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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Eddalieder – Edelhirsch

Handschriften dieser E., dem Codex Wormianus, finden sich drei kleine Schriften, eine über das isländ. Alphabet und zwei «von den Redefiguren», wesentlich zwar auf Grund lat. Grammatiker, doch wertvoll durch die aus isländ. Skalden aufgenommenen Beispiele; sie gelten in der Regel als Bestandteile der E. – Eine Gesamtausgabe der jüngern E. mit kritischem Apparat und lat. Übersetzung liegt vor in der Arna-Magnœanischen E. (Bd. 1‒3, Kopenh. 1848‒87); die grammatischen Abhandlungen sind herausgegeben u. d. T. «Islands grammatiske Litteratur i Middelalderen» (ebd. 1884‒86). Die Litteratur beider Edden ist verzeichnet in Th. Möbius’ «Catalogus librorum islandicorum» (Lpz. 1856) und «Verzeichnis» (ebd. 1880).

Die Sœmundar-Edda, gegenwärtig schlechthin Eddalieder genannt, wird fälschlicherweise dem Sœmund (s. d.) zugeschrieben. Sie hat ihren Namen E. infolge falscher Schlüsse in Anlehnung an die Snorra-Edda erhalten; man hielt sie für die Quelle dieser. Sie ist eine Sammlung von einigen 30 Liedern, deren Inhalt teils der nordischen Mythologie, teils der nordischen und deutschen Heldensage angehört. Hierfür ist sie die wichtigste Quelle. Die Sammlung ist entstanden zwischen 1240 und 1250. Im Laufe der Zeit hat man alle dieser Sammlung inhaltlich und formell ähnlichen Gedichte den Eddaliedern beigesellt. Die einzelnen Eddalieder sind zu verschiedenen Zeiten entstanden; bis über das 9. Jahrh. hinaus läßt sich keins datieren, die jüngsten gehören dem 12. Jahrh. an; alle sind von Isländern gedichtet. Formell unterscheiden sich die Eddalieder von den Gedichten der stilgerechten Skalden durch eine freiere Behandlung der Form und durch eine leichter verständliche Sprache. Die Form ist entweder die achtzeilige Strophe (Kvidhuháttr) oder die sechszeilige (Ljódhaháttr). Die wichtigsten Lieder der E. sind: die Völuspá («Die Weissagung der Seherin»), ein Gedicht, das in nuce die Hauptzüge des spätern nordischen Götterglaubens giebt, aber schon nicht frei von christl. Einflüssen ist; die Hávamál («Sprüche des Hohen», d. h. Odins), eine Liedersammlung, deren Kern eine Sammlung guter Lebensregeln ist, die Grímnismál («Lehren des Grimnir», d. h. Odins) und Vafthrúdhnismál, die beide in didaktischer Form nordische Mythen lehren. Die deutsche Heldensage von Siegfried und den Burgunden enthalten, zum Teil in ursprünglicherer Form als unser Nibelungenlied, die Sigurds-, Brynhilden- und Atli-(d. i. Attila-)lieder. Letztere sind auf Grönland gedichtet. Neuere Ausgaben der E. sind die kritische von Sophus Bugge (Krist. 1867), die erklärenden von Lüning (Zür. 1859) und Sijmons, «Die Lieder der E.» (Bd. 1, Tl. 1, Halle 1888), von Hildebrand, «Die Lieder der ältern E.» (Paderb. 1876; dazu das Glossar von H. Gering, ebd. 1887), von Finnur Jonsson, «Eddalieder» (2 Tle., Halle 1888‒89). Deutsche Übersetzungen der E. verfaßten K. Simrock (9. Aufl., Stuttg. 1888), B. Wenzel (2. Ausg., Lpz. 1883), W. Jordan (Frankf. a. M. 1889) und H. Gering (Lpz. 1892). – Vgl. E. H. Meyer, Eddische Kosmogonie (Freib. i. Br. 1890).

Eddalieder, s. Edda.

Eddelak, Dorf im Kreis Süderdithmarschen des preuß. Reg.-Bez. Schleswig, 7 km von der Elbe und der Mündung des Nord-Ostseekanals, an der Linie Elmshorn-Heide der Preuß. Staatsbahnen, hat(1890) 2720 E., Postagentur, Telegraph und Amtsgericht (Landgericht Altona).

Eddystone (spr. éddist’n, d. h. Fels des Wirbelstroms), Felsengruppe im Kanal, 14 km von der Küste von Cornwall, 23 km im SSW. von Plymouth in 50° 10′ 49″ nördl. Br. und 4° 15′ westl. L. von Greenwich. Auf ihr hat Winstanley 1697 einen Leuchtturm gebaut. Da das Meer denselben zerstörte (1703), erfolgte 1706 ein Neubau von Rudyerd, und als dieser 1755 niedergebrannt, führte Smeaton 1756‒59 einen 30 m hohen Turm auf. Da dieser nicht hoch genug (29 m) und sein Untergrund durch die Brandung unterspült war, wurde der obere Teil 1882 nach Plymouth geschafft und auf einem nahen Fels ein neuer Leuchtturm von Douglaß für 80000 Pfd. St. errichtet, dessen Feuer 41 m über der Meeresfläche 28 km weit gesehen wird. (S. Tafel: Leuchttürme, Fig. 1.)

Ede, bibe, lude (post mortem nulla volúptas), Iß, trink, spiele (nach dem Tode giebt’s kein Vergnügen mehr), lat. Sprichwort.

Edelborsdorfer, s. Borsdorfer Apfel.

Edelfalken, s. Falken.

Edelfasan, s. Fasanen.

Edelfäule, ein Zustand der Überreife der Trauben, wo dieselben sehr dünnschalig und weich werden. Die E. wird namentlich bei Riesling- und Traminertrauben absichtlich abgewartet, ehe die Weinlese (s. d.) beginnt, um vorzügliche bouquetreiche Weine zu erzielen.

Edelfinken, s. Finke.

Edelfische, im allgemeinen soviel wie Schlundblasenfische (s. d.), welche die Hauptspeisefische liefern, im besondern die lachsartigen Fische.

Edelherr, s. Freiherr.

Edelhirsch, Rothirsch oder Rotwild (Cervus elaphus L., s. Tafel: Hirsche, Fig. 6), der größte und stattlichste Vertreter der Hirsche (s. d.) mit rundem Geweih in Europa. Er bildet den Hauptgegenstand der sog. Hohen Jagd. Er ist bräunlich, im Sommer rötlich (Brandhirsch), seine Nase kahl und das Geweih vielsprossig und zurückgebogen. Er wirft dasselbe im Februar (daher Hornung) ab. Das Weibchen wird Hindin oder Hirschkuh genannt, das einjährige männliche Kalb als Spießer, das zweijährige als Gabler bezeichnet. Das Alter der Männchen, die in der Brunftzeit, im Spätherbst, um die Weibchen kämpfen, schätzt man nach der Zahl der Enden, d. h. der Zacken des Geweihes. In ältern Zeiten, wo die Hirsche noch Zuflucht in den Urwäldern fanden, erreichten sie öfters eine jetzt beispiellose Größe. So befinden sich im Schloß zu Moritzburg 71 Hirschgeweihe von 24, 26, 28, 30, 32, 34, 36 und 50 Enden. Das stärkste darunter ist ein 24-Ender, das jetzt noch ein Gewicht von 22,5 kg, eine Stangenhöhe von 1,25 m und eine Spannweite von 2 m hat. Ferner ist daselbst ein Geweih von 66 Enden, dessen Träger, der 5 Ctr. 65 Pfd. wog, 1696 vom Kurfürsten Friedrich Ⅲ. bei Fürstenwalde erlegt wurde. Nach Inschriften auf Gemälden in diesem Schlosse wog ein 1592 erlegter Hirsch 6 Ctr. 24 Pfd., einer vom J. 1685 5 Ctr. 56 Pfd. Das Fleisch des E. ist sehr schmackhaft; sein Fell liefert, weiß gegerbt, das sog. Wildleder. Die Gefangenschaft erträgt der E. leicht und er wird deshalb sowohl in großen, viele Quadratmeilen umfassenden Wildparks, wie auch in kleinen Gehegen gern gehalten und pflanzt sich dort regelmäßig fort. Diese Hirsche bleiben aber stets kleiner als die freilebenden, tragen aber gewöhnlich ein stärkeres Geweih, eine Folge der an phosphorsaurem Kalk reichen Haferfütterung. (S. auch Fährte und Geweih.)