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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Demmin - Demographie.

Schweden genommen und kam im Westfälischen Frieden mit Vorpommern an Schweden. In den Jahren 1659, 1676 und 1715 wurde sie von den Brandenburgern erobert; 1721 ward zwar nicht die Stadt, aber ihr Weichbild am linken Ufer der Peene wieder an die Schweden abgetreten, die 1757 und 1758 auch die Stadt vorübergehend besetzten. Später wurden die Festungswerke geschleift. Im J. 1815 kam das ganze Weichbild von D. an Preußen.

Demmin, August, Kunstschriftsteller, geb. 1. April 1823 zu Berlin, begab sich in seinem 17. Jahr nach Paris, wo er seine Universitätsstudien beendete und bis 1872 ansässig blieb. Während dieses ganzen Zeitraums verwendete er einen großen Teil jedes Jahrs zu ausgedehnten Reisen in ganz Europa behufs Kunststudien, hauptsächlich auf dem Gebiet der Keramik und der Waffenkunde. Seine Hauptwerke sind: "Guide de l'amateur de faïences et porcelaines, etc." (4. Aufl., Par. 1873, 3 Bde.) und "Guide des amateurs d'armes et armures anciennes" (das. 1869; deutsche Bearbeitung u. d. T.: "Die Kriegswaffen in ihrer historischen Entwickelung", Leipz. 1869; 2. Aufl. 1885); "Encyclopédie historique, archéologique, biographique etc. des beaux-arts plastiques" (Par. 1872-80, 5 Bde. mit 6000 Abbildungen); "Keramikstudien" (Leipz. 1882-83). Für Ch. Blancs "Histoire des peintres de toutes les écoles" bearbeitete er die deutschen Meister. Seit 1873 lebt er in Wiesbaden, wo sich auch seine reichen Sammlungen befinden, die er (Leipz. 1882) beschrieb. Auf belletristischem Gebiet bewegte er sich in den Lustspielen: "Unsre Sammler", "Dichtertrübsal", "Buridans Esel", den Schauspielen: "Die Pirkheimer", "Wieland der Schmied", nachdem er schon 1864 einen Roman: "Une vengeance par le mariage", veröffentlicht hatte; neuerlich folgte die Romantrilogie "Das Tragikomische der Gegenwart" (Leipz. 1883-84).

Demmler, Georg Adolf, Architekt, geb. 22. Dez. 1804 zu Güstrow, bezog 1819 die Bauakademie in Berlin, ward 1823 Feldmesser in Potsdam, trat 1824 in den mecklenburgischen Staatsdienst, ward 1837 Hofbaumeister in Schwerin und 1841 Hofbaurat. Von ihm rühren bis 1851 die Pläne zu den hauptsächlichsten Hochbauten in Schwerin, besonders die zum Schloß, zum Arsenal und zum Marstall, her. Wegen Anteils an der politischen Bewegung von 1848 bis 1850 im J. 1851 ohne Pension entlassen, weshalb seine genialen Entwürfe zum Schloßbau nicht durch ihn, sondern unter mannigfachen Abweichungen durch Stüler zur Ausführung kamen, kehrte er erst nach längern Reisen durch Europa 1857 nach Schwerin zurück, wo er wieder Mitglied des Bürgerausschusses wurde. Er war Mitstifter des Nationalvereins 1859, der Friedens- und Freiheitsliga in Genf und der deutschen Volkspartei in Stuttgart 1868. 1877 wurde er von den Sozialdemokraten im Leipziger Landkreis in den Reichstag gewählt, verzichtete aber 1878 auf eine Wiederwahl. Durch seine politischen Neigungen hat er seiner künstlerischen Thätigkeit, welche, in der Schule Schinkels gereift, in dem Ausdruck monumentaler Bedeutung ihren Höhepunkt erreichte, ein vorzeitiges Ziel gesetzt. Er starb 2. Jan. 1886.

Demobilmachung (Demobilisation, franz., Abrüstung), das Übergehen aus dem Kriegs- in den Friedensstand, bestehend in Auflösung der nur für den Krieg formierten Truppenteile und Verbände, Entladung der für die Kriegszeit einberufenen Mannschaften, Verkauf der überzähligen Pferde, Aufhören der Feldverpflegung und Kriegszulagen etc. Vgl. Mobilmachung.

