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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Demijohn - Demmin.

zum Wirklichen Staatsrat ernannt. Vom Großherzog von Toscana war er schon früher zum Fürsten von San Donato ernannt worden. Er lebte seitdem meist in Florenz und starb 29. April 1870 in Paris. Seine Gemäldegalerie, welche zu den größten und wertvollsten Privatmuseen Europas gehörte, wurde durch Versteigerung überallhin zerstreut.

Demijohn (indisch-engl., spr. démmidschonn), große Flasche (Ballon) in Korbgeflecht, zum Transport von Flüssigkeiten, wie Rum, Chemikalien etc.

Demi-lune (franz., spr. d'mi-lün), Halbmond; im Festungswesen s. v. w. Ravelin.

Demimonde (franz., spr. d'mi-móngd), "Halbwelt", eine durch das gleichnamige Drama des jüngern Dumas (1855) in Aufnahme gekommene Bezeichnung für die in Großstädten (namentlich Paris) stark vertretene Klasse von Abenteurern höherer Gattung, welche im Äußern Sitten und Lebensweise der vornehmen Stände nachzuahmen sucht; insbesondere für anrüchige und zweifelhafte, aber äußerlich in aller Eleganz auftretende Frauenzimmer.

Demir Hissar ("Eisenburg"), Stadt im türk. Wilajet Salonichi, an der Kurschowa, einem östlichen Zufluß des Struma, mit 5 Moscheen, Schloß, alten Felsgräbern und 8000 überwiegend türk. Einwohnern.

Demîri, Kamâl aldin Abulbakâ Mohammed ben Musa, arab. Naturhistoriker und schafiitischer Rechtsgelehrter, geb. 1349 zu Kairo, bekleidete lange Zeit die Professur der Traditionen an der Kapelle Ruknia und die Professur an der Moschee El Azhar (beide in Kairo), machte mehrere Male die Pilgerfahrt nach Mekka und starb im November 1405. Er schrieb ein großes zoologisches Wörterbuch: "Das Leben der Tiere" ("Hayât-alhaiwân"), das, auf 284 Quellenwerken fußend, 931 Tiere eingehend beschreibt. Er veranstaltete eine größere (Bulak 1867) und eine kleinere Ausgabe davon, von denen er erstere schon 1371 vollendet haben soll. Bochart in seinem "Hierozoicon" hat dieses Tierleben fleißig benutzt; Tychsen, de Sacy u. a. haben kleinere Texte daraus veröffentlicht. Eine persische Übersetzung des Werkes befindet sich in der Bibliothek des Arsenals zu Paris; eine ungedruckte französische Übersetzung hat Petit de la Croix angefertigt.

Demirkapu, s. Eisernes Thor.

Demíß (lat.), niedergeschlagen, kleinlaut, kleinmütig; Demission, Niedergeschlagenheit, Kleinmut.

Demission (franz.), s. v. w. Dimission.

Demitzas, Margarites G., neugriech. Schriftsteller, geb. 1830 zu Lychnidon (Ochrida) in Albanien, studierte 1856-59 Philologie in Athen und 1859-61 in Berlin, promovierte in Leipzig mit einer Arbeit über die Geschichte seiner Vaterstadt, war dann 1862-65 Rektor in Monastir, 1865-69 Gymnasialdirektor in Salonichi und wirkt seitdem als Professor am Lehrerinnenseminar und Inhaber einer Privatlehranstalt in Athen. Er veröffentlichte an 20 Schriften meist zur Geographie und Geschichte Griechenlands, darunter: "Chronographie und Topographie Makedoniens" (preisgekrönt in Paris), kritische Textberichtigungen des Strabon, kritische Untersuchungen über den Stamm Skanderbegs, über die wirkliche Vaterstadt des Päonios, eine Reise durch Ägypten (preisgekrönt in Venedig) u. a.

