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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Einhorn; Einhornshöhle; Einhufer; Einhüllende Mittel; Einigungsämter; Einjährig

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Einhorn - Einjährig.

Einhorn, Sternbild zwischen 5<sup>h</sup> 55<sup>m</sup> und 8<sup>h</sup> 40<sup>m</sup> Rektaszension und +11° bis -12° Deklination, besteht aus 4 Sternen vierter Größe und 108 mit unbewaffnetem Auge sichtbaren schwächern Sternen, enthält zahlreiche Doppelsterne und einige Sternhaufen, von denen einer über 100 Sterne erkennen läßt.

Einhorn, eine Art langer, glatter Haubitze verschiedener Kaliber (¼pudig = 15 cm), welche die russische Artillerie seit dem Siebenjährigen Krieg bis zur Einführung gezogener Geschütze führte. Das E. ist 10-12 Kaliber lang, mit abgerundeter, kegelförmiger Kammer und hat seinen Namen von den einhornförmigen Henkeln.

Einhornshöhle, Tropfsteinhöhle am Südrand des Harzes, beim preuß. Dorf Scharzfeld, südöstlich von Herzberg, soll sich gegen 300 m in den Berg hineinwinden, ist aber nur zum kleinern Teil vom Schutt befreit. Eine in die Wand eingelassene Tafel zu Ehren Schillers stammt aus der Zeit des Schillerfestes. Besonderes Interesse hat die Höhle durch die darin aufgefundenen antediluvianischen Knochen von Menschen und Bären erregt, die Sage berichtet auch von einem Horn des fabelhaften Einhorns.

Einhufer (Solidungula), früher selbständige Ordnung der Säugetiere, mit der einzigen Gattung Pferd, jetzt Familie der unpaarzehigen Huftiere (s. d. und Pferde).

Einhüllende Mittel (Emollientia, Involventia) sind besänftigende, lindernde Mittel, welche dazu dienen, äußerlich bei Schmerzen und Hautreiz, z. B. bei Verbrennungen, Verwundungen, den schmerzhaften Reiz durch Abhaltung der atmosphärischen Luft zu mildern, wozu hauptsächlich die fetten Öle und fetten Substanzen überhaupt angewendet werden, oder um die Wirkung scharf ätzender Stoffe zu vermindern, wie dies z. B. der Essig bei Ätzungen mit kaustischem Kali, das Kochsalz bei Kauterisation mit Höllenstein etc. thut. Als innerlich wirkende Mittel gehören hierher alle einhüllenden, zucker-, gummi-, schleimhaltigen Substanzen, auch Öle, Milch, Butter etc.

