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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Davidisten; David Joriszoon; Davidow; Davidowich; David von Augsburg; David von Dinant

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David Joriszoon - Davidowich.

Roland trat. Im J. 1810 nahm ihn auch der Maler David unentgeltlich in sein Lehratelier auf, während ihm seine Vaterstadt ein jährliches Stipendium von 500 Frank aussetzte. D. gewann nun 1811 mit einem den Tod des Epaminondas darstellenden Relief den römischen Preis. In Rom nahm er sich vornehmlich die Antike zum Muster und arbeitete auch einige Zeit in Canovas Atelier. Im J. 1816 begab er sich nach Paris zurück, wo er bald eine lebhafte Thätigkeit entwickelte. Mit seinem ersten Werk, der Statue von Ludwig Condé (Schloßhof zu Versailles), einer Arbeit voll sprühenden Lebens und von einer damals ungewöhnlichen Kühnheit der Bewegung, stellte er sich sofort in schroffen Gegensatz zu der herrschenden klassizistischen Richtung und hielt am Realismus, abgesehen von kleinen Schwankungen, mit einer starken, stetig wachsenden Betonung des physiognomischen Ausdrucks bis zu seinem Tod fest. Die Fruchtbarkeit seiner Phantasie und die Leichtigkeit im technischen Schaffen begünstigten eine äußerst umfangreiche Thätigkeit, die sich freilich nicht selten in dekorative Flüchtigkeit verlor. Im J. 1828 besuchte er Weimar, 1834 München, Stuttgart, Berlin und Dresden. Das Ergebnis dieser Reisen waren von der ersten die Büsten Goethes, von der zweiten die Büsten Schellings, Danneckers, Tiecks und Rauchs, sämtlich in kolossaler Größe modelliert; die Goethebüste, welche der Künstler 1831 dem Dichter als Geschenk zusandte, ist in der Bibliothek zu Weimar aufgestellt. Von 1835 bis 1837 beschäftigte D. die Ausschmückung des Giebelfeldes am Panthéon, in welchem er die berühmtesten Männer Frankreichs seit der Revolutionszeit um das dankbare Vaterland gruppierte. Andre Werke Davids sind: die heil. Cäcilie, zu Paris; Bonchamp, in der Kirche St.-Florent le Vieil, 1824; ein griechisches Mädchen, das eine Lorbeerkrone auf Botzaris' Grab niederlegt; Talma, im Théâtre français; Christus, Maria und St. Johannes, in der Kathedrale von Angers, 1830; ein junger Hirt, sich im Wasser besehend, im Museum daselbst; Grabmal des Generals Foy, auf Père Lachaise, 1831; Madame Staël, in einem Saal des Instituts; Jefferson, in Philadelphia; Philopömen, im Louvre; Cuvier, in Mömpelgard und im Jardin des Plantes; Corneille, zu Rouen, 1834; Racine, zu La Ferté Milon; die Büsten Franz' I. und Ambr. Parés, Viscontis, Camille Jordans, Béclards, Coopers, Cas. Delavignes, Raoul Rochettes, Jerem. Benthams, Fénelons, Montesquieus, Racines, Heinrichs II., Lacépèdes, Cas. Périers, Kératrys, Rossinis, Lafayettes, Sieyès', Chateaubriands; die Basreliefs: der Genius des Kriegs und der Befestigung, an der Fontäne des Bastilleplatzes; die Reihe sämtlicher komischer und tragischer Dichter, im Schauspielsaal des Odéon, jeder von dreien seiner personifizierten Werke begleitet. Mit den Jahren wuchs seine Lust an der menschlichen Physiognomie dergestalt, daß er auf alle berühmten Männer Jagd machte und ihre Züge wenigstens in Medaillons festhielt, deren vollständigste Sammlung, 550 an der Zahl, sich im Louvre befindet. In der Politik radikaler Oppositionsmann, gab er mit Carnot Barères Memoiren heraus und war auch Mitglied der Konstituante von 1848. Nach dem Staatsstreich aus Frankreich verbannt, erhielt er später die Erlaubnis zur Rückkehr und starb 5. Jan. 1856 in Paris. In seiner Vaterstadt ist ein Museum begründet worden, welches seinen Namen trägt, und in welchem sich seine sämtlichen Werke in Abguß oder Skizzen befinden. Auch wurde ihm daselbst ein Standbild (von L. Noël) errichtet. Vgl. H. Jouin, D., sa vie, son œuvre, ses écrits et ses contemporains (Par. 1878).

David Joriszoon, d. h. Sohn des Georg, Schwärmer und Erzketzer des 16. Jahrh., geb. 1501 zu Brügge, war zuerst Glasmaler. Verspottung der von Priestern getragenen Monstranz in Delft zog ihm die Strafe des Staupbesens, der Zungendurchstechung und der Verbannung zu. Er hielt sich seit 1534 zur Sekte der Wiedertäufer, bildete sich aber später einen eignen Kreis von Anhängern, indem er lehrte, daß er als der von den Propheten verheißene Emanuel gesandt sei, würdige Kinder für das Reich Gottes zu sammeln und von dem Zwang des Gesetzes, insbesondere vom Joch der Ehe und dem Vorurteil der Scham, zu befreien. Die Davidisten trieben ihr Wesen zwar im stillen, wurden aber seit 1538 von der holländischen Regierung grausam verfolgt und hingerichtet. D. schrieb 1542 sein berüchtigtes "Wonderboek", das ein ungeheures Aufsehen machte, ihn aber auch zwang, sich nach Basel zu begeben, wo er sich unter dem Namen Johann von Brügge aufhielt und äußerlich zur reformierten Kirche bekannte. Er starb unerkannt als angesehener Mann 1556, aber nach drei Jahren ward sein Körper mit seinen Schriften verbrannt. Seine Anhänger, Davidisten oder Joristen, erhielten sich trotz aller Verfolgungen in Holland bis in das 17. Jahrh. Vgl. Nippold in der "Zeitschrift für historische Theologie" 1863-64.

David von Augsburg, mystischer Schriftsteller und einer der frühsten Lehrer des Franziskanerordens in Deutschland, lebte zu Regensburg, seit 1243 in Augsburg, war Lehrer und Freund Bertholds von Regensburg (s. d.) und starb 1272 in Augsburg. Außer zahlreichen lateinischen Schriften verfaßte er auch asketische Schriften in deutscher Sprache, von denen Pfeiffer sechs in "Deutsche Mystiker des 13. Jahrhunderts" (Leipz. 1845) herausgegeben hat. Dieser hält ihn auch für den Verfasser des Schwabenspiegels.

David von Dinant, scholastischer Lehrer in Paris um 1200, soll ein Buch: "De divisionibus", geschrieben haben und wird, weil seine Lehre im gleichen Jahr (1209) mit derjenigen des Amalrich von Bena verdammt wurde, gewöhnlich als Mitbegründer des mittelalterlichen Pantheismus genannt. Wahrscheinlich dagegen war er der erste Scholastiker, welcher seine Anregung von maurischen Kommentatoren des Aristoteles erhalten hat. Vgl. Jundt, Histoire du panthéisme populaire au moyen-âge (Par. 1875).

Davidisten, s. oben: David Joriszoon.

Davidow, Karl, Violoncellspieler, geb. 15. März 1838 zu Goldingen in Kurland, erhielt seine Ausbildung zu Moskau (1854-58), wo er neben der Musik besonders eifrig Mathematik trieb, begab sich dann zum ausschließlichen Studium der erstern nach Leipzig und trat 1859 im dortigen Gewandhaus mit Beifall als Solist auf. Nachdem er bis 1862 als erster Violoncellspieler im Leipziger Orchester sowie als Lehrer am Konservatorium gewirkt hatte und durch wiederholte während dieser Zeit unternommene Kunstreisen zur Berühmtheit gelangt war, folgte er einem Ruf nach St. Petersburg, wo er als kaiserlicher Kammervirtuose und Lehrer am Konservatorium, seit 1876 auch als Direktor dieser Anstalt thätig ist. Vollendete technische Durchbildung, schöner und edler Ton, endlich geist- und geschmackvoller Vortrag erheben D. in die erste Reihe der jetzt lebenden Violoncellisten. Als Komponist hat er sich in Konzerten und kleinern Stücken für sein Instrument sowie in Klaviersachen und Liedern bewährt.

Davidowich, Paul, Baron, österreich. General, geb. 1737 zu Ofen in der dortigen Serbengemeinde, diente zuerst seit 1757 im Siebenjährigen Krieg, dann