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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Doppelchor - Doppelschlag.

Auch die polarisierende Eigenschaft des Turmalins (s. Polarisation und Polarisationsapparate) steht mit seiner D. im Zusammenhang. Wie oben bereits angedeutet worden, ist in doppelbrechenden Kristallen nicht nur die Fortpflanzungsgeschwindigkeit, sondern auch die Absorption der Schwingungen abhängig von dem Winkel, welchen diese mit der optischen Achse bilden, so daß die zur Achse senkrecht schwingenden Strahlen eine andre Absorption erleiden und daher anders gefärbt erscheinen als die parallel zur Achse schwingenden. Man nennt diese Eigenschaft Zweifarbigkeit oder Dichroismus; sie tritt bei manchen Kristallen so auffallend hervor, daß man sie ohne weitere Hilfsmittel beim bloßen Anblick des Kristalls wahrnimmt; der Pennin z. B. erscheint, in der Richtung seiner Achse betrachtet, dunkel blaugrün, senkrecht dazu braun; der Cordierit (Dichroit) in der Richtung der Achse dunkelblau, senkrecht zu ihr dagegen gelblichgrau. Der Turmalin ist nun ebenfalls ein "dichroitischer" Kristall, in welchem die zur Achse senkrechten Schwingungen des gewöhnlichen Strahls durch Absorption fast vollständig ausgelöscht und nur die zur Achse parallelen des außergewöhnlichen Strahls durchgelassen werden.

Doppelchor, ein in zwei Halbchöre geteilter Chor. In der Regel sind beide Halbchöre vierstimmig, der D. also achtstimmig; doch ist darum der Tonsatz für D. nicht durchweg achtstimmig, da die beiden Chöre vielfach abwechseln oder nur mit je zwei und drei Stimmen zusammentreten. Große Kontrapunktiker haben die Stimmenzahl in einzelnen Fällen noch weit höher getrieben, bis 24, ja 48 Stimmen, besonders die spätern Meister der römischen Schule (Benevoli, Bernabei, Baj, Raimondi u. a.).

Doppelehe, s. Bigamie.

Doppelfeste, s. Feste, christliche.

Doppelflöte, der Diaulos der Griechen, s. Aulos; in der Orgel (Duiflöte, ital. Flauto doppio) eine gedeckte achtfüßige Stimme mit doppeltem Aufschnitt, zwei Kernspalten etc. an zwei gegenüberliegenden Seiten, aber genau in gleicher Höhe, so daß der Ton nicht bebt, sondern nur stark ist.

Doppelflügel (Vis-à-vis, Diplasion), eine veraltete Art Flügel, die an beiden Enden mit Klaviaturen versehen waren, so daß zwei einander gegenübersitzende Personen zugleich darauf spielen konnten, unter andern von J. A. ^[Johann Andreas] Stein (1728-92) in Augsburg gebaut.

Doppelfuge, eine Fuge mit zwei Subjekten. Bei derselben wird erst ein Thema in der gewöhnlichen Weise fugiert, dann das andre, und schließlich treten beide zusammen. Fugen, bei denen der sogen. Gegensatz (Kontrasubjekt) einfach festgehalten und immer gleichzeitig mit dem Hauptthema fugiert wird, heißen aber ebenfalls Doppelfugen.

Doppelgänger, s. Zweites Gesicht.

Doppelgarn, s. Stecknetz.

Doppelgebiß, eine nicht seltene Mißbildung des Pferdegebisses, entsteht, wenn bei Füllen die Milchschneidezähne nicht ausfallen, während die Pferdezähne bereits hervorgeschoben sind; dadurch können die bleibenden Schneidezähne einen unregelmäßigen, schiefen Stand annehmen oder die Milchzähne fest eingekeilt werden. Um die Bildung des Doppelgebisses zu verhüten, müssen die Milchzähne entfernt werden, sobald sie dem richtigen Eintritt der bleibenden Zähne im Weg sind.