Einigungsämter (Schieds- und Einigungskammern, Arbeitskammern, Boards of conciliation and arbitration, of labour) sind freiwillige Schiedsgerichte zur Schlichtung von Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und -Nehmern über Änderungen des bisherigen Arbeitsvertrags, bez. über die Bedingungen eines neu abzuschließenden Arbeitsvertrags (Lohnhöhe, Art der Lohnzahlung, Dauer der Arbeitszeit, Fabrikordnung, Kündigungsfristen etc.). Sie sind berufen, die Gewerbegerichte, deren Aufgabe in der arbiträren Entscheidung von Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und -Nehmern über ein bereits bestehendes Arbeitsverhältnis und die daraus erwachsenen Forderungen und Verbindlichkeiten besteht (s. Gewerbegerichte), zu ergänzen, und sind eine der wesentlichen, unentbehrlichen Institutionen der sozialen Reform, um ernstere Zerwürfnisse, namentlich gemeinsame Arbeitseinstellungen und Aussperrungen, zu verhindern. E. sind zusammengesetzt aus Vertrauenspersonen der Arbeitgeber und -Nehmer, bei richtiger Organisation aus einer gleichen Zahl von Arbeitgebern und -Nehmern unter dem Vorsitz eines außerhalb des Gewerbes stehenden, von beiden Parteien gewählten Unparteiischen, der, wenn jene sich nicht einigen können, die Entscheidung gibt. Die Grundlage der E. kann immer nur die freiwillige Unterwerfung der Streitenden unter den Spruch eines Einigungsamts sein; aber die erfolgreiche Wirksamkeit der E. wird wesentlich dadurch bedingt, daß die Gesetzgebung den Spruch der E. gegen diejenigen, welche ihre Unterwerfung unter denselben freiwillig erklärt haben, für exekutorisch erklärt. Noch besser, wenn ferner für Gewerk- und andre Koalitionsvereine zur Bedingung ihrer gesetzlichen Anerkennung, insbesondere des Rechts der juristischen Person, gemacht wird, daß sie sich und ihre Mitglieder zur Unterwerfung unter den Spruch eines Einigungsamts verpflichten und für die Vertragstreue ihrer Mitglieder haften. Im übrigen kann die Organisation und Geschäftsführung eine verschiedene sein. Namentlich können sie bei dem Mangel von Gewerbegerichten auch deren Funktion mit übernehmen. Nach Brentano hat sich in England, wo E. aus dem praktischen Bedürfnis heraus zuerst entstanden sind, ihren großen Nutzen gezeigt haben und sehr verbreitet sind, nach 20jähriger Erfahrung folgende Organisation (nach dem System Kettle) als die beste herausgestellt: Die Arbeitgeber, die zum Einigungsamt gehören, sind entweder Delegierte, welche von sämtlichen Arbeitgebern eines bestimmten Gewerbes und Distrikts gewählt werden, oder umfassen (in den Gewerben, in denen es nur wenige Arbeitgeber in einem Distrikt gibt) sämtliche Arbeitgeber des Gewerbes und Distrikts. Die zum Einigungsamt gehörenden Arbeiter sind Delegierte, welche entweder sämtlich von allen Arbeitern des Gewerbes und Distrikts oder je einer von den Arbeitern je einer der zum Gewerbe und Distrikt gehörigen Unternehmungen gewählt werden. Der Unparteiische wird von den Vertretern der beiden Parteien im Einigungsamt nach deren erstem Zusammentreten für die Dauer ihres Mandats gewählt. Bevor die Streitigkeiten vor das Plenum des Einigungsamts kommen, werden sie einem Sühneausschuß vorgetragen, bestehend aus einer gleichen Anzahl Arbeitgeber und Arbeiter. Derselbe kann indes, wenn die Parteien nicht zustimmen, keine Streitfrage endgültig entscheiden. Nach dem System Kettle übernehmen Arbeitgeber und Arbeiter, welche einem Einigungsamt beitreten, in ihrem Arbeitsvertrag die Verpflichtung, sich bei etwanigen Streitigkeiten dem Spruch des Einigungsamts zu unterwerfen. E. bestehen bisher wesentlich nur in England. Das Hauptverdienst um die Entwickelung derselben haben Mundella und Kettle. Diese Männer sind auch die Urheber des Gesetzes, betreffend die E. (Arbitration Act vom 6. Aug. 1872, 35 und 36 Vict., cap. 46), welches dem Kettleschen System sich angeschlossen und den Entscheidungen der E., welche sich unter das Gesetz stellen, rechtliche Gültigkeit beigelegt hat (das Gesetz siehe bei Brentano, "Das Arbeitsverhältnis etc.", S. 348). In andern Staaten, namentlich auch in Deutschland, ist man über eine theoretische Empfehlung von Einigungsämtern noch nicht hinausgekommen. Eine solche ist hier insbesondere seitens des Vereins für Sozialpolitik 1873 erfolgt. Vgl. Brentano, Das Arbeitsverhältnis gemäß dem heutigen Recht (Leipz. 1877); Derselbe, Die gewerbliche Arbeiterfrage, in Schönbergs "Handbuch der politischen Ökonomie", Bd. 1, S. 965 ff. (Tübing. 1882); "Schriften des Vereins für Sozialpolitik", Bd. 2 u. 4 (Leipz. 1873 u. 1874). S. auch die Litteratur zum Artikel "Gewerbegerichte".

Einjährig, in der Botanik diejenigen Gewächse (plantae annuae), welche in demselben Jahr, in welchem sie aus Samen aufgegangen sind, ihre ganze Entwickelung durchlaufen. Man bezeichnet diese Pflanzen mit ☉. Manche einjährige Pflanzen können auch schon im Herbst keimen und überdauern den Winter in wenig entwickeltem Zustand, um im folgenden Frühling und Sommer ihre Entwickelung zu been-^[folgende Seite]