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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Dürer

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Dürer.

ein großes Hospital, 3 ansehnliche Tuchfabriken mit Wollspinnerei, eine große Flachsspinnerei, Leinweberei, Eisengießereien und Maschinenfabriken, mehrere Papierfabriken sowie Fabriken in Nadeln, Zucker, Kunstwolle, Teppichen etc., Bierbrauerei, Galmeigruben, lebhaften Getreidehandel und (1880) 17,368 Einw. (1408 Evangelische und 252 Juden). - D. war schon den Römern als Marcodurum bekannt und soll nebst Köln von M. Vipsanius Agrippa erbaut worden sein. Im J. 69 n. Chr. wurden hier mehrere Kohorten der Ubier (Agrippinenser) von dem batavischen Heerführer Civilis überfallen und niedergehauen. Die Karolinger hielten in der Pfalz Dura (Duria) öfters Reichsversammlungen (761, 775 und 779); auf den beiden letzten wurden Feldzüge wider die Sachsen beschlossen. 881-882 wurde D. durch die Normannen verheert. Im J. 1000 bestätigte Kaiser Otto III. D. als Reichsstadt; 1124 erhielt der Ort Mauern; 1241 ward er von Kaiser Friedrich II. an den Grafen Wilhelm V. von Jülich verpfändet, wodurch er die Reichsunmittelbarkeit verlor. 1543 empörte sich D. gegen Kaiser Karl V., ward aber von dessen Truppen erstürmt; 1614 nahmen es die Spanier unter Spinola, 1642 die Hessen, 1794 die Franzosen unter Marceau. Unter französischer Herrschaft gehörte D. bis 1814 zum Roerdepartement. Die Industrie der Stadt und Umgegend verdankt namentlich der Familie Schoeller, die gegenwärtig unter verschiedenen Firmen die mannigfachsten Fabriken leitet, ihren Aufschwung. - Der Kreis D. enthält zahlreiche Papierfabriken im N. und S. der Stadt D. längs des Roerthals bei den Dörfern Merken, Lendersdorf, Kreuzau u. a. sowie mehrere Nadelfabriken, ansehnlichen Flachsbau, Töpfereien und nicht unbedeutenden Braunkohlenbergbau. Vgl. Linde und A. de Bruyn, Betreibung und Geschichte der Stadt D. (Aach. 1823); Bonn, Rumpel und Fischbach, Sammlung von Materialien zur Geschichte Dürens und seiner nächsten Umgegend (Dür. 1835-54).