Demiúrg (griech., "Werkmeister, Bildner"), bei den christlichen Gnostikern die Gottheit als Weltschöpfer, der Judengott, den sie als den Weltschöpfer ansahen, aber zugleich für ein Wesen hielten, welches von dem höchsten Gott erst in unendlicher Entfernung abstamme und ebenso unfähig sei, Vollkommenes zu wollen, als den Widerstand der ewigen Materie zu bändigen (s. Gnosis und Gnostiker). Bei den Neuplatonikern bezeichnet D. die Weltseele, von welcher die sichtbare Welt, gleichsam als ihr Leib, gebildet wurde, bei den Kirchenvätern aber zuweilen den Logos, sofern derselbe als das Organ Gottes bei der Weltschöpfung gedacht ward. Bei den Griechen war D. Bezeichnung für Gewerbtreibende, welche (auch Künstler und Ärzte gehörten dazu) zu Athen in alten Zeiten neben den Eupatriden (Adel) und Geomoren (Zinsbauern) den dritten Stand bildeten. In den dorischen Städten hießen Demiurgen die höchsten obrigkeitlichen Personen.

Demjansk, Kreisstadt im russ. Gouvernement Nowgorod, mit (1881) 1283 Einw. In der Nähe sind die großen Gradierwerke von Staraja Russa.

Demme, 1) Hermann Christian Gottfried, deutscher Kanzelredner und Schriftsteller, geb. 7. Dez. 1760 zu Mühlhausen, ward daselbst Subkonrektor des Gymnasiums und 1796 Superintendent, 1801 aber als Generalsuperintendent und Konsistorialrat nach Altenburg berufen, wo er 24. Dez. 1822 starb. D. schrieb unter dem Pseudonym Karl Stille: "Der Pächter Martin und sein Vater" (Leipz. 1792-93, 2 Tle.; 3. Aufl. 1802, 3 Bde.); "Erzählungen" (Riga 1792-93, 2 Tle.); "Sechs Jahre aus Karl Burgfelds Leben" (Leipz. 1793); "Abendstunden in dem Familienkreis gebildeter und guter Menschen" (Gotha 1804-1805, 2 Bde.) u. a. Auch bearbeitete er die neuen Gesangbücher in Mühlhausen und im Herzogtum Altenburg.

2) Wilhelm Ludwig, Sohn des vorigen, geb. 20. März 1801 zu Mühlhausen, begann 1826 die advokatorische Praxis in Altenburg, nahm, seit 1837 in eine langwierige Untersuchung verwickelt, 1849 seinen Wohnsitz in Jena, 1850 in Würzburg, dann in Hildburghausen, zuletzt wieder in Würzburg, wo er 26. März 1878 starb. Er machte sich besonders als Fortsetzer von Hitzigs "Annalen für deutsche und ausländische Kriminalrechtspflege" (Leipz. 1837-52) sowie durch das "Buch der Verbrechen" (das. 1851-1854, 8 Bde.) bekannt.

Demmin, Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Stettin, an der Peene, welche bis hierher für kleine Seeschiffe fahrbar ist und rechts oberhalb die Tollense, links unterhalb die Trebel aufnimmt, an der Berlin-Stralsunder Eisenbahn, hat drei Vorstädte, eine evang. Pfarrkirche (St. Bartholomä) mit schönem Turm und (1880) mit der Garnison (9. Ulanen-Reg.) 10,507 Einw. (293 Katholiken und 103 Juden). Die Industrie umfaßt 3 Eisengießereien und Maschinenfabriken (eine mit Glockengießerei), eine Zuckerfabrik, Bierbrauerei, Kalk- und Ziegelbrennerei. D. hat einen lebhaften Handel mit Getreide, Wolle, Butter, Eisen, Kohlen und Kalk. Es ist Sitz eines Amtsgerichts und hat ein Gymnasium, ein Hospital und eine Gasleitung; der Magistrat besteht aus 11, die Stadtverordnetenversammlung aus 24 Mitgliedern. - D., im Mittelalter Timin, Demmyn, auch Dammyn genannt, ist schon um 840 als wichtiger Handelsplatz nachzuweisen. Im 12. Jahrh. hatte es schon Mauern und ward 1148 von Erich V. von Dänemark vergeblich belagert, jedoch 1164 von Heinrich dem Löwen erstürmt und zerstört. 1191 wieder aufgebaut, ward die Stadt 1211 von dem König Waldemar II. von Dänemark erobert, der sich in ihrem Besitz bis zu seiner Niederlage bei Bornhövede 1227 behauptete. D. erhielt zwischen 1235 und 1240 das lübische Recht und trat der Hansa bei. In den Jahren 1627-39 wurde die Stadt abwechselnd von den Kaiserlichen und den