s. Ziselieren.

Cisĭo-Janus, vor Einführung unsrer heutigen Kalender die lateinischen Verse, aus denen man die Folge der wichtigsten Tage eines jeden Monats erkannte. Da man früher das Datum meist nach Festen und besonders Heiligentagen zu bestimmen pflegte, so hatte man die wichtigern derselben in jedem Monat in eine Art lateinischer Hexameter gebracht, aus denen sich ihr Tag leicht erkennen ließ. Man ordnete nämlich in je zwei Hexametern die Namen der wichtigsten Feste und Heiligen so, daß jede Silbe der beiden Verse einen Tag bezeichnete und der Name selbst mit derjenigen Silbe begann, welche die Tagezählung des Monats erforderte. So bedeutete das Wort Cisio s. v. w. Circumcisio Christi, während der Name Janus anzeigte, daß dieses Fest auf den 1. Januar falle. Nicht nur die Beschaffenheit des Versmaßes erforderte eine solche Abkürzung, sondern auch der Umstand, daß jede Silbe einen Monatstag bezeichnete und daher schon die sechste Silbe das auf den 6. Januar fallende Fest der Erscheinung Christi andeuten mußte. Als Abkürzung für Epiphania fügte man daher sogleich die Silben Epi und, da solche Abkürzungen an sich nicht verständlich waren, oberhalb der Verse die Ergänzungen hinzu. Ein von Ph. Melanchthon verfaßter C. beginnt also:

^[Liste]

Cisio Janus Epiphaniis dic dona Magorum,

Vincit orans Agne, nova Paulum lumina vertunt.

Ein C., wo jedes Wort einen Tag bedeutet, beginnt:

^[Liste]

Jesus das Kind ward beschnitten,

Drey König von Orient kamen geritten,

Und opferten dem Herrn lobesan,

Antonius sprach zu Sebastian,

Agnes ist da mit Paulus gewesen,

Wir sollen auch mit genesen; etc. etc.

Noch im Anfang des 17. Jahrh. findet man den Namen eines Kalenderheiligen statt des Datums in Urkunden angegeben, und bis dahin wurde auch der C. in den Schulen auswendig gelernt. Obgleich Ph. Melanchthon demselben mehr Geschmack zu geben versucht hatte, so legte man doch den ältern C. wegen der größern Heiligenzahl immer von neuem auf. So erschienen: "Lucae Losii C., h. e. Calendarium syllabicum" (Wittenb. 1551) und "Chytraei Chronologia" (Helmst. 1586, Rost. 1592). Zu Anfang des 18. Jahrh. wurde der C. vom Kalender verdrängt.

^[Artikel, die unter C vermißt werden, sind unter K oder Z nachzuschlagen.]