Democritus, Christianus, s. Dippel.

Demōdex, s. Milben.

Demodŏkos, der gottbegeisterte, blinde Sänger der Phäaken auf Scheria, dem die Muse "die Augen nahm und süße Gesänge gab". Im Haus des Königs Alkinoos singt und spielt er zum Mahl, auf dem Markt zum Tanz. In Odysseus' Gegenwart trägt er die Sagen vom Streite des Odysseus und Achilleus, von der Liebe des Ares und der Aphrodite, von dem hölzernen Roß vor, mit dessen Hilfe die Griechen Ilion eroberten. Am Thron des Apollon zu Amyklä war D. abgebildet, wie er zum Tanz der Phäaken seinen Gesang anstimmt.

Demogeot (spr. dömoschoh), Jacques Claude, franz. Litterator, geb. 5. Juli 1808 zu Paris, wirkte anfangs als Professor an den Kollegien zu Beauvais, Rennes, Bordeaux und Lyon, bis er 1843 als Professor der Rhetorik an das Lyceum St.-Louis zu Paris berufen wurde. Später lehrte er an der Faculté des lettres. Demogeots Werke gehören vorzugsweise der Litteraturgeschichte an. Wir nennen: "Étude sur Pline le jeune" (an der Spitze einer Ausgabe der Briefe dieses Autors, 1845-50); "Les lettres et les hommes de lettre au XIX. siècle" (1856), gekrönte Preisschrift; "Histoire de la littérature française" (1857, 21. Aufl. 1884), sein Hauptwerk; "Tableau de la littérature française au XVII. siècle" (1859) und die minder gelungene "Histoire des littératures étrangères" (1880, 2 Bde.). Weniger bekannt sind seine poetischen Produkte: "Roméo et Juliette" (Drama, 1852), "Paris nouveau" (episch-lyrische Schilderungen, 1857) und die unter dem Pseudonym Jacques erschienenen "Contes et nouvelles en vers" (1860). Auch veröffentlichte er zwei geschätzte Berichte an den Minister des öffentlichen Unterrichts über die Erziehung in den Unterrichtsanstalten Englands und Schottlands (1868 u. 1870) und "Notes sur diverses questions de métaphysique et de littérature" (1877).

Demogerónten (griech.), "Volksälteste" oder Gemeindevorsteher, welche schon im Altertum, dann auch während des Mittelalters in den griechischen Gemeinwesen eine Art von Lokalobrigkeit bildeten. Sie wurden von den Bürgern gewählt und gewannen sich infolge der Vererbung ihres Amtes in einzelnen Familien nach und nach die Stellung einer Art von Lokal- oder Provinzialadel, der namentlich im Peloponnes eine bevorzugte Stellung einnahm. Sie hießen auch Archonten, Ephoren, Proestoi, türkisch Kodscha-Baschi.

Demographie und Demologie (v. griech. dēmos, "Volk" und zwar das Volk in Beziehung zum Staat, im Gegensatz zu ethnos, d. h. dem Volk, betrachtet in Bezug auf die Abstammung und ohne Rücksicht auf Staatsangehörigkeit), Wissenschaften vom Volk. Unter Demographie wird die einfache Beschreibung des Volkes verstanden; Rümelin faßt sie als Volks- und Staatenkunde auf, also als gleichbedeutend mit der historisch-politischen Richtung der Statistik im Gegensatz zu der mathematischen. Engel bezeichnet sie als Schilderung der sozialen und politischen Eigenschaften und Fähigkeiten des Volkes, namentlich der staatlichen und andern menschlichen Gemeinschaften. Dagegen bedeutet nach ihm Demologie die Lehre von der Entstehung, dem innern einheitlichen Wesen und der Veränderung der staatlichen und andern menschlichen Gemeinschaften. Vgl. Rümelin, Zur Theorie der Statistik (in "Reden und Aufsätze", neue Folge, Freiburg 1881); Engels Darstellung seines demologischen Systems in der "Zeitschrift des Preußischen Statistischen Bureaus" (11. Jahrg., 1871);