Doppelgewebe, Gewebe, welche durch regelmäßiges teilweises Zusammenweben zweier übereinander liegender, meist glatter Gewebe hergestellt werden. Die Art des Zusammenwebens bedingt, wie z. B. beim Pikee und Doppeltuch (s. d.), das Muster.

Doppelgriff, auf Instrumenten, die der Hervorbringung mehrerer gleichzeitiger Töne fähig sind, ein zweistimmiger Zusammenklang hinsichtlich seiner technischen Bedingungen.

Doppelhaken, nach Art der Hakenbüchsen (s. d.) konstruierte Feuerwaffe mit 1,4-1,9 m langem Lauf, aus welchem Bleikugeln von 100-200 g, aus den doppelten D. solche von 200-270 g geschossen wurden. Der D. lag mit Schildzapfen in einem bockartigen dreibeinigen Gestell. Die D. werden zuerst 1521 erwähnt und dienten ausschließlich zur Verteidigung und Belagerung fester Plätze sowie der Wagenburgen, wo sie auf den Büchsenwagen standen.

Doppelhornvogel, s. Nashornvogel.

Doppeljoch (ungarisches Joch), Anschirrungsmethode für ein Ochsenpaar, welches gemeinsam durch einen festen, starken Holzbalken vor das Fuhrwerk gespannt wird. Diese Methode führt zwar Belästigungen der Tiere herbei, namentlich bei der Verkoppelung am Kopf (Kopfjoch im Gegensatz zum Widerristjoch), gewährt aber einige Vorteile gegenüber der Einzelanspannung, da man mit dem D. scharfe Wendungen machen, ferner schnell anhalten kann; auch eignet sich dasselbe am besten für die Gewöhnung der jungen Tiere an den Zugdienst.

Doppelkegel, Verzierung, s. Fries.

Doppelkelch, ein aus zwei Cuppen (halbkugel- oder kegelförmigen Gefäßen) gebildeter Kelch. Die Cuppen sind durch den Knauf in der Mitte so verbunden, daß die eine Cuppa mit der Öffnung nach unten den Fuß bildet. Auch gibt es eine Form des Doppelkelchs, bei welcher zwei Cuppen durch ein Scharnier am Rand so miteinander verbunden sind, daß die eine, den Deckel bildende Cuppa seitlings zurückgeklappt werden kann und beide Cuppen wagerecht nebeneinander liegen.

Doppelkreuz, in der Musik das Zeichen der doppelten Erhöhung, jetzt gewöhnlich × oder ※, früher auch ^ oder ^. Die Namen der durch ein D. verlangten Töne sind die Tonbuchstaben mit angehängtem -isis; z. B. f durch × erhöht heißt fisis, c durch × erhöht cisis etc.

Doppellaut, s. v. w. Diphthong.

Doppelloch, s. Leberegel.

Doppelquadrat, s. Biquadrat.

Doppelsalze, s. Salze.

Doppelschlag (ital. Gruppetto, franz. Doublé, engl. Turn), die bekannte musikal. Verzierung (s. d.), welche durch ~ über der Note verlangt wird, ist zusammengesetzt aus einem Vorschlag von oben und einem von unten (woher der Name D.). Die als Hilfsnoten benutzten Töne sind die Ober- und Untersekunde nach den Vorzeichen der Tonart. Soll einer der beiden Hilfstöne chromatisch verändert werden, so wird dies durch ♯, ♭, ♮ etc. über oder unter dem Zeichen (je nachdem die Ober- oder Untersekunde gemeint ist) angedeutet:

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Der mit feinem Gefühl begabte Musiker wird eine große Anzahl verschiedener Ausführungen des Doppelschlags zur Anwendung bringen, je nach der Taktart, dem Tempo, der speziellen rhythmischen Gestaltung des Themas etc. Oberstes Gesetz für seine Ausführung ist nur, daß er sich ungezwungen ergebe,