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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Durchstoßen; Durchsuchung; Durchsuchungsrecht

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Durchstoßen - Durchsuchungsrecht.

Im gewöhnlichen Leben nennt man diejenigen farbigen Körper am durchsichtigsten, welche die meisten leuchtenden Strahlen durchlassen, also die gelben, und diejenigen die undurchsichtigsten, welche den wenigsten leuchtenden Strahlen den Durchgang gestatten, also die blauen und violetten. Die verschiedenen Abstufungen der D. (Pellucidität) finden in der Mineralogie sorgfältige Beachtung, weil sie hier einen wesentlichen Teil der Kennzeichenlehre ausmachen. Durchsichtig heißt ein Mineral (oder überhaupt ein Körper), welches die auffallenden Lichtstrahlen so vollständig durchläßt, daß die hinter ihm befindlichen Gegenstände deutlich gesehen werden können; halbdurchsichtig, wenn es die hinter ihm befindlichen Gegenstände noch erkennen läßt, aber nicht mehr in deutlichen Umrissen; durchscheinend, wenn es nur einen einförmigen Lichtschein durchschimmern, aber den dahinter befindlichen Gegenstand nicht mehr wahrnehmen läßt; kantendurchscheinend (an den Kanten durchscheinend), wenn es nur an den scharfen Kanten einen Lichtschein durchschimmern läßt; undurchsichtig, wenn es gar keine bemerkbaren Lichtstrahlen durchläßt.

Durchstoßen, die Herstellung von Löchern in Metallplatten etc., s. Lochen.

Durchsuchung einer Person und der ihr zugehörigen Sachen, der Wohnung (Haussuchung) und andrer Räume ist nur in den gesetzlich bestimmten Fällen und regelmäßig nur obrigkeitlichen Personen gestattet, wie Richter- und Polizeibeamten nach Maßgabe der strafprozessualischen Vorschriften, Zoll- und Steuerbeamten innerhalb ihrer Berufssphäre mit Rücksicht auf zoll- und steuerpflichtige Gegenstände, und Forstbeamten in denjenigen Fällen, welche die Forstordnung und die Forststrafgesetze des nähern bezeichnen. Die deutsche Zivilprozeßordnung (§ 678) ermächtigt den Gerichtsvollzieher, behufs einer Zwangsvollstreckung die Wohnung und die Behältnisse des Schuldners zu durchsuchen. Derselbe ist befugt, verschlossene Hausthüren, Zimmerthüren und Behältnisse öffnen zu lassen, nötigen Falls unter Anwendung von Gewalt und Gewaltmaßregeln. Im Strafverfahren ist der moderne Rechtsgrundsatz anerkannt, daß der Regel nach nur der Richter eine D. anordnen und vornehmen darf. Nur ausnahmsweise, wenn Gefahr im Verzug, gestattet die deutsche Strafprozeßordnung auch der Staatsanwaltschaft und den Sicherheits- und Polizeibeamten die D. Handelt es sich dabei um eine Haussuchung, so ist der Inhaber der zu durchsuchenden Räume befugt, der D. beizuwohnen. In seiner Abwesenheit ist, wenn möglich, ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar zuzuziehen. Findet eine D. der Wohnung, der Geschäftsräume oder des befriedeten Besitztums ohne Beisein des Richters oder des Staatsanwalts statt, so sind, wenn dies möglich ist, ein Gemeindebeamter oder zwei Mitglieder der betreffenden Gemeinde zuzuziehen, welch letztere nicht zugleich Polizei- oder Sicherheitsbeamte sein sollen. In erster Linie ist aber eine D. nur demjenigen gegenüber zulässig, welcher als Thäter oder Teilnehmer einer strafbaren Handlung oder als Begünstiger oder Hehler verdächtig ist, sei es zum Zweck seiner Ergreifung, sei es zum Nachsuchen nach Beweismitteln. Bei andern Personen sollen Durchsuchungen nur behufs Ergreifung von Beschuldigten oder behufs Verfolgung von Spuren einer strafbaren Handlung oder zum Zweck der Beschlagnahme bestimmter Gegenstände stattfinden, wofern anzunehmen ist, daß die gesuchte Person, Spur oder Sache sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet; eine Bestimmung, welche sich jedoch nicht auf solche Räume bezieht, in welchen der Beschuldigte ergriffen worden ist, oder die er während der Verfolgung betreten hat, oder in welcher eine unter Polizeiaufsicht stehende Person sich aufhält. Zur Nachtzeit soll eine Haussuchung nur bei Verfolgung auf frischer That oder bei Gefahr im Verzug oder behufs Wiederergreifung eines entwichenen Gefangenen vorgenommen werden, abgesehen von den Wohnungen der unter Polizeiaufsicht Stehenden, den zur Nachtzeit jedermann zugänglichen Räumen, den notorischen Herbergen und Versammlungsorten bestrafter Personen, den Niederlagen von Sachen, welche mittels strafbarer Handlungen erlangt sind, und den bekannten Schlupfwinkeln des Glücksspiels oder der gewerbsmäßigen Unzucht. Vgl. Deutsche Strafprozeßordnung, § 102-108; Österreichische Strafprozeßordnung, § 139-142; Code d'instruction crim., Art. 16, 35-39, 49 f., 87-90, 464.

Durchsuchungsrecht (Anhalte-, Besichtigungs-, Untersuchungs-, Visitationsrecht, Jus visitationis, franz. Droit de visite, de recherche, engl. Right of visit, of search), die völkerrechtliche Befugnis kriegführender Mächte, durch ihre Kriegsschiffe fremde Privatschiffe anzuhalten, zu besuchen und zu durchsuchen. Der Zweck dieser Maßregel ist die Feststellung der Nationalität der angehaltenen Schiffe sowie die Ermittelung, ob das betreffende Schiff sich eines Blockadebruchs schuldig gemacht habe, oder ob es feindliche Mannschaft oder Kriegskonterbande mit sich führe. Das D. richtet sich wesentlich gegen die Schiffe neutraler Mächte, da diejenigen der feindlichen Macht selbst von dem Gegner weggenommen werden können, weil das Privateigentum zur See von den kriegführenden Mächten wechselseitig nicht respektiert wird. Auch neutralen Kriegsschiffen gegenüber ist die Anwendung des Durchsuchungsrechts ausgeschlossen, desgleichen solchen neutralen Handelsschiffen gegenüber, welche unter dem Geleit (Konvoi) von Kriegsschiffen ihres Heimatstaats segeln. Es ist jedoch in diesem Fall notwendig, daß das Konvoischiff legitimiert und vor der Abfahrt inspiziert ist, auch von Anfang an dauernd mitsegelt. Das D. richtet sich nach den hierüber vorhandenen Verträgen und Instruktionen, namentlich aber nach den Prisenreglements der einzelnen Seestaaten (z. B. preußisches Prisenreglement vom 20. Juni 1864, österreichische Verordnungen vom 3. März und 21. März 1864 und 9. Juli 1866, dänisches Prisenreglement vom 16. Febr. 1864, Prisenkonventionen von Österreich und Preußen vom 6. Juni 1864, von Frankreich und Großbritannien vom 10. Mai 1854 etc.). Das in Turin 1882 durch das Institut de droit international beschlossene Règlement international des prises maritimes, welches auch das D. normiert, kann nur wissenschaftliche Autorität für sich in Anspruch nehmen. Im allgemeinen wird das D. nach folgenden Grundsätzen ausgeübt: Das Kriegsschiff, welches ein Handelsschiff anhalten will, fordert letzteres durch einen blinden Schuß (coup de canon de semonce à boulet perdu oder à poudre) zum Halten auf, indem es seine Flagge aufheißt, über welcher sich nachts eine Laterne befindet. Daraufhin muß das anzuhaltende Schiff seine Flagge ebenfalls aufziehen und aufbrassen oder beidrehen, um den Besuch zu erwarten. Das Kriegsschiff entsendet nunmehr einen Offizier mit der nötigen Mannschaft. Der Offizier begibt sich mit zwei oder drei Mann an Bord des angehaltenen Schiffs, um zunächst die Schiffspapiere zu prüfen. Nur wenn besondere Gründe vorliegen,