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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Earlom; Eaton; Ebbe und Flut

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Earlom - Ebbe und Flut.

E.

Earlom, Richard, engl. Zeichner und Kupferstecher. Ein kritisches Verzeichnis seiner Werke gab Wessely heraus (Hamb. 1889).

Eaton (spr. iht'n), John, amerikan. Pädagog, geb. 5. Dez. 1829 zu Sutton in New Hampshire, wirkte 1854-59 als Lehrer und Schulaufseher im Staate Ohio, studierte darauf Theologie zu Andover, wurde 1861 als Geistlicher ordiniert, nachdem er kurz vorher schon als Feldprediger in ein Freiwilligenregiment eingetreten war. Während des Bürgerkriegs bekleidete er verschiedene Aufsichtsämter, wurde 1863 zum Obersten des 63. farbigen Infanterieregiments, bei Beendigung des Krieges 1865 zum Brigadegeneral der Freiwilligen ernannt, 1867 erhielt er den Posten eines staatlichen Schulaufsehers für Tennessee, 1870 das einflußreiche Amt des Commissioner of the U. S. Board of Education zu Washington, 1886 übernahm er die Leitung des College zu Marietta (Ohio). Er hat sich um die Förderung des Unterrichtswesens der Vereinigten Staaten große Verdienste erworben und namentlich als dessen amtlicher Vertreter auf den großen Ausstellungen zu Philadelphia (1876) und New Orleans (1885) Anerkennung gefunden. Auf dem in letzterer Stadt abgehaltenen internationalen pädagogischen Kongreß bekleidete er das Amt eines Präsidenten, auf dem zu Havre in Frankreich (1887) das eines Vizepräsidenten. Als Commissioner leitete er die Herausgabe des jährlichen großen Berichts (Report) über das Schulwesen der Vereinigten Staaten von Nordamerika.

Ebbe und Flut. Die Beobachtungen, welche über die Gezeiten (Tiden) im Atlantischen Ozean angestellt worden sind, haben ein solches Material zu Tage gefördert, daß wir nunmehr eine bessere Vorstellung vom Verlauf der ganzen verwickelten Erscheinung gewonnen haben, als es früher möglich war. Was das Auftreten und Fortpflanzen der atlantischen Tiden im allgemeinen betrifft, so findet man durch einen Vergleich der Eintrittszeiten des Hochwassers an einer Reihe von Küstenpunkten, daß sowohl auf der östlichen als auf der westlichen Seite des Ozeans das Hochwasser für die nördlicher gelegenen Punkte successive später eintritt als für die südlichen, daß also das Hochwasser von S. nach N. fortschreitet; gleichzeitig nimmt die Höhe der Flut oder die Differenz des Wasserstandes bei Hoch- und Niedrigwasser von S. nach N. wenigstens bis zu einer gewissen Breite zu, bei weiterm Vorrücken vermindert sich dieselbe aber wieder. An der östlichen Seite des Ozeans ist dieses Fortschreiten von S. nach N. ein regelmäßiges, derart, daß Orte, welche etwa 50-65 Breitengrade voneinander entfernt liegen, gleichzeitig Hochwasser haben, woraus man auf die Existenz zweier Wellen schließen kann, die sich nach N. fortpflanzen. An der westlichen Seite tritt diese Erscheinung nicht mit derselben Regelmäßigkeit hervor, sondern wird an der Küste der Vereinigten Staaten infolge ihrer Erstreckung in einem Bogen verdeckt. Ein großer Teil der Küste hat nämlich gleichzeitig Hochwasser, ja dasselbe tritt weiter im N. früher an den östlich gelegenen Punkten als an den südlicher, aber westlicher liegenden ein. In zwei Punkten weisen jedoch die Tiden an der amerikanischen Seite des nordatlantischen Ozeans und an der europäischen einen merkwürdigen Unterschied auf. In den amerikanischen Häfen ist nämlich die halbmonatliche Ungleichheit sowohl in Zeit als in Höhe nur etwa halb so groß wie in den europäischen Küstenplätzen, oder was dasselbe heißt, die Sonnenflut ist im Verhältnis zur Mondflut auf der Westseite nur halb so groß wie an der Ostküste. Der mittlere Wert dieser Ungleichheit beträgt für die

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in Zeit in Höhe

Ostküste der Vereinigten Staaten 23 Min. 5,2 cm

Westküste Europas 42 - 9,9 -

Das sind die Mittelwerte aus je 10 Küstenstationen von beiden Ufern. In Einzelfällen sinkt die Ungleichheit wie in Charleston in Zeit bis 18 Minuten, in Philadelphia in Höhe bis 4 cm, während gegenüber in Plymouth sie in Zeit bis 45 Minuten und im Shannonfluß bei Kilbaha bis 12,2 cm in Höhe erlangt. Der zweite Punkt betrifft die tägliche Ungleichheit. Diese ist in den nördlichen Häfen der Ostküste der Union ebenso unbedeutend wie in Europa (in Liverpool 24, in Wilhelmshaven 16 cm), die gewöhnliche halbtägige Flut wird dadurch kaum beeinflußt. Je näher die Stationen aber der Floridastraße liegen, und noch mehr im Busen von Mexiko, gewinnt die eintägige Flutwelle an Einfluß, und endlich übertrifft sie die gewöhnlichen halbtägigen Gezeiten so an Größe, daß diese an manchen Orten ganz verschwinden und man nur Eintagsfluten beobachtet. Folgende Zahlen, welche den Flutwechsel in Zentimetern ausdrücken, veranschaulichen die Verhältnisse am besten:

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Höhe der Gezeiten

eintäg. halbtäg.

Kap Florida 6 cm 49 cm

Key West 21 - 37 -

Tortugas 30 - 30 -

Egmont-Keys (27° 36' n. Br., 82° 46' w. L.) 49 - 34 -

Cedar-Keys 128° 58' n. Br., 82° 57' w. L.) 46 - 73 -

St. Georges-Inlet (29° 35' n. Br., 85° 12' w. L.) 49 - 6 -

Pensacola 34 - 6 -

Südwestpaß des Mississippi 37 - 6 -

Galveston 34 - 15 -

Man sieht daraus, wie an der Nordküste des Golfs von Mexiko die eintägigen Gezeiten so groß werden, daß sie die halbtägigen beinahe völlig unterdrücken und für diese Orte meist nur einmal des Tages Hochwasser und Niedrigwasser auftritt.

Zum Verständnis dieser Erscheinungen ist es nötig, sich die Hauptpunkte der Wellenlehre zu vergegenwärtigen. Es handelt sich nur um die Wellen, welche unter der Einwirkung von Kräften in Kanälen, bez. auf dem Ozean entstehen können. Die Anziehung von Sonne und Mond ruft zweierlei Arten von Wellen hervor, die eine hat gleiche Periode mit der erzeugenden Kraft, ihre Länge ist aber eine unveränderliche durch die Lage des Kanals auf der Erde, nicht aber durch seine Gestalt, Tiefe etc. bedingte, und ihre Höhe ist der Tiefe des Wassers, in welchem sie entsteht, proportional. So wird z. B. in einem rings um die Erde in einem größten Kreise sich erstreckenden Kanal durch die Anziehung des Mondes eine Welle erzeugt, deren Periode gleich einem halben Mondtage und deren Länge gleich dem halben Umfang der Erde ist; die Höhe der Welle ist abhängig von der Tiefe des Kanals. Die Existenz dieser Welle ist unauflöslich an die Existenz der Kraft gebunden. Man nennt daher diese Welle die gezwungene oder auch primäre Flutwelle. Neben dieser Welle und als Folge ihrer Existenz und des Vorhandenseins