Dürer, Albrecht, Maler und Kupferstecher, Sohn des Goldschmieds Albrecht D., der, im Dorf Eytas in Ungarn geboren, 1455 nach Nürnberg kam, wo er die Tochter seines Meisters, Barbara Holper, 1467 heiratete. Aus den 18 Kindern dieser Ehe war Albrecht (geb. 21. Mai 1471) das dritte. In früher Jugend nahm ihn der Vater in seine Werkstätte, um ihn in der Goldschmiedekunst auszubilden. Aus diesen Lehrjahren stammt sein Brustbild, welches er 1484 nach dem Spiegel auf Pergament zeichnete, jetzt in der Albertina zu Wien, und eine Madonna mit zwei Engeln von 1485 im Berliner Kupferstichkabinett. Seine Neigung trieb ihn zur Malerei, und er setzte es bei seinem Vater durch, daß ihn dieser 1486 in die Werkstätte Michael Wohlgemuths brachte. Die vier Lehrjahre, welche D. hier zubrachte, zogen ihm weidlich Plagen von seinen "Mitknechten" zu, und wenn er auch manches lernte, ja am Ende der Lehrjahre den Meister schon überflügelt hatte, so konnte er sich doch während seines ganzen spätern Lebens von manchen Eigenheiten und Unbeholfenheiten der Wohlgemuthschen Schule nicht völlig los machen. Im J. 1490 ergriff D. den Wanderstab, kam 1492 nach Kolmar und später nach Basel, zuletzt nach Italien (Venedig). Im Frühjahr 1494 von seinem Vater wieder aus der Fremde zurückgerufen, heiratete er eine Nürnberger Bürgerstochter, die wohlhabende und schöne Agnes Frey, die übrigens nicht die Xanthippe gewesen ist, zu der sie böswillige Nachrede gemacht hat. Nachdem D. noch einige Zeit in Wohlgemuths Werkstatt gearbeitet hatte, machte er sich 1497 selbständig. In diese erste Periode seines Künstlerlebens fallen vorwiegend Porträte: das Bildnis seines Vaters (1497) in London (Sion House), sein Selbstporträt (1498) in Madrid, das des Oswald Krell (1499) in München, sein Selbstporträt (1500) in München, Bildnis Friedrichs des Weisen in der Berliner Galerie u. a. Von 1500 stammt auch der kleine Christus am Kreuz in der Dresdener Galerie, ein Bildchen von unvergleichlicher Feinheit der Ausführung, und aus derselben Zeit ein Altarwerk ebendaselbst (Maria das Kind anbetend) sowie der Altar in Ober-St. Veit bei Wien mit der Kreuzigung Christi. Seine Hauptthätigkeit widmete er jedoch dem Kupferstich und dem Vorlagenzeichnen für den Holzschnitt; namentlich den erstern betrieb er schon sehr frühzeitig; das erste datierte Blatt ist von 1497, dem aber jedenfalls schon verschiedene vorangegangen waren. Aus dieser Zeit stammen ferner: die Offenbarung Johannis (1498), eine Folge von 16 Holzschnitten; Adam und Eva (1502), ein Kupferstich. Im J. 1505 unternahm er eine zweite Reise nach Venedig, wo damals die größten Meister der venezianischen Schule, Tizian, Giorgione, Palmavecchio, bereits thätig waren; vor allen aber wirkte Giovanni Bellini auf ihn ein, den er selbst in einem Brief als den "pest in gemell" pries. Wenn ihn sein ernstes Studium, sein Fleiß und seine Einsicht schon früher in der Heimat den Wert der Korrektheit der Zeichnung und eine wahre Naturauffassung schätzen lehrten, so sah er hier eine ungeahnte Kraft und Tiefe des Kolorits, die nachhaltig auf ihn einwirkten. Die deutschen Kaufleute zu Venedig bestellten für die Bartholomäuskirche daselbst ein großes Bild, das Rosenkranzfest, das später Kaiser Rudolf II. um eine große Summe erwarb und von vier Männern nach Prag tragen ließ, wo es sich jetzt im Stift Strahow befindet. Es stellt eine Krönung der Madonna durch zwei Engel dar. Die Jungfrau reicht dem Kaiser, das Christuskind dem Papst Rosenkränze, ebenso der heil. Dominik und mehrere Engel den Umstehenden. In dem leider durch Übermalung sehr verdorbenen Bild ist der venezianische Einfluß deutlich zu erkennen. Obgleich D. in Venedig hohe Anerkennung fand und der Rat von Venedig ihm einen Jahresgehalt von 200 Dukaten anbot, wenn er sich in der Stadt dauernd niederlassen wolle, trat er doch im Spätherbst 1506 die Rückreise in seine Vaterstadt an. Von den ersten Werken Dürers nach seiner Rückkunft von Italien sind zu nennen: das Bildnis eines Jünglings (1507) im Belvedere zu Wien; ein für den Rat in Nürnberg 1507 gefertigtes, aber verloren gegangenes Bild, Adam und Eva im Paradies darstellend, wovon eine durch Restauration verunstaltete Kopie sich in Mainz befindet. In den Jahren 1507 und 1508 beschäftigte ihn ein Gemälde, welches, vom Kurfürsten Friedrich dem Weisen von Sachsen für die Kollegiatkirche in Wittenberg bestellt, die Marter der zehntausend Christen unter dem Perserkönig Sapor zum Gegenstand hat und sich jetzt im Belvedere zu Wien befindet. Nach der Beendigung desselben arbeitete D. an seiner berühmten Himmelfahrt und Krönung der Maria, welche der Patrizier Jakob Heller in Frankfurt a. M. als Altarblatt für die dortige Dominikanerkirche bestellt hatte. Das Bild brachte dem Dominikanerkloster, dessen Insassen es gegen eine Vergütung sehen ließen, eine reiche Einnahme. Nachdem Kaiser Rudolf vergeblich 100,000 Gulden dafür geboten, wurde es 1613 von dem nachmaligen Kurfürsten Maximilian I. von Bayern für 1000 Joachimsthaler erworben, ging aber bei dem großem