Schnellsuche:

Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Edelsteinfälschung; Edelsteinhandel; Edelsteinimitationen

706

Edelsteinfälschung - Edelsteinimitationen

steine der zweiten Gruppe wurden von Daubrée und Ebelmen durch das Schmelzen ihrer Bestandteile erzeugt. Doch die entstandenen Produkte sind nur mikroskopisch klein und für den Handel mit diesen ohnehin billigen Steinen von keiner Bedeutung. Die Darstellung der zur Gruppe 3 gehörigen Steine Türkis und Opal hat keine besondern Schwierigkeiten, da hier die Krystallisation wegfällt. Diamant, wenn auch bisher nur in sehr kleinen und meist schwarzen Krystallen, erhielt Moissan aus mit Kohlenstoff gesättigtem flüssigen Eisen oder Silber, wenn diese Metalle beim Erstarren einem sehr hohen Druck ausgesetzt wurden. Näheres über die künstlichen Darstellungsmethoden s. Diamant, Korund, Spinell, Türkis, Opal. - Vgl. Fuchs, Die künstlich dargestellten Mineralien (Haarlem 1872); Fouqué und Michel Lévy, Synthèse des minéraux et des roches (Par. 1882); Bourgeois, Reproduction artificielle des minéraux (in der "Encyclopédie chimique", II, 1<sup>er</sup> appendice, ebd. 1884).

Edelsteinfälschung, s. Edelsteinimitationen.

Edelsteinhandel, umfaßt nicht bloß die Geschäftsthätigkeit der Juweliere, sondern auch den Kauf und Verkauf des Rohmaterials, der mehr als irgend ein anderer Industriezweig dem Auge des großen Publikums verborgen bleibt. Die wichtigsten Unterschiede zwischen Groß- und Detailhandel betreffen aber nicht die Menge der in Umsatz gebrachten Ware, sondern vielmehr die Beschaffenheit der Steine. Partienweise wird die aus den Produktionsländern in die Hände der europ. Großhändler gelangte rohe Ware versteigert (in London, auf der Edelsteinmesse in Nishnij-Nowgorod u. a. O.), dann verschliffen, und diese geschliffenen Steine erhalten schließlich die Juweliere von den Kommissionären, den protokollierten Edelsteinhändlern. Der Handel mit Schmucksteinen setzt nicht bloß flüssiges Kapital bei dem Gewerbetreibenden voraus, sondern auch die Kenntnis aller guten und schlechten Eigenschaften geschliffener Juwelen und deren Formen, ferner das Wissen und Benutzen aller Wertschwankungen infolge von Produktionsüberschuß oder wechselnder Nachfrage. Kein anderer Industriezweig hat so viel Risiko zu tragen wie der Juwelenhandel, indem bei letzterm Natur und Publikum ohne Rücksicht auf den Händler den Preis bestimmen. Der Marktpreis des geschnittenen Steins hängt ab von der Größe, Form und Reinheit des Stücks. Ein Gleichbleiben der Preise der einzelnen Edelsteinarten ist jedoch nie zu erwarten, da durch mehrere Faktoren ein fortwährendes Schwanken hervorgebracht wird. Im allgemeinen sind hierbei von Einfluß sociale und polit. Verhältnisse; auch Handelskrisen haben schon mehrfach den Juwelenmarkt erschüttert. Gegenwärtig ist durch den Telegraphen wenigstens die Möglichkeit geboten, enge Verbindung zwischen Produktions- und Verkaufsorten herzustellen und dadurch plötzliche Störungen hintanzuhalten.

Über die Grundregeln, nach denen der Preis der Edelsteine sich richtet, s. Edelsteine. In letzter Zeit sind minderwertige Schmucksteine ziemlich fest im Preise geblieben, alle Edelsteine ersten Ranges, außer dem Rubin, haben dagegen einen Rückgang erfahren. Man verkauft die Edelsteine nach dem Gewicht und gebraucht als Gewichtseinheit das Karat (s. d.). Bei den seltenern Steinen steigt der Preis nicht im einfachen Verhältnisse der Schwere; es ist dabei von großem Einfluß, ob von dem fraglichen Steine große Stücke selten sind. So ist z. B. der ^[Spaltenwechsel] Rubin in kleinen Steinen meist billiger als der Diamant, aber bedeutend teurer als dieser, in reinen Stücken über 2 Karat. Der jährliche Gesamtumsatz von rohen Edelsteinen beträgt etwa 60 Mill. M., wovon zwei Drittel auf Diamant entfallen; der Umsatz geschliffener Diamanten beträgt über 80 Mill. M. und der für den gesamten Kleinhandel mit Edelsteinen aller Art etwa 120 Mill. M. -Hauptplätze für den E. sind London, Paris, Amsterdam, Moskau, Kalkutta, Kapstadt, Sidney, Rio de Janeiro, Neuyork. In Deutschland sind Berlin, Hanau und Pforzheim nennenswert. Näheres über die Preise und Preisschwankungen der einzelnen Edelsteine s. die Einzelartikel.

Edelsteinimitationen, geschliffene Steine, gleichgültig ob Mineralien oder Kunstprodukte, die statt der ihnen ähnlichen echten, teuern Edelsteine zur Zierde billiger Schmuckwaren verwendet werden. In den meisten Fällen sind sowohl Käufer wie Verkäufer davon überzeugt, daß die Ware nur unrechtmäßigerweise mit dem Namen des echten Minerals belegt wird, und man kann daher im offenen Handel solche Imitationen nicht als Fälschungen bezeichnen. Nur in sehr seltenen Fällen kommt im Juwelenhandel eine Imitation mit dem Charakter der Fälschung vor, denn die Juweliere haben selbst immer das größte Interesse daran, solche sie täuschende Unterschiebungen aufzuklären und Fälschungen im Handel nicht zuzulassen. Die Mehrzahl der Imitationen findet eine andere, gesetzlich erlaubte Verwendung. Die große Vorliebe für Juwelen, die selbst in den minder bemittelten Bevölkerungsschichten herrscht, gestaltet nämlich den Absatz der Imitationen in billigen Luxusgegenständen zu einem sehr beträchtlichen und in gewissem Sinne auch zu einem nationalökonomisch wichtigen, indem derselbe Zweck, der Besitz eines der Mode gemäßen Geschmeides, mit geringen Geldopfern erlangt werden kann.

Die Nachahmung der echten, fehlerlosen Juwelen kann auf vierfache Art erfolgen:

1) Durch die Art und Weise der Fassung, des Aufbringens, kann echten Steinen eine ihnen sonst nicht eigene Farbe, Glanz oder scheinbare Fehlerfreiheit verliehen werden. Foliierte Edelsteine sind in ältern Zeiten noch häufiger gewesen als jetzt. Schon Benvenuto Cellini rühmte sich, ausgezeichnete Folien, die das Farbenspiel des Schmucksteins erhöhten, darstellen zu können. Rubine foliierte er mittels einer Unterlage von hochroter, feingeschnittener Seide. Für einen Diamanten, den Kaiser Karl V. 29. März 1536 dem Papst Paul III. schenkte, stellte Benvenuto eine so lichtreflektierende Folie her, daß der Stein, der früher 12000 Scudi kostete, aussah wie ein Stein von 18000 Scudi Wert. Die Art der Fassung vermag einzelne Fehler zu verdecken und ermöglicht, einen Stein zweiten Wassers statt eines solchen ersten Wassers zu verwenden, letztern also gleichsam zu imitieren.

Eine solche Art des Aufbringens findet aber bei der heutzutage üblichen Art, Edelsteine zu fassen, nur selten Verwendung; üblich ist sie am häufigsten bei den in Kasten gefaßten Rosetten oder Granaten, denen die Culasse fehlt. Die gewöhnlichste Art der Fassung ist die mit Folie; man versteht darunter dünnes Silber- oder Kupferblech, das entweder blank und glänzend oder gefärbt, d. i. mit Karmin, Lackmus, Safran u. s. w. haltender Hausenblasenlösung überstrichen ist. Diese Blättchen werden im Kasten dem Steine untergelegt. Will man